Der Rebell - Schattengrenzen #2
die Zeit, alle offenen Punkte zusammenzuführen.« Er deutete auf den Monitor. »Vergiss nicht, was Christian sagte. Aboutreika kommt, um euch abzuholen. Das kann in einigen Stunden oder jetzt sofort sein.«
»Was denken Sie darüber? Wo liegen die Kreuzungspunkte?«
Den verzweifelten Unterton konnte er kaum aus der Stimme verbannen.
»Das alles hängt zusammen. Aboutreika , seine Bemühungen um deine Familie, die Morde, die Erscheinungen. Das sagen mir die Indizien und mein Bauchgefühl. Leider bin ich nicht gerade ein talentierter Mystiker. Ich weiß also nicht, worauf das alles hinausläuft.«
Die Worte machten nicht gerade Mut.
»Steckt eine Art System dahinter?«
George hob die Schultern. »Aus Aboutreikas Umfeld sind etliche Menschen gestorben. Die meisten durch Unfälle, Herzinfarkte und Ähnliches. Aber eine Sache ist mir schon vor einer Weile aufgefallen.« Er drehte den Laptop zu sich. Oliver erhob sich und trat hinter seinen Stuhl. Rasch klickte George die Bildergalerie durch bis zu einer recht unscharfen Aufnahme. Es zeigte einen Flur. Heller Teppich bedeckte den Boden und die Stufen, die hinaufführten. Große, ähnlich ausufernde Blutflecke verteilten sich vor der Treppe. An den Wänden und dem Geländer gab es ganz ähnliche dünne Blutspritzer und Sprenkel, wie zu Hause.
Ein feiner Striemen zog sich über eine Sammlung kleiner, glasgerahmter Gemälde, die sich mit den Stufen hinaufzogen.
Ein Schauder rann über seinen Rücken. Wenn das charakteristische Spuren für Morde mit Dolchen waren, erinnerte das Bild stark an die Mordnacht.
George tippte auf die Pfeiltaste nach rechts.
Ein Schlafzimmer war abgebildet, ähnlich undeutlich zu erkennen. Vor dem Bett und in den Laken hatten sich riesige Lachen noch nassen Blutes gebildet.
Leichter Druck pulsierte in seinen Schläfen. Das sah ähnlich aus, fast wie das Bild aus Marc und Ellis Zimmer.
»Das Haus gehörte einem Kollegen deines Vaters, der vor etlichen Jahren während eines Projektes in seinem Haus in Ägypten zusammen mit seiner ganzen Familie getötet wurde.«
Ein Duplikat der Mordnacht oder Zufall?
Schmerzhaft zogen die Stichnarben.
»Hat der Familienvater auch alle getötet?«
George wechselte zur Excel-Tabelle. Eine Liste von Daten, Namen und Orten, die sich entsetzlich in die Länge zog.
Über Steuerung F suchte er nach dem Namen Friedrichsen. Der Cursor sprang recht weit nach unten.
Er ging die Zeile durch.
Gunnar Friedrichsen, 23.05.2004, Sues, Frau, drei Kinder, Hausmädchen, Kindermädchen, erstochen.
Das konnte aber nichts mit den Vorzeichen hier zu tun haben, der Beeinflussung durch Walters Haus. Trotzdem ähnelten sich die Bilder erschreckend, bis hin zu den Blutmustern auf Boden und Wänden, fast als wären sie von der gleichen Person ausgeführt worden.
Oliver presste die Kiefer aufeinander. Das war zu der Zeit des großen Sues-Auftrages, kurz bevor oder nachdem seine Mutter mit Elli schwanger geworden war.
Existierten Parallelen? Bislang gab es nur den Fall Hoffmann und den Fall der sieben Toten im Keller. Dass andere Komponenten mit hineinspielen konnten, stand bisher außer Frage. Darum hatte er sich keine Gedanken gemacht.
Die Kopfschmerzen nahmen zu. Langsam massierte er seine Schläfen.
»Gab es noch mehr Morde in dieser Art?«
»Ja.«
Erneut wechselte George zu den Fotos. Weitere Aufnahmen von Tatorten – sie glichen sich. Olivers Magen zog sich zu einem Stein zusammen.
»Wie konnte diese Ähnlichkeit in den Mordfällen nicht auffallen?«
George wandte sich ihm zu. »Einige der Personen stehen in keinerlei Zusammenhang mit deinem Vater oder deiner Mutter.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf das aktuell offene Foto. »Das ist eine Aufnahme der schwedischen Polizei aus Mölndal in der Umgebung von Göteborg. Eine andere stammte aus Bath in der Nähe von Bristol.«
Es gab Kreuzungspunkte. Hierbei handelte es sich um Städte nah am Wasser, Orte, in denen Aboutreikas Ingenieure Aufträge hatten, wo er baute.
Aber wahrscheinlich wusste George das schon.
»Alles Ammans Opfer.«
Der Kommissar nickte. »Alles Menschen, die einen Hang zu Kunst und Antiquitäten besaßen, Antiquariate führten, bekannte Sammler.«
An dieser Stelle fügte sich Walter ein. Sammler, Antiquar, Werkzeug und Opfer, wie jeder, der Aboutreika begegnete. Oliver stützte sich auf die Rückenlehne.
»Nun ist nur die Frage, ist mein Vater Opfer oder Täter?«
Der Gedanke weitete sich aus. Wer war Tom Hoffmann? Ein Ingenieur,
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