Der Rebell - Schattengrenzen #2
kalt.
Was sollte er antworten? Weil er ein Idiot war? Weil er keinen Zoff mit Chris provozieren wollte? Die Verantwortungen waren klar verteilt. Chris konnte letzten Endes nichts dafür. Ausflüchte kamen nicht infrage, auch wenn George so aussah, als wollte er ihn in der Luft zerreißen.
»Ich habe Scheiße gebaut, ich weiß.« Der Blick in die Augen des Kommissars fiel schwer. Ein Kloß saß in seinem Hals. »Vor ein paar Tagen habe ich es bei ihm entdeckt. Er hat mit Aboutreikas Sohn Jamal gechattet …«
»Warum, Oliver?«
Jetzt war jede Antwort die falsche. Er schluckte. Nervös wischte er seine feuchten Handflächen an der Hose ab. »Jamal ist zehn. Ich bin nicht davon ausgega …«
»Das ist fahrlässiger Leichtsinn. Deswegen hat uns der Kerl hier gefunden.« Sein kalter Ton schnitt durch die Luft. Er verschränkte die Arme vor der Brust. Mit seiner Einschätzung lag er falsch, aber Oliver konnte Matthias nicht verraten. Erschrocken schob sich Micha unter Olivers Arm hindurch.
»Ich bin derzeit der Einsatzleiter, Oliver. Alles, was eure Sicherheit gefährdet, muss abgeschaltet werden oder aus dem Haus verschwinden.«
Olivers Knie wurden weich. Ja, er hatte Scheiße gebaut, massive. Jeder Grund, den George anführte, lag auf der Hand. Er konnte nicht behaupten, so naiv zu sein.
Mist!
Oliver biss die Zähne aufeinander.
» Aboutreika ist bekanntermaßen unser Ziel. Er stellt für euch eine Gefahr dar. Das ist dir bewusst. Trotzdem machst du so etwas Dummes?«
Oliver nickte. Er war doch alle Eventualitäten abgegangen, jede, zusätzlich wusste er, wer die undichte Stelle war.
Es fiel ihm schwer, Matthias nicht anzusehen. Letztlich wollte er ihn nicht verraten. Er musste verantworten, was er tat. Nein, nicht nur er, sie beide.
Immerhin verschwiegen sie viele Details.
»Ich habe in den letzten Tagen genau aufgepasst, was du gesagt hast und kann deinen Gedankengängen bestens folgen. Du bist ein intelligenter junger Mann. Du handelst zwar oft instinktiv, aber selten falsch. Du entscheidest wie ein Erwachsener und hältst auch für alle Fehler den Kopf hin. Was hat dich also bewogen so naiv oder so überheblich zu sein, diese Gefahr auszuschließen?«
»Mag sein, dass es überheblich war, das kann ich nicht beurteilen. Ich habe es gemacht, weil ich keinen Bock auf Zoff mit Chris hatte.« Er straffte sich. »Der Kleine glaubt ohnehin schon, dass ich nichts für ihn tue. Er verliert sein Vertrauen in mich. Wenn ich ihm das Scheiß-Handy abgenommen hätte, würden wir nicht immer noch hier zusammensitzen, sondern hätten verdammt viel Zeit darauf aufwenden müssen, ihn zu suchen. An dem Abend hatte er sein Zeug sogar schon gepackt.«
In Georges Mimik zuckte kein Muskel.
Oliver knirschte mit den Zähnen. »Chris haut ab, wenn er merkt, dass er nicht mehr klarkommt. Ein letzter Vertrauensbruch, er wäre wieder ausgebüxt. Wahrscheinlich packt er schon wieder. Das ist sicher auch nicht das, was Sie wollen, oder?«
George tippte mit der Schuhspitze auf den Boden.
»Ich will dir mal zeigen, wer Amman Aboutreika ist.«
Mit einer Hand winkte er, bevor er mit langen Schritten die Küche verließ.
Oliver seufzte. Was würde jetzt kommen? Micha drängte sich an ihn. »War das denn so schlimm?«
»Schon. Aber das ist nicht euer Problem, Micha, okay?«
»Ich will aber nicht, dass er dich anschreit.«
Matthias gab Oliver einen leichten Schubs. »Geh, bevor Lukas wirklich losbrüllt.«
George saß in seiner Schaltzentrale am Rechner. Zwischen seinen Brauen ragte eine steile Falte empor. Er tippte das Log-in.
»Nachdem, was Christian sagte, wird es langsam ernst.« Er drehte den Rechner, sodass die Verspiegelung aufgehoben wurde.
Oliver strich seinem Bruder über die Schulter. »Geht es?«
Still kuschelte sich Michael an ihn.
Das war wohl eher ein Nein.
»Euer lieber Onkel Amman ist geschickt.«
Olivers Blick glitt zu George. Noch immer stand diesem die Wut ins Gesicht gemeißelt. Der Kommissar deutete auf seinen Rechner. Er öffnete eine Excel-Liste, verkleinerte das Fenster und klickte im Explorer eine markierte Liste von Bilddateien an.
Das erste Foto zeigte den gefliesten Flur, den Oliver zu gut kannte. Das war zu Hause, sein ehemaliges Heim.
Glassplitter der Tür lagen auf den Kacheln. Eine feine Blutspur führte über die Wand und den Boden. Der Abdruck eines Fußes verteilte das Rot.
Die Bilder der Spurensicherung also …
Michael vergrub sein Gesicht. Er krallte sich in Olivers
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