Der Rebell - Schattengrenzen #2
wischte die Tränen weg. Chris weinte nur noch mehr.
Was zum Teufel rief plötzlich diese Schmerzen wach?
Hilflos sah Oliver sich um. Was sollte er tun? Er musste doch handeln. Schmerzmittel, Kühlen, weich lagern …
»Ruft den Notarzt! Bitte!«
Daniels Hand ruhte reglos in Olivers Nacken.
Misstrauisch beobachtete Matthias den Kleinen.
Camilla suchte nach Olivers Blick. Sie wirkte schockiert, angespannt, vielleicht auch alarmiert, zugleich aber auch misstrauisch. In etwa das traf auch auf seine Gefühle zu.
Michael sprang von allein von seinem Knie, als er Chris so behutsam wie möglich hochnahm, wobei er darauf achtete, nur seine Beine und seine Hüften zu berühren.
George kam in die Küche. »Was ist passiert?«
»Rufen Sie einen Arzt, bitte!«
Oliver stürzte mit Chris auf den Armen an ihm vorbei und eilte die Treppen hoch.
Michael folgte ihnen.
»Schlag das Bett auf.«
Rasch überholte Michael ihn auf der Treppe.
Das weinende Bündel in seinen Armen wurde langsam schwer, auch wenn an Chris kaum etwas dran war.
Bei Boxverletzungen half kühlen. Bis ein Arzt da war, musste er alle Hämatome zumindest mit nassen, kalten Handtüchern behandeln.
»Das bekommen wir wieder hin, Chris. Wir sind da und kümmern uns um dich, versprochen.«
Seine Worte kamen nicht an, aber mit etwas anderem hatte er nicht gerechnet. Hektisch rannte er über den Flur und durch die offene Schlafzimmertür.
Michael hatte nicht nur das eine Deckbett zur Seite geschlagen, sondern das andere als Polster ausgebreitet. Gerade legte er eine Fleecedecke darüber.
»Was soll ich machen, Olli?« Seine weit offenen Augen waren wieder dunkel vor Angst, genau wie in jener Nacht, als Elli, Marc und Mutter starben.
»Mach Handtücher mit kaltem Wasser nass und bring sie mir bitte.«
Michael nickte und rannte auf den Flur zurück. Seine Schritte verloren sich. Eine Tür schlug gegen Fliesen, Wasser lief. Behutsam legte er Christian in das vorbereitete Bett. Apathisch hielt der Kleine still. Er keuchte. Sein Gesicht war blass, die Augen rot entzündet von den Tränen. Langsam zog Oliver den Pulli hoch. Die Verletzungen sahen noch wesentlich schlimmer aus als vermutet.
Unter der Haut hatten sich Blutpolster gebildet. Über den Knochen wölbten sich fiebrig heiße Geschwülste.
Wie sollte er nun nur die Klamotten runterbekommen? Unmöglich. Chris konnte kaum die Arme heben. Er würde ihm nur noch mehr schaden, wenn er ihn dazu zwang, den Pulli über den Kopf zu streifen.
Ein scharfer Schmerz stach durch seine Nebenhöhlen. Oliver spürte, wie sich seine Schleimhäute zusammenzogen. Mühsam kämpfte er gegen den elenden Heulkrampf an. Das half weder Chris noch irgendwem sonst.
Er brauchte eine Schere. Chris würde zwar vor Wut kotzen, weil er den Pulli liebte, aber anders bekam er diesen verfluchten Fetzen nicht von seinem Körper.
Michael kam zurück, zwei tropfende Badehandtücher an sich gepresst.
»Leg eins davon über Chris’ Brust. Ich suche eine Schere, mit der ich ihm den Pulli runter schneiden kann.«
»Mach doch einfach seinen Pulli nass.«
Bereits unter der Tür wandte Oliver sich zu Micha um. Die Idee war so simpel und so logisch.
»Dann wickeln wir ihn ein. Die Feuchtigkeit wird schon den Stoff durchweichen.«
Er hob den stöhnenden Chris ein weiteres Mal an. Michael breitete ein Handtuch aus und glättete es gründlich. Oliver legte ihn wieder ab und schlug ihn darin ein.
Anschließend setzte er sich auf die Bettkante.
Michael kuschelte sich auf seinen Schoß. »Meinst du, dass er wieder gesund wird?«
Oliver nickte. »Ganz sicher.«
So sicher war er nicht. Das Äußerliche würde vergehen, auch wenn es im Moment schrecklich aussah, aber etwas war mit Chris passiert. Besessen? War es das? Der Gedanke fühlte sich falsch an. Chris als Wirt für … für was eigentlich?
Die Reaktion auf das Nachlassen eines Schmerzblockers konnte es nicht sein. Bei starken Schmerzmitteln fühlte man sich anschließend einfach nur abgeschossen, war aber nicht gut drauf, aktiv und in der Lage, ein ganzes Haus zu erkunden. Schaudernd beobachtete er Chris, der stöhnend in der provisorischen Kühlung lag. Es würde nicht lang dauern, bis die Handtücher zu warm wurden.
Ob Schmerztabletten und Sportsalben halfen?
Beim Boxen nutzte er beides in Kombination mit ABC-Pflastern, um die Durchblutung zu zwingen, die aufgeschwemmten Blutergüsse rasch aufzulösen.
Aber er hatte auch noch nie so ausgesehen.
Camilla klopfte an den
Weitere Kostenlose Bücher