Der Rebell - Schattengrenzen #2
Teetasse an die Lippen, hielt aber inne. »Die Wahrheit ist doch, dass uns gar keine reale Gefahr droht. Chris ist von einem Ding angegriffen worden, das sich aufgelöst hat.«
Er bemerkte, wie die Zwillinge synchron zusammenzuckten. Nervös tastete Christian nach seiner Kehle. Alle Freude wich aus seinem blassen Gesicht. Aus großen, fast anklagenden Augen musterte er Oliver.
»Da liegt das Problem.« Matthias schluckte den letzten Bissen mit einem großen Schluck Wasser hinunter. »Wir stecken schon wieder in einem Fall, in dem sich nichts erklären lässt.« Er deutete auf den Flur. »Auch Lukas gegenüber lässt sich das alles nicht erklären und der ist unser Einsatzleiter. Ihm müssen Daniel und ich aktuell Rede und Antwort stehen …«
»Komm, Lukas ist nicht so zimperlich. Er weiß genau, worum es hier geht. Deswegen hat Irene ihn uns vorgesetzt.«
Matthias knurrte.
Was sollte das heißen? Bedeutete es vielleicht, dass Irene Meinhard in die Geistergeschichte eingeweiht war?
Oliver fuhr zusammen. Mit welcher Art Beamter hatte er es hier zu tun, Spooky Mulder und Co?
Er wandte sich Daniel zu, der ihn nicht beachtete.
Kannten sich denn alle hier mit dem Thema des Übersinnlichen aus?
»Wenn wir dieses Mal keinen realen Menschen als Urheber allen Ärgers identifizieren und ein logisches Motiv präsentieren, sehe ich Bernd und mich bereits im Polizeiarchiv – auf Lebenszeit.«
Matthias’ Worte stützten die Theorie. Oliver schluckte. Ungeachtet des Mitleids für Matthias und Weißhaupt musste er erst mal verdauen, was er gehört hatte.
Eilig verließ Daniel die Küche.
»Sag mal, Matthias, seid ihr in so einer X-Akten-Abteilung?«
Der Blick Habichts schwankte zwischen strafend und belustigt. »Du schaust die falschen Serien.«
Oliver biss sich auf die Unterlippe. Der Spruch konnte nur Spott ernten. Trotzdem …
»Nur weil wir alle schon mit irgendwelchen geheimnisvollen Sachen zu tun hatten, heißt das nicht, dass wir eine ganze Abteilung voller Freaks sind. Werd erwachsen, Oliver. Wir befinden uns nicht in einer amerikanischen Mystery -Serie.«
Nein, wir hängen in unserem jeweilig persönlichen Horrorszenario fest. Das ist nicht viel besser, eher schlechter.
Er verkniff sich diesen Kommentar.
Camilla verschränkte die Arme vor der Brust. »Aber er hat recht, Matthias. Ihr alle habt damit zu tun gehabt, ganz besonders du, Daniel, Bernd und Frau Meinhard. Alles Unheimliche landet schließlich bei euch.«
»Ja, unter anderem wegen dir, Camilla.«
Von Matthias’ Worten unbeeindruckt zuckte sie mit den Schultern. Die Spannung in der Luft nahm zu. Irgendwie musste er einlenken, bevor sich die beiden in die Haare gerieten.
»Bislang gibt es sicher noch Möglichkeiten, alles für Herrn Roth und Frau Meinhard so darzustellen, als ob ein wirkliches Verbrechen mit realen Schuldigen existierte.«
Der Spruch war nicht gut.
»Redest du von Opa?« Micha zog die Brauen zusammen.
Chris nickte. »Er ist zwar voll doof, aber nicht an allem schuld.«
Starke Fürsprecher … Oliver hob die Arme. »Aktuell haben wir ein großes Problem. Erscheinungen sind aufgetaucht. Du, Micha, siehst sie, kannst aber nichts gegen sie unternehmen und du, Chris, wirst von ihnen attackiert. Weil das alles für einen nicht eingeweihten Beobachter wie ein normaler Kriminalfall aussieht, in dem Walter bis zu den Ellbogen mit drin steckt, können Matthias und Daniel die Geschichte gar nicht anders verkaufen. Das ist ja der Grund, weswegen wir hier sind …«
Matthias schüttelte den Kopf. »Es besteht tatsächlich ein starker Verdacht gegen euren Großvater. Deswegen seid ihr hier.«
Nach Walters eigenartigem Verhalten drängte sich der Gedanke unweigerlich auf.
»Daniel meinte, wir könnten in ein Heim kommen, wenn das hier vorbei ist.«
Camilla schob ihren Teller zurück und wandte sich ihm interessiert zu.
»Habt ihr denn keine weiteren Verwandten, Onkel, Tanten, Großeltern oder Paten?«
Oliver schüttelte den Kopf. Nur Amman, und der schien plötzlich keinerlei Bedürfnis mehr zu verspüren, seine Patenrechte und Pflichten in Anspruch zu nehmen.
Michael hob fragend den Kopf. »Was sind Paten?«
Oliver zog ihn in der Taille auf seinen Oberschenkel. Chris stand auf und setzte sich auf sein anderes Bein. Zusammen wogen die Zwillinge ziemlich viel, auch wenn an ihnen nichts dran war. »Wisst ihr, Jungs, das ist jemand, der sich im Fall des Verlustes unserer Eltern um uns kümmert.«
»So wie Opa?«, fragte Chris
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