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Der Regenmacher

Der Regenmacher

Titel: Der Regenmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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zwei Jahre nachdem Thomas gestorben war, habe ich Tony geheiratet. Er kam aus Atlanta und war sozusagen auf der Durchreise in Memphis, als wir uns kennenlernten. Wir haben fünf Jahre lang mehr oder weniger zusammengelebt und uns ständig gestritten, dann hat er sich davongemacht und ist nach Hause zurückgekehrt. Er war ein Faulenzer, der es nur auf mein Geld abgesehen hatte.«
    »Das verstehe ich jetzt aber nicht. Sie hatten doch gesagt, das Geld käme von Tony.«
    »Das stimmt auch. Nur hat er nichts davon gewußt. Das ist eine lange Geschichte. Es gab da ein paar Erbschaften und solches Zeug, von denen Tony nichts wußte und ich auch nicht. Er hatte einen reichen Bruder, der verrückt war, eigentlich war die ganze Familie verrückt, und kurz bevor Tony starb, erbte er von seinem verrückten Bruder ein Vermögen. Ich meine, zwei Tage, bevor Tony den Löffel abgab, ist sein Bruder in Florida gestorben. Tony hat kein Testament hinterlassen, nur eine Ehefrau. Mich. Und deshalb hat man sich von Atlanta aus mit mir in Verbindung gesetzt, eine große Anwaltskanzlei war das, und mir mitgeteilt, daß ich nach den Gesetzen des Staates Georgia jetzt eine Menge Geld besäße.«
    »Wieviel Geld?«
    »Wesentlich mehr, als Thomas mir hinterlassen hat. Jedenfalls habe ich nie jemandem etwas davon erzählt. Bis jetzt. Sie werden es doch nicht verraten, oder, Rudy?«
    »Miss Birdie, als Ihr Anwalt unterliege ich der Schweigepflicht. Kein Anwalt darf über das reden, was ein Mandant ihm anvertraut hat.«
    »Wie nett.«
    »Weshalb haben Sie Ihrem vorigen Anwalt nichts von dem Geld erzählt?« frage ich.
    »Ach, der. Dem habe ich nicht vertraut. Ich nannte ihm nur die Summen für die Legate, aber wieviel es genau war, habe ich ihm nicht gesagt. Sobald er begriffen hatte, daß ich im Geld schwimme, wollte er, daß ich ihn auch mit bedenke.«
    »Aber Sie haben ihm nie alles erzählt?«
    »Nie.«
    »Sie haben ihm nicht gesagt, wieviel Sie besitzen?«
    »Nein.«
    Wenn ich richtig gerechnet habe, enthielt ihr altes Testament Legate in einer Gesamthöhe von mindestens zwanzig Millionen Dollar. Soviel zumindest muß dem Anwalt auch bekannt gewesen sein, schließlich hat er das Testament aufgesetzt. Fragt sich nur, wieviel genau besitzt die kostbare kleine Frau hier denn nun wirklich?
    »Wollen Sie mir sagen, wieviel es ist?«
    »Vielleicht morgen, Rudy. Vielleicht morgen.« Wir verlassen die Küche und begeben uns auf die Hinterveranda. Sie hat einen neuen Springbrunnen neben den Rosensträuchern, den sie mir zeigen will. Ich bewundere ihn hingerissen.
    Jetzt weiß ich Bescheid. Miss Birdie ist eine reiche alte Dame, aber sie will nicht, daß es irgend jemand erfährt, schon gar nicht ihre Angehörigen. Sie hat immer in guten Verhältnissen gelebt, und jetzt erregt sie keinerlei Verdacht – sie ist eine achtzigjährige Witwe, die von ihren mehr als ausreichenden Ersparnissen lebt.
    Wir sitzen auf schmiedeeisernen Bänken und trinken im Dunkeln kalten Kaffee, bis ich endlich genügend Vorwände beisammen habe, um mit Anstand flüchten zu können.
    Um meinen gehobenen Lebensstandard zu finanzieren, habe ich in den vergangenen drei Jahren als Barmann und Kellner im Yogi’s gearbeitet, einer Studentenkneipe ganz in der Nähe des Campus. Sie ist berühmt für ihre saftigen Onionburger und ihr Märzenbier am Tag des heiligen Patrick. Es ist ein lauter Laden, wo die Zeit zwischen Lunch und Feierabend nur eine lange happy hour ist. Krüge mit wäßrigem Light-Bier kosten beim »Monday Night Football« einen Dollar, bei jedem anderen Ereignis zwei Dollar.
    Die Kneipe gehört Prince Thomas, einem Rumtrinker mit massigem Körper und einem noch größeren Ego. Prince ist eine der bekannteren Persönlichkeiten in der Stadt, ein echter Unternehmer, dem es Spaß macht, sein Bild in den Zeitungen zu sehen und in den Spätnachrichten. Er organisiert Sauftouren und Wahlen zur Miss Nasses T-Shirt. Bei der Stadtverwaltung hat er einen Antrag gestellt, daß Kneipen wie seine die ganze Nacht geöffnet bleiben dürfen. Die Stadtverwaltung ihrerseits hat ihn verschiedener Sünden wegen verklagt. Er genießt das. Nennen Sie ihm ein Laster, und er wird ein paar Leute zusammentrommeln und versuchen, es zu legalisieren.
    Prince läßt uns bei Yogi’s ziemlich freie Hand. Wir, die Angestellten, bestimmen unsere Arbeitszeiten selbst, kassieren unsere Trinkgelder, halten ohne viel Einmischung von seiner Seite den Betrieb in Gang. Das ist nicht sonderlich schwierig.

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