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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Wochenende im Gefängnis, fürchte ich, Alvin.«
    »Euer Ehren«, sagte Verily Cooper. »Es gibt in dieser Stadt nur ein Gefängnis, und wenn Makepeace Smith gezwungen ist, in demselben Raum mit meinem Klienten eine Zelle zu teilen …«
    »Na schön«, sagte der Richter. »Sheriff, wenn Ihr Alvin zurückgebracht habt, könnt Ihr Makepeace freilassen.«
    »Danke, Euer Ehren«, sagte Verily.
    »Wir vertagen uns bis Montag zehn Uhr.« Der Hammer schlug auf die Tischplatte und beendete damit für diesen Tag das Spektakel.

17 Entscheidungen

    Da Calvin in Vigor Church immer so oft allein gewesen war, hatte er sich immer für einen Einzelgänger gehalten. Wer in Vigor nicht in Alvin vernarrt war, erwies sich, wenn man genauer hinschaute, schnell als ziemlicher Idiot. Was konnte Calvin schon mit Jungs anfangen, die nur Streiche im Kopf hatten und Stinktiere unter Veranden locken oder in Außentoiletten einsperren wollten? Alvin hatte ihn von allem abgeschnitten, was in irgendeiner Hinsicht wichtig war, und mit den anderen Freunden, die er vielleicht hatte, war auch nicht viel anzufangen.
    In New Amsterdam und London war Calvin noch einsamer, da er sich lediglich auf sein Ziel konzentrierte, zu Napoleon vorzudringen. Als er auf den Straßen von Paris versuchte, sich einen Ruf als Heiler zu machen, war es nicht anders. Und nachdem er die Aufmerksamkeit des Kaisers errungen hatte, gab es für ihn nur noch Studium und Arbeit.
    Eine Zeitlang. Denn nach einigen Wochen wurde ihm klar, daß Napoleon ihn so langsam unterrichtete, wie es ihm nur möglich war. Warum hätte er sich auch anders verhalten sollen? Denn sobald Calvin der Ansicht war, genug gelernt zu haben, würde er Paris verlassen, und Napoleon würde wieder unter der Gicht zu leiden haben. Calvin spielte mit dem Gedanken, einen gewissen Druck auszuüben, indem er Napoleons Schmerzen verstärkte, und mit dieser Absicht im Sinn suchte und fand er die Stelle im Gehirn des Kaisers, wo der Schmerz wahrgenommen wurde. Er spielte mit dem Gedanken, mit seinem Talent direkt in diese Stelle der reinen Agonie zu stechen und so festzustellen, ob Napoleon nicht plötzlich einfiel, Calvin ein paar Dinge zu lehren, die er bis jetzt übersehen hatte.
    Das waren schöne Tagträume, aber Calvin war kein Narr. Er konnte diesen Schmerz einmal erzeugen und würde eine Tageslektion bekommen, doch wenn er dann beim nächstenmal einschlief, wäre es wohl besser, wenn er sich nicht mehr in Paris befände, in Frankreich oder irgendwo auf Gottes grüner Erde, wo Napoleons Agenten ihn vielleicht finden würden. Nein, er konnte Napoleon zu nichts zwingen. Er mußte bleiben und sich mit dem quälend langsamen Tempo des Unterrichts, den ständigen Wiederholungen abfinden. Inzwischen beobachtete er aufmerksam und versuchte herauszufinden, was Napoleon tat und er, Calvin, noch nicht verstand. Er sah aber nie etwas, das Sinn für ihn ergab.
    Womit ihm lediglich übrig blieb, die Dinge auszuprobieren, die Napoleon ihm über die Manipulation anderer Menschen beigebracht hatte, und festzustellen, ob er auf dem Weg des reinen Experiments vielleicht mehr herausfand. Das brachte ihn schließlich in Kontakt mit anderen Menschen – er wollte herausfinden, wie man sie beherrscht.
    Das Problem war nur, die einzigen anderen Menschen in seiner Nähe gehörten Napoleons Stab an und hatten viel zu tun. Noch schlimmer war, daß sie unter Napoleons direkter Kontrolle standen und es nicht gerade hilfreich war, sollte der Kaiser herausfinden, daß jemand versuchte, die Kontrolle über seine Kriecher zu erlangen. Vielleicht brachte ihn das auf falsche Gedanken. Vielleicht glaubte er dann, Calvin versuche, seine Macht zu untergraben, was völliger Unsinn war – Calvin lag nicht das geringste daran, Napoleons Stelle einzunehmen. Was war ein bloßer Kaiser schon im Vergleich zu einem Schöpfer?
    Das hieß, zwei Schöpfer. Es gab zwei Schöpfer auf der Welt.
    An wem konnte Calvin seine neu erlernten Kräfte ausprobieren? Nachdem er ein wenig durch den Palast und die Regierungsgebäude gewandert war, wurde ihm klar, daß es noch eine ganz andere Klasse von Personen gab. So faul und frustriert, wie sie waren, stellten sie ganz natürliche Versuchsobjekte dar: die Söhne von Napoleons Sekretären und Höflingen.
    Sie alle hatten eine in etwa ähnliche Biographie: Als ihre Väter in einflußreiche Positionen aufstiegen, wurden sie in die besseren Internate geschickt, die sie dann mit sechzehn oder siebzehn Jahren wieder mit

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