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Der Reisende

Der Reisende

Titel: Der Reisende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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heißen Brei herum. Mr. Cooper, wir brauchen von Euch den juristischen Dienst, Alvin Junior bei seinem Prozeß zu verteidigen. Er sitzt drüben in Hatrack River im Gefängnis, wird angeklagt, jemandem Gold gestohlen zu haben, und ich vermute, daß sie noch einen ganzen Stapel anderer Anklagen hinzufügen werden. Sie haben es darauf abgesehen, diesen Jungen für lange Zeit ins Gefängnis zu bringen, wenn nicht gar, ihn zu hängen, und Ihr kommt in just diesem Augenblick hierher – nun, Ihr müßt einsehen, daß es uns wie ein mächtig glücklicher Zufall vorkommt.«
    »Im Gefängnis«, sagte Verily.
    »In Hatrack River.«
    »Vor nicht ganz einer Woche bin ich dort durchgeritten.«
    »Tja, da seid Ihr an dem Gerichtshaus vorbeigekommen, in dem man ihn eingesperrt hat.«
    »Ja, das stimmt. Wann ist der Prozeß angesetzt?«
    »Ach, dann, wann Ihr wollt, jedenfalls so ziemlich. Der Richter dort ist ein Freund von Alvin, genau wie die meisten Stadtbewohner, oder zumindest sehr viele. Sie können ihn nur einfach nicht laufen lassen, so sehr sie das auch möchten. Aber sie werden den Prozeß so lange verzögern, wie Ihr braucht, um als Anwalt vor Gericht zugelassen zu werden.«
    Verily nickte. »Ja, ich mache es. Aber … ich bin verwirrt. Ihr könnt doch nicht wissen, ob ich überhaupt ein guter Anwalt bin.«
    Measure lachte laut auf. »Kommt schon, mein Freund, glaubt Ihr etwa, wir wären blind? Seht Euch Eure Kleider an! Ihr seid reich, und das seid Ihr nicht durch das Faßbinden geworden.«
    »Außerdem«, sagte Armor, »habt Ihr diesen englischen Akzent, dieses Gehabe eines Gentleman. Die Geschworenen in Hatrack River werden größtenteils auf Alvins Seite stehen. Alles, was Ihr sagt, wird ihnen mächtig klug vorkommen.«
    »Damit wollt Ihr sagen, daß ich eigentlich gar nicht sehr gut sein muß. Ich muß nur Engländer sein, Rechtsanwalt, am Leben und im Gerichtssaal anwesend.«
    »So ziemlich, jau«, sagte Armor.
    »Dann habt Ihr einen Anwalt. Oder besser gesagt, Euer Sohn hat einen. Falls er mich will, heißt das.«
    »Er will freigesprochen werden und seinen guten Namen behalten«, sagte Measure ernst. »Und er will den Leuten beibringen, wie man Schöpfer wird. Ich glaube, Ihr paßt genau in das, was er will.«
    »Kommt her!« Der Befehl kam von Mrs. Miller, und Verily ging gehorsam zu ihr. Sie streckte die Arme aus, nahm seine rechte Hand und umschloß sie mit ihren beiden. »Mr. Verily Cooper«, sagte sie, »werdet Ihr meinem Sohn ein wahrer Freund sein?«
    Ihm wurde klar, daß sie einen Eid von ihm verlangte, einen Eid, in den er sein ganzes Herz legte. »Ja, Ma’am. Ich werde sein wahrer Freund sein.«
    Diesem Versprechen folgte keine vollständige Stille. Lang angehaltene Atemzüge wurden ausgestoßen. Verily war noch nie die Erfüllung des Herzenswunsches einer anderen Person gewesen. Es war ein ziemlich erhebendes Gefühl. Aber es machte ihm auch ein wenig angst.
    Wastenot und Wantnot kamen wieder herein. »Pferd und Maultier wurden entladen, gefüttert, getränkt und in den Stall gebracht.«
    »Danke«, sagte Verily.
    Die Zwillinge sahen sich um. »Was grinst ihr alle denn so?«
    »Wir haben einen Anwalt für Alvin«, sagte Measure.
    Wastenot und Wantnot grinsten ebenfalls. »Na, ja, verdammt, dann können wir ja nach Hause ins Bett gehen!«
    »Nein«, sagte der Müller. »Eins müssen wir noch erledigen.«
    Augenblicklich verschwand die fröhliche Stimmung.
    »Setzt Euch, Mr. Cooper«, sagte der Müller. »Wir müssen Euch eine Geschichte erzählen. Eine traurige, und sie endet damit, daß alle Männer dieser Stadt, außer Armor hier, und Measure – sie endet damit, daß wir alle Schande über uns bringen.«
    Verily setzte sich und hörte zu.

13 Schachzüge

    Vilate brachte ihm schon wieder einen Kuchen. »Ich habe den letzten noch nicht aufessen können«, sagte Alvin. »Glaubt Ihr etwa, mein Magen wäre ein Loch ohne Boden?«
    »Ein Mann von Eurer Größe und Kraft muß gut essen, damit das Fleisch auf den Knochen bleibt«, sagte Vilate. »Und wie man einen halben Kuchen backt, habe ich noch nicht herausgefunden.«
    Alvin kicherte. Doch als sie den Kuchen unter der vergitterten Zellentür hindurchschob, stellte Alvin fest, daß sie ein paar neue Hexagramme an sich hatte, ganz zu schweigen von einem Einladungs- und einem Flehzauber. Die meisten Hexagramme erkannte er sofort – er hatte zu seiner Zeit auch einige davon hergestellt, zum Schutz oder zur Abwehr, ja sogar zur Verheimlichung und

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