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Der Report der Magd

Der Report der Magd

Titel: Der Report der Magd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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nickt, dann dreht er sich um und verläßt das Zimmer, wobei er die Tür mit übertriebener Vorsicht hinter sich schließt, als wären wir beide seine kränkliche Mutter. Die Situation hat etwas Komisches, aber ich wage nicht zu lachen.
    Serena Joy läßt meine Hände los. »Du kannst jetzt aufstehen«, sagt sie. »Steh auf und geh raus.« Eigentlich soll sie mich noch zehn Minuten ruhen lassen, mit hochgelegten Füßen, um die Chancen zu verbessern. Und für sie selber soll es eine Zeit stiller Meditation sein. Aber sie ist nicht in der richtigen Stimmung dafür. Abscheu schwingt in ihrer Stimme mit, als könne die Berührung mit meinem Körper sie krank machen, infizieren. Ich befreie mich von ihrem Körper und stehe auf; der Saft des Kommandanten läuft mir an den Beinen herunter. Bevor ich mich umdrehe, sehe ich noch, wie sie ihren blauen Rock glattstreicht, die Beine zusammenpreßt; sie bleibt auf dem Bett liegen, schaut empor, in den Baldachin über ihr, steif und gerade wie ein steinernes Bildnis.
    Für wen von uns ist es schlimmer, für sie oder für mich?
     

Kapitel siebzehn
    Und das tue ich, als ich wieder in meinem Zimmer bin:
    Ich ziehe meine Kleider aus und ziehe mein Nachthemd an.
    Ich schaue nach dem Butterstückchen in der Spitze meines rechten Schuhs, wo ich es nach dem Essen versteckt habe. Der Schrank war zu warm, die Butter ist halb geschmolzen. Ein großer Teil davon ist in die Papierserviette eingezogen, in die ich sie gewickelt hatte. Jetzt werde ich Butter im Schuh haben. Nicht zum erstenmal, denn immer, wenn es Butter gibt oder auch Margarine, hebe ich mir etwas davon auf diese Weise auf. Ich kann die Butter zum größten Teil aus dem Schuhfutter entfernen, mit einem Waschlappen oder etwas Toilettenpapier aus dem Badezimmer, morgen.
    Ich reibe mir die Butter über das Gesicht, massiere sie mir in die Haut meiner Hände. Es gibt keine Handcreme und keine Gesichtslotion mehr, nicht für uns. Solche Dinge werden als Eitelkeiten angesehen. Wir sind Gefäße, nur das Innere unseres Körpers ist von Bedeutung. Das Äußere kann, von ihnen aus, ruhig hart und runzlig werden wie eine Nußschale. Es war eine von den Ehefrauen erwirkte Verfügung, daß es für uns keine Handcreme mehr gibt. Sie wollen nicht, daß wir attraktiv aussehen. Für sie ist so schon alles schlimm genug.
    Das mit der Butter ist ein Trick, den ich im Rahel-und-Lea-Zentrum gelernt habe. Im Roten Zentrum, wie wir es nannten, weil dort so viel rot war. Meine Vorgängerin in diesem Zimmer, meine Freundin mit den Sommersprossen und dem munteren Lachen, muß es auch so gemacht haben. Wir alle tun es.
    Solange wir das tun, solange wir uns mit Butter einreiben, um unsere Haut geschmeidig zu erhalten, können wir noch glauben, daß wir eines Tages herauskommen werden, daß wir wieder berührt werden, voller Liebe oder voller Verlangen. Wir haben unsere eigenen, unsere heimlichen Zeremonien.
    Die Butter ist fettig, und sie wird ranzig werden, und ich werde wie alter Käse riechen. Aber jedenfalls ist es organisch, wie es früher immer hieß.
    So tief sind wir gesunken.
     
    Gebuttert liege ich auf meinem Einzelbett, flach wie ein Stück Toast. Ich kann nicht schlafen. Im Halbdunkel starre ich zu dem blinden Stuckauge an der Zimmerdecke hinauf, das seinerseits zu mir herunterstarrt, auch wenn es nicht sehen kann. Es regt sich kein Lüftchen, meine weißen Gardinen, die wie Mullbinden aussehen, hängen schlaff herunter, schimmern im Schein des Flutlichts, mit dem das Haus nachts angestrahlt wird, oder scheint der Mond?
    Ich schlage die Decke zurück, stehe vorsichtig auf und gehe lautlos, barfuß, in meinem Nachthemd, ans Fenster, wie ein Kind: Ich möchte sehen. Der Mond auf der Brust des frisch gefallenen Schnees. Der Himmel ist klar, aber wegen des Flutlichts schwer zu erkennen; doch, richtig, an dem verdunkelten Himmel schwimmt wirklich ein Mond, ganz neu, ein Wunschmond, ein Splitter uralten Gesteins, eine Göttin, ein Augenzwinkern. Der Mond ist ein Stein, und der Himmel ist voll tödlichen Metalls, und doch, mein Gott, wie schön!
    Ich sehne mich so sehr nach Luke. Ich möchte gehalten und bei meinem Namen genannt werden. Ich möchte geschätzt werden, auf eine Weise, wie ich es hier nicht werde, ich möchte mehr als nur wertvoll sein. Ich sage mir meinen früheren Namen vor, erinnere mich daran, was ich einst konnte, wie andere mich sahen.
    Ich möchte etwas stehlen.
     
    Im Flur ist das Nachtlicht an, der lange Raum schimmert

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