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Der Report der Magd

Der Report der Magd

Titel: Der Report der Magd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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zartrosa. Ich gehe, einen Fuß vorsichtig aufsetzend, dann den anderen,  ohne  daß  es  knarrt,  den  Läufer entlang,  wie  auf Waldboden, und schleiche mich mit jagendem Herzen durch das nächtliche Haus. Ich bin nicht an meinem Platz. Was ich hier tue, ist absolut ungesetzlich.
    Weiter, am Fischauge an der Flurwand vorbei – ich sehe meine weiße Gestalt, meinen zeltumgebenen Körper, das Haar, das mir wie eine Mähne über den Rücken fällt, glänzende Augen. Was ich hier tue, gefällt mir. Ich tue etwas selbständig. Die Tatform, nicht die Leideform. Gespannt. Ich würde gern ein Messer stehlen, aus der Küche, aber so weit bin ich noch nicht.
    Ich komme ans Wohnzimmer, die Tür ist angelehnt, ich schlüpfe hinein, lasse die Tür einen Spalt offen. Holz quietscht, aber wer ist nahe genug, es zu hören? Ich stehe im Zimmer, warte, daß meine Pupillen weit werden wie die einer Katze oder einer Eule. Altes Parfüm, Kleiderstaub füllen meine Nasenlöcher. Ein schwacher Lichtschein dringt durch die Ritzen um die geschlossenen Vorhänge, von dem Flutlicht draußen, wo jetzt mit Sicherheit zwei Männer patrouillieren, ich habe sie gesehen, von oben, durch meine Gardinen, dunkle Gestalten, Scherenschnitte. Jetzt erkenne ich Umrisse, hier und da einen Schimmer: vom Spiegel, von den Füßen der Lampen, den Vasen; da ist das Sofa, wie eine dräuende Wolke bei Sonnenuntergang.
    Was soll ich nehmen? Etwas, das niemand vermissen wird. Im Wald um Mitternacht, eine Zauberblume. Eine verwelkte Narzisse, nicht eine aus dem Strauß getrockneter Blumen. Die Narzissen werden bald weggeworfen werden, sie fangen schon an zu riechen. Zusammen mit Serenas schalen Ausdünstungen, dem Geruch ihres Strickzeugs.
    Ich taste umher, finde einen Beistelltisch, befühle ihn. Es klirrt, ich muß etwas umgestoßen haben. Ich finde die Narzissen, spröde an den Blumenrändern, wo sie schon verdorrt sind, schlaff zum Stengel hin, ich drücke sie mit den Fingern. Ich werde diese Blume irgendwo pressen. Unter der Matratze. Sie dort liegen lassen, für die nächste Frau, meine Nachfolgerin, damit sie etwas findet.
    Da ist jemand. Hier im Zimmer, hinter mir.
    Ich höre den Schritt, leise wie meinen, das Knarren desselben Dielenbretts. Die Tür hinter mir schließt sich mit einem leisen Klicken, schneidet das Licht ab. Ich erstarre: das Weiß war ein Fehler. Ich bin Schnee im Mondlicht, sogar im Dunkeln.
    Dann ein Flüstern: »Nicht schreien. Es ist alles in Ordnung.«
    Als würde ich schreien, als wäre alles in Ordnung. Ich drehe mich um: eine Gestalt, das ist alles, das dumpfe Glänzen eines Kinns, farblos.
    Er kommt auf mich zu. Nick.
    »Was tust du hier?«
    Ich antworte nicht. Auch er ist illegal hier, bei mir, er kann mich nicht verraten. Ich ihn auch nicht; in diesem Augenblick sind wir Spiegel. Er legt die Hand auf meinen Arm, zieht mich an sich, seinen Mund auf meinen – was sonst kommt aus solcher Verweigerung? Ohne ein Wort. Beide zittern wir, wie gerne ich würde! In Serenas Salon, bei den getrockneten Blumen, auf dem chinesischen Teppich, sein dünner Körper. Ein mir gänzlich unbekannter Mann. Es wäre wie ein Schrei, es wäre wie jemanden erschießen. Meine Hand schiebt sich hinunter, wie wäre das, ich könnte aufknöpfen, und dann. Aber es ist zu gefährlich, er weiß es, wir schieben einander fort, nicht weit. Zuviel Vertrauen, zuviel Risiko, schon jetzt zu viel.
    »Ich habe dich gesucht«, sagt er, haucht er, fast in mein Ohr. Ich möchte hinauffassen, seine Haut betasten, er macht mich hungrig. Seine Finger bewegen sich, befühlen meinen Arm unter dem Ärmel des Nachthemds, als wollte seine Hand auf Vernunftgründe nicht hören. Es tut so gut, von jemanden berührt zu werden, so gierig befühlt zu werden, solche Gier zu spüren. Luke, du wüßtest, du würdest verstehen. Das bist du, hier, in einem anderen Körper.
    Scheiße.
    »Warum?« frage ich. Braucht er es so nötig, daß er es riskieren würde, nachts in mein Zimmer zu kommen? Ich denke an die Gehängten, die an der Mauer aufgehängt sind. Ich kann kaum aufrecht  stehen.   Ich  muß  loskommen,   zurück  zur Treppe, bevor ich völlig zerfließe. Seine Hand liegt jetzt auf meiner Schulter, er hält sie fest. Seine Hand liegt schwer auf mir, wie warmes Blei. Würde ich dafür sterben? Ich bin ein Feigling, ich halte den Gedanken an Schmerzen nicht aus.
    »Er hat es mir aufgetragen«, sagt Nick. »Er will dich sprechen. In seinem Büro.«
    »Was soll das

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