Der Retter von Dent-All
kann ich nicht!« Dillingham sah, wie die Tentakel sich erschreckt zusammenringelten. »Der Prinz bekommt Tobsuchtsanfälle, Doktor!«
Dillingham hatte diese Antwort erwartet. Schließlich hatte er die gleiche Ausrede oft genug auf der Erde gehört. »In diesem Fall kann ich Ihnen nur raten, sich ein Team von Zahnärzten heranzubilden. Ihr Sohn muß sein Gebiß jedes Jahr untersuchen lassen.«
»Aber wir können solche Arbeiten nicht selbst durchführen! Uns fehlen die entsprechenden Extremitäten!«
»Dann müssen Sie eben ein paar Dentisten importieren. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht.«
Das Riesengeschöpf seufzte. »Das sehe ich ein.« Die Tentakel entspannten sich nachdenklich. Dann lief ein Zittern durch die Lamellen.
»Liebe Enens — mir scheint, ich brauche einen Hofdentisten. Könnt ihr mir diesen dort verkaufen?«
Dillingham blieb eine Sekunde das Herz stehen, als er an die faulenden Zähne im Kiefer des jungen Prinzen dachte. So was konnten sie doch nicht mit ihm machen!
»Ihn verkaufen?« rief der Delegationschef der Enens empört. Dillingham wunderte sich, daß er die enenschen Kausymbole hören konnte, bis er sah, daß das Übersetzungsgerät parallel geschaltet war. Englisch, Gleep und Enen wurden jetzt simultan übertragen.
»Das ist ein menschliches Wesen«, fuhr der Enen unwillig fort, »ein Vertreter einer intelligenten Rasse, die am anderen Ende der Milchstraße wohnt. Er ist der einzige Exodentist in diesem Sektor des Universums und außerdem eine pflichtbewußte, charaktervolle Persönlichkeit. Wie konnten Sie es wagen, mir so einen plumpen Antrag zu machen!«
Gott sei Dank haben meine Gastgeber auch moralische Prinzipien, dachte Dillingham erleichtert.
»Wir sind bereit, für diesen Exodentisten eine ganze Tonne Frummstiche allererster Qualität zu bezahlen...« Die Stimme des Muck-o-Muck klang so süß wie eine Tonne Honig.
»Eine ganze Tonne?« wiederholte der Enen mit bebender Stimme. Er schlu ckte (alles Geräusche des Trans coders). »Nun — ja — dieser Erdenmann hat uns eigentlich schon alles beigebracht, was er weiß. Wir könnten notfalls auch ohne ihn auskommen...«
»Moment mall« protestierte Dillingham. Aber die Feilscherei nahm ungehindert ihren Fortgang. Schließlich läßt sich der Wert eines Menschen überhaupt nicht mit der Kaufkraft von einer Tonne Frummstiche vergleichen.
Zahnärztliche Assistentin gesucht, mit Schwesternexamen. Erfahrung in Buchführung erwünscht. Einige Jahre Praxis, ohne Anhang. Auch Reisetätigkeit...
Judy Galland las diese eigenartige Anzeige mindestens zweimal. Da steckte keine ihr bekannte Agentur dahinter, und eine Telefonnummer war auch nicht angegeben. Das Angebot schien nicht sonderlich vielversprechend zu sein; aber sie war verzweifelt.
Judy nahm den Bus zu der Adresse, die in der Annonce angegeben war. Sie konzentrierte sich noch einmal auf den Text. Sie hatte Examen, sie hatte Erfahrung, und sie war auch eine staatlich geprüfte Schwester. Sie wußte, daß nur wenige Kolleginnen beide Diplome besaßen — das Pflegediplom und den technischen Abschluß. Viele Mädchen scheuten sich vor der Buchführung. Und sie war auch bereit, vom Nordpol zum Südpol zu reisen, falls das nötig sein sollte. Judy war sechsundzwanzig Jahre alt, und man sah ihr dieses Alter an. Sie kam mit
Patienten gut zurecht und verlor nur selten ihre Fassung.
Weshalb bekam sie dann keinen neuen Job?
Der Bus rumpelte über ein Gleis und rüttelte sie aus ihrer Geistesabwesenheit. Sie kannte den Kern ihres Problems. Sie hatte für Dr. Dillingham gearbeitet, und Dr. Dillingham war auf geheimnisvolle Art und Weise verschwunden. Ein Bauarbeiter darf ruhig von einem Stahlträger herunterfallen, ohne daß man den Kollegen seinen Tod ankreiden würde. Ein Großwildjäger darf im Magen eines Tigers enden, ohne daß man seine Träger von einer Neuanstellung ausschloß. Ein Politiker kann ohne weiteres wegen unlauterer Machenschaften in der Versenkung verschwinden, während seine loyalen Mitarbeiter in eine höhere Position aufrücken. Doch wenn ein Zahnarzt in einer Kleinstadt verschwindet...
Sie schüttelte den Kopf. Das war nicht fair.
Es war alles nur ihre eigene Schuld. Sie hatte versucht, die Wahrheit zu erzählen. Natürlich hatte ihr keiner die Ge-schichte von den >grünen Männchen< abgenommen, die sie festgehalten hatten, während Dr. Dillingham deren wunderliche Zähne reparierte. Leider gab es keinen Beweis für Judys Aussage — nur die simple
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