Der Retter von Dent-All
doppelten Umfang —, und der Thron hatte sich seiner Fülle angepaßt... Die königlichen Flügel waren feingeäderte Schwingen von leuchtendem Orange, an den Enden mit weißen Punkten auf schwarzem Grund gesäumt. Sein Körper war prall und muskulös, die Fühler gewaltige wippende Antennen. Vitalität. Fürwahr, er war ein herrliches Exemplar von einem Schmetterling.
Auch die Zähne blitzten weiß und ebenmäßig, als er lächelte. Er hatte es geschafft! Er hatte sie in eine Zeit entführt, wo falsche Ernährung und mangelnde Pflege die Zähne noch nicht verdorben hatten.
Doch Judy war es gar nicht wohl in ihrer Haut. Das heißt, in ihren Kleidern. Die Bluse schlotterte wie ein Sack um ihren Oberkörper, die Schuhe waren acht Nummern zu groß, und die Instrumententasche wog mindestens einen Zentner.
Sie hatte zwanzig Jahre in der Zukunft gelassen. Sie war jetzt ein Kind von sechs Jahren, wenn auch mit der Erfahrung einer Sechsundzwanzigjährigen.
»Komm, fliege mit mir, mein Kind«, sagte der Monarch. »Das ist die Zeit meiner größten Machtentfaltung.«
»Aber — ich ...«
Schon hatte er vier Hände um sie geschlungen und erhob sich vom Balkon aus in die Luft. Sie war froh, daß sie nicht mehr so viel wog. Ihre Bluse bestand zwar aus reißfestem Nylon; doch man konnte nie wissen, ob der Stoff unter der Zeitreise nicht gelitten hatte.
»Irdische Macht«, sagte der Monarch, während sie dahinschwebten, »soll zwar kein Glück bringen, wie die Weisen auf meiner und vielleicht auch auf deiner Welt
behaupten, aber ich bin da nicht ganz sicher. Auf jeden Fall beherrsche ich jetzt siebzig Sonnensysteme mit mindestens siebzig bewohnten Planeten. Ich besitze das Monopol für den Verkauf der Erzeugnisse von Ra. Mein Reichtum ist unermeßlich, und selbst der letzte Untertan meines Imperiums lebt in Frieden und hat sein Auskommen. Blicke nur einmal hinunter!«
Eine silberglänzende Stadt mit spitzen Türmen, mit geschwungenen Streben und Hängebrücken aus Seide breitete sich unter ihnen aus. Grüne Schmetterlinge saßen zu Hunderten auf den Balkonen und Türmen. Es war ein herrlicher Anblick.
»Ist das Ihre Hauptstadt?«
Der Monarch lachte dröhnend. »Das ist Luna — das Armenquartier von Lepidop. Alle diese Kreaturen dort unten sind Motten. Sieh nur die häßlichen Flecke auf ihren Flügeldecken.«
Die Flecke waren gar nicht so häßlich.
»Und schau mal dort hinüber!«
Sie gehorchte. Am Rand der Stadt breiteten sich Wälder aus. Doch solche Bäume gab es auf der Erde nicht. Sie glichen riesigen Fässern, die in den Himmel hinaufwuchsen. Außen trugen die Bäume zwar Laub, doch die Früchte wuchsen innen im Hohlraum hinter der Rinde. Sobald die Früchte reif wurden, fielen sie in das lebendige Faß hinein. Konservierende Gase hielten die Früchte frisch, und so stellte jeder Baum gleichzeitig einen riesigen Speicher dar, der eine ganze Stadt mit Früchten versorgen konnte.
»Das alles gehört zu meinem Imperium«, sagte der Monarch. »Das ist Macht, das ist Genugtuung und Schönheit zugleich!«
Sie flogen zum Palast zurück. »Warum bauen Sie nicht
eine Zahnklinik?« fragte Judy. »Die beste Nahrung ist vergeudet, wenn man keine gesunden Zähne hat, um sie zu zerkleinern. Mit Zahnschmerzen wird einem das beste Essen verleidet.«
»Was ich jetzt tue, kann nur meine eigene Zukunft verändern«, erinnerte der Monarch Judy an die Beschränkung der Zeitreise. »Doch ich werde daran denken, wenn ich in die Gegenwart zurückkehre. Ich werde eine Zahnklinik für die Nachkommen stiften!«
Judy begleitete den Monarchen in den Thronsaal zurück, wo sie seine Zähne überprüfte.
»Ich sehe ein paar ganz kleine Löcher im Zahnschmelz. Wenn Sie aber Ihre Zähne vorschriftsmäßig pflegen, werden sie bis zum Ende Ihres Lebens durchhalten«, prophezeite Judy. »Denken Sie immer daran! Nach jeder Mahlzeit Zähne putzen. Den Mund mit Mundwasser ausspülen, damit die Entwicklung der schädlichen Bakterien gehemmt wird. Die Lücken mit Dentalband säubern. Und essen Sie nicht mehr gereinigte Kohlehydratnahrung als unbedingt nötig. Alle sechs Monate müssen die Zähne von einem Fachmann überprüft werden.«
»Aber wo soll ich denn jetzt einen Dentisten auftreiben?«
Judy hatte natürlich an die Motten gedacht. Verdammt — in dieser zurückversetzten Zeit konnte der Monarch auch keinen Dentisten von einem anderen Planetensystem an seinen Hof holen. »Sie müssen sich eben behelfen, so gut es geht«, meinte Judy
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