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Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte

Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte

Titel: Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Wickert
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Minuten?«
    »Die ersten springen jetzt schon aufs Motorrad. Aber bis Belleville brauchen sie bei diesem Verkehr am Freitagnachmittag doch mindestens eine Viertelstunde.« Jacques gluckste in sich hinein.
    Während der Kommissar mit Jacques und den Leuten von der Spurensicherung in den Keller stieg, sperrten die Polizisten das Trottoir vor dem Haus 11, Boulevard de Belleville, ab.
    »Es gibt mehrere Gründe«, sagte Kommissar Mahon, »weshalb ich es liebe, dass die Pariser Bauherrn geizig waren und die Kellerböden in den alten Häusern nicht zubetoniert haben. Erstens: Sie sind feucht und kalt und hervorragend als Weinkeller geeignet. Zweitens: Sie halten Fußspuren lange fest.«
    Vor dem Telefonkasten befanden sich keinerlei Abdrücke auf der lehmigen Erde, an dem Kasten selbst waren noch nicht einmal Fussel eines Gewebes zu entdecken, mit dem Fingerabdrücke abgewischt worden wären.
    »Die haben wahrscheinlich eines dieser neuen Silikontücher
    benutzt. Wenn die noch ungebraucht sind, hinterlassen sie kaum eine Spur«, sagte der Mann von der Spurensicherung. »Und den Kasten haben sie auch nicht aufgebrochen. Falls jemand dran war, hat der den Schlüssel gleich mitgebracht. Und es wird wohl jemand dran gewesen sein, denn keine Spuren wie hier - gibt's nur, wenn jemand bewusst aufgeräumt hat.«
    Der Mann von der Telecom kam, begleitet von einem der Polizisten, mit seinem Werkzeugkasten die Kellertreppe herab, als plötzlich ein Blitzlicht aufflackerte.
    Kommissar Mahon brüllte sofort los: »Haltet uns die Typen vom Leib. Pennt ihr da oben?«
    Durch ein schmales Fenster auf der Höhe des Trottoirs hatte ein Fotograf sein Objektiv geschoben und einfach drauf gehalten, bis er von einem Polizisten weggezogen wurde.
    Der Kommissar drehte sich zu Jacques um: »Von dort oben wird dein Clochard zugeschaut haben.«
    Vor dem Haus hatte sich inzwischen eine kleine Menschenmenge, Journalisten, Fotografen, einige Kameraleute und neugierige Passanten, versammelt, die jetzt von fünf Polizisten mit einem Seil zurückgehalten wurden. Jacques trat mit dem Kommissar vor die Presse.
    »Kommissar Jean Mahon und seine Mitarbeiter haben eben an der Zuleitung zu meinem Privatanschluss im Keller des Hauses eine äußerst moderne kleine Abhöreinrichtung, entdeckt. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, wer sie dort angebracht haben könnte.«
    Während er sprach, hörte er das leise Klicken der digitalen Fotoapparate.
    Ein Journalist rief: »Was hat Sie veranlasst, Ihr Telefon zu überprüfen?«
    »Es gab einen Hinweis, über dessen Hintergrund ich aber noch nichts sagen kann.«
    »Wo genau wurde Ihre Leitung angezapft, in Ihrer Wohnung?«
    »Nein, im Telefonverteilkasten im Keller.« »Welche Spuren haben Sie gefunden?« »Kein Kommentar.«
    »Das alles hängt doch wohl mit Ihren Untersuchungen der Parteifinanzen zusammen. Können Sie sich vorstellen, dass es sich um einen staatlichen Auftrag handelt?«
    »Meine Vorstellungskraft lässt sich allein von Tatsachen leiten, und die müssen wir erst auswerten, um eine konkrete Spur verfolgen zu können.«
    »Wahrscheinlich will, wer auch immer es war, wissen, ob Sie den Präsidenten vorladen werden«, rief ein anderer, »das könnten Sie uns doch jetzt verraten.«
    Einige lachten, warteten aber gespannt auf die Antwort. »Dazu kein Kommentar. Und das war's dann auch für heute.«
    Der Kommissar lehnte mit einer abwehrenden Bewegung beider Hände jede Stellungnahme ab: »Wenn es so weit ist, gibt's eine Pressemitteilung vom Palais de la Justice.«
    Ohne Blaulicht, aber trotzdem mit hoher Geschwindigkeit fuhren sie zurück zu Mahons Büro im Quai des Orfevres. Jacques, der doch erregter war, als er es sich zugestehen wollte, rief über Handy Martine an, erzählte ihr in knappen Worten von dem Vorfall und bat sie, ihm die Durchwahl von Gerichtspräsidentin Marie Gastaud zu geben.
    Zum ersten Mal schien seine Vorgesetzte Mitgefühl für ihren Untersuchungsrichter zu haben. Nachdem Jacques sie in kurzen Worten unterrichtet hatte, sagte sie: »Ich werde sofort das Justizministerium in Kenntnis setzen, und diesmal rufe ich direkt im Büro des Ministers an. Falls wirklich die Renseingements Generaux dahinter stecken, muss er eine geharnischte Beschwerde beim Innenminister platzieren.«
    Sie schwieg einen Moment, und dann fragte sie: »Sie schreiben doch sicherlich einen Bericht. Kommen Sie heute noch ins Gericht?«
    »Nein, ich glaube kaum«, antwortete Jacques. »Wir haben noch eine ganze Weile mit

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