Der Richter aus Paris - Eine fast wahre Geschichte
des Generals betreffend, Dienstliches mit Privatem vermischt habe. Die Justiz sei unabhängig, aber die zuständigen Institutionen täten gut daran, zu überprüfen, ob es nicht sinnvoll sei, den Untersuchungsrichter Jacques Ricou für die Dauer der Überprüfung seines Verhaltens vom Dienste zu beurlauben.
Und wieder kam die Gerichtspräsidentin Jacques in der Mitte des Raums entgegen, setzte sich mit dem Rücken gegen das Fenster und erklärte ihm: »Sie werden nicht vom Dienst beurlaubt. Dafür stehe ich ein, auch wenn das Ministerium versucht, mir eine andere Entscheidung einzuflüstern. Obwohl die Geschichte mit dem Foto natürlich sehr unglücklich ist.«
Mit der gleichen Miene hätte sie Jacques auch das Gegenteil erklären können. Er bedankte sich fast schüchtern, doch sie stand schon wieder auf.
»Übrigens - in Ihrem Büro befinden sich keine Abhörgeräte -nicht mehr«, fügte sie hinzu. Martine verbrachte auf Jacques Bitte hin fast die ganze Nacht
damit, Kontakt zu Amadee aufzunehmen. Ohne Telefonanschluss auf der Habitation Alize war das nicht leicht, doch Martine schaffte es, natürlich.
Jacques hatte sich überlegt, wie er Amadee erreichen könnte, und unschlüssig in seinem schwarzen Moleskine-Notizbuch geblättert, in der Hoffnung auf eine Eingebung. Schließlich war er auf den Namen von Pere Dumas gestoßen, der im zehnten Arrondissement in der Kirche Saint Laurent die martiniquesische Gemeinde von Paris leitete. Er erinnerte sich an die Geschichte mit dem Weihwasserbecken von Saint-Pierre, das am vergangenen Himmelfahrtstag für eine kurze Zeit des Gedenkens nach Martinique gebracht worden war. Pere Dumas hatte die Reisegruppe um Amadee und Erzbischof Marie-Sainte aus Martinique von Paris aus bis nach Saint-Pierre begleitet und das Becken acht Tage später wieder in seine Kirche im zehnten Arrondissement zurückgeführt. Auf dieser Reise müsste Pere Dumas Amadee kennen gelernt haben. Weiter kam er nicht.
Martine aber hatte Pere Dumas schnell aufgetrieben, der Mann saß, wie er selber lachend sagte, bei einem Glas Messwein in seinem Pfarrhaus und erreichte in kürzester Zeit - per Internet -seinen Amtsbruder in Bässe-Pointe, dem Ort an der Küste, der bei klarem Wetter von der Habitation Alize zu sehen war. Der Pater aus Bässe-Pointe war eiligst mit seinem Wagen losgefahren, auf Martinique war es erst früher Abend, und anderthalb Stunden später mit Amadee im Schlepptau zurückgekehrt.
So konnte Martine ohne unerwünschte Mitwisser per Internet mit ihr kommunizieren.
Sie bat Amadee in Jacques' Namen, mit niemandem über seinen Besuch zu sprechen, warnte sie vor Paparazzi, die sich möglicherweise auf ihre Fährte begeben würden, und riet ihr, für einige Tage zu verschwinden, was ihr auf Martinique doch nicht schwer fallen dürfte.
Amadee vermutete einen eifersüchtigen Loulou hinter dem Foto. Und schickte Jacques einen so lieben Gruß per Mail, dass Martine ihn ausdruckte und ihm mitbrachte.
Halt durch! Oder ein nach oben gereckter Daumen, das waren die Signale für Jacques auf den Fluren. Am Dienstag meldete Kommissar Jean Mahon, die Gewehre von Gilles Maurel, auch die von Victor LaBrousse und seinen Männern seien mit Luftfracht eingetroffen und die Untersuchung werde sofort beginnen. Sie dauere drei bis vier Tage. Ende der Woche würde ein Ergebnis vorliegen.
Jacqueline hinterließ bei Martine: Wenn Jacques Hilfe benötigt, kann er sich an mich wenden. Darüber freute sich Jacques.
Mittwochmorgen saß er mit müden Augen im Bistro l'Auvergnat und hatte gerade in ein Croissant gebissen, als Margaux mit ärgerlicher Miene hereinkam. Doch bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte, machte er eine besänftigende Bewegung mit der rechten Hand und deutete auf den Stuhl an seinem kleinen, runden Tisch, in der linken hielt er die neuste Ausgabe von »Liberation«.
Er schluckte, nahm die Kaffeetasse hoch und sagte schließlich: »Lass uns nicht lügen. Du hast dieses Wochenende beim Baron de Seine verbracht - und ich weiß, wer dir bei deiner Recherche geholfen hat.«
Margaux zögerte, sie wusste zunächst nicht, wie sie reagieren sollte, doch dann lächelte sie.
»Nur gibt es kein Foto vom Abschiedskuss. Und schon gar nicht in der Zeitung.«
Auch Jacques grinste: »Soll ich dir einen Kaffee bestellen?« »Ohne Milch und Zucker.«
Sie stritten sich nicht, jeder von ihnen war schon zu weit auf dem Weg in ein anderes Leben eingetaucht. Aber als sie das
Bistro gemeinsam verließen und
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