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Der Richter und sein Henker - Der Verdacht

Der Richter und sein Henker - Der Verdacht

Titel: Der Richter und sein Henker - Der Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Dürrenmatt
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geklettert und bellte weiter.
    »Nun zu Gastmann«, sagte Tschanz und ließ den Motor anspringen. Der Alte schüttelte den Kopf.
    »Nach Bern.«
    Sie fuhren gegen Ligerz hinunter, hinein in ein Land, das sich ihnen in einer ungeheuren Tiefe öffnete. Weit ausgebreitet lagen die Elemente da: Stein, Erde, Wasser. Sie selbst fuhren im Schatten, aber die Sonne, hinter den Tessenberg gesunken, beschien noch den See, die Insel, die Hügel, die Vorgebirge, die Gletscher am Horizont und die übereinandergetürmten Wolkenungetüme, dahin-schwimmend in den blauen Meeren des Himmels.
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    Unbeirrbar schaute der Alte in dieses sich unaufhörlich ändernde Wetter des Vorwinters. Immer dasselbe, dachte er, wie es sich auch ändert, immer dasselbe.
    Doch wie die Straße sich jäh wandte und der See, ein gewölbter Schild, senkrecht unter ihnen lag, hielt Tschanz an.
    »Ich muß mit Ihnen reden, Kommissär«, sagte er aufgeregt.
    »Was willst du?« fragte Bärlach, die Felsen hin-abschauend.
    »Wir müssen Gastmann aufsuchen, es gibt keinen anderen Weg weiterzukommen, das ist doch logisch. Vor allem müssen wir die Diener verhö-
    ren.«
    Bärlach lehnte sich zurück und saß da, ein er-grauter, soignierter Herr, den Jungen neben sich aus seinen kalten Augenschlitzen ruhig betrach-tend:
    »Mein Gott, wir können nicht immer tun, was logisch ist, Tschanz. Lutz will nicht, daß wir Gastmann besuchen. Das ist verständlich, denn er mußte den Fall dem Bundesanwalt übergeben.
    Warten wir dessen Verfügung ab. Wir haben es eben mit heiklen Ausländern zu tun.« Bärlachs nachlässige Art machte Tschanz wild.
    »Das ist doch Unsinn!« schrie er, »Lutz sabo-tiert mit seiner politischen Rücksichtnahme die Untersuchung. Von Schwendi ist sein Freund und 103
    Gastmanns Anwalt, da kann man sich doch sein Teil denken.«
    Bärlach verzog nicht einmal sein Gesicht: »Es ist gut, daß wir allein sind, Tschanz. Lutz hat vielleicht etwas voreilig, aber mit guten Gründen gehandelt. Das Geheimnis liegt bei Schmied und nicht bei Gastmann.«
    Tschanz ließ sich nicht beirren: »Wir haben nichts anderes als die Wahrheit zu suchen«, rief er verzweifelt in die heranziehenden Wolkenberge hinein, »die Wahrheit und nur die Wahrheit, wer Schmieds Mörder ist!«
    »Du hast recht«, wiederholte Bärlach, aber un-pathetisch und kalt, »die Wahrheit, wer Schmieds Mörder ist.«
    Der junge Polizist legte dem Alten die Hand auf die linke Schulter, schaute ihm ins undurchdringliche Antlitz:
    »Deshalb haben wir mit allen Mitteln vorzugehen, und zwar gegen Gastmann. Eine Untersuchung muß lückenlos sein. Man kann nicht immer alles tun, was logisch ist, sagen Sie, Aber hier müssen wir es tun. Wir können Gastmann nicht überspringen.«
    »Gastmann ist nicht der Mörder«, sagte Bärlach trocken.
    »Die Möglichkeit besteht, daß Gastmann den Mord angeordnet hat. Wir müssen seine Diener vernehmen!« entgegnete Tschanz.
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    »Ich sehe nicht den geringsten Grund, der Gastmann hätte veranlassen können, Schmied zu ermorden«, sagte der Alte. »Wir müssen den Täter dort suchen, wo die Tat einen Sinn hätte haben können, und dies geht nur den Bundesanwalt etwas an«, fuhr er fort.
    »Auch der Schriftsteller hält Gastmann für den Mörder«, rief Tschanz aus.
    »Auch du hältst ihn dafür?« fragte Bärlach lauernd.
    »Auch ich, Kommissär.«
    »Dann du allein«, stellte Bärlach fest. »Der Schriftsteller hält ihn nur zu jedem Verbrechen fähig, das ist ein Unterschied. Der Schriftsteller hat nichts über Gastmanns Taten ausgesagt, sondern nur über seine Potenz.«
    Nun verlor der andere die Geduld. Er packte den Alten bei den Schultern.
    »Jahrelang bin ich im Schatten gestanden, Kommissär«, keuchte er. »Immer hat man mich über-gangen, mißachtet, als letzten Dreck benutzt, als besseren Briefträger!«
    »Das gebe ich zu, Tschanz«, sagte Bärlach, unbeweglich in das verzweifelte Gesicht des Jungen starrend, »jahrelang bist du im Schatten dessen gestanden, der nun ermordet worden ist.«
    »Nur weil er bessere Schulen hatte! Nur weil er Lateinisch konnte.«
    »Du tust ihm unrecht«, antwortete Bärlach,
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    »Schmied war der beste Kriminalist, den ich je gekannt habe.«
    »Und jetzt«, schrie Tschanz, »da ich einmal eine Chance habe, soll alles wieder für nichts sein, soll meine einmalige Gelegenheit hinaufzukommen in einem blödsinnigen diplomatischen Spiel zugrunde gehen! Nur Sie können das noch ändern, Kommissär, sprechen Sie mit Lutz, nur Sie

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