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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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von hier.«
    »Nein, ich will mich von den Jungs hier möglichst fern halten. Clanton ist eine Kleinstadt.«
    »Ich habe den Eindruck, die Unterlagen sind in einem guten Zustand«, sagte Ray und schloss eine Schublade.
    »Wird ziemlich einfach werden, abgesehen vom Haus.«
    »Wir sollten es so schnell wie möglich zum Verkauf ausschreiben. Es wird nicht so bald weggehen.«
    »Welchen Anfangspreis nennen wir?«
    »Fangen wir mir dreihundert an.«
    »Sollen wir Geld für die Renovierung ausgeben?«
    »Es ist kein Geld da, Harry Rex.«

    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit verkündete Forrest, er habe alles satt -
    Clanton, den Tod, das Herumhängen in einem deprimierenden alten Haus, das ihn nie besonders interessiert habe, Harry Rex und Ray. Er fahre jetzt nach Memphis, wo heiße Frauen und wilde Partys auf ihn warteten.
    »Wann kommst du wieder?«, fragte er Ray.
    »In zwei oder drei Wochen.«
    »Für die gerichtliche Bestätigung des Testaments?«

    »Ja«, erwiderte Harry Rex. »Wir werden kurz vor dem Richter erscheinen. Du kannst gern auch kommen, es ist aber nicht nötig.«
    »Ich betrete keinen Gerichtssaal freiwillig. War schon viel zu oft dort.«
    Die Brüder gingen zusammen die Auffahrt hinunter zu Forrests Auto.
    »Ist mit dir alles okay?«, fragte Ray, aber nur, weil er sich verpflichtet fühl-te, Besorgnis zu zeigen.
    »Mir geht’s gut. Hör mal, Bruderherz«, sagte Forrest schnell, bevor Ray irgendetwas Dummes von sich geben konnte, »ruf mich an, wenn du wieder hier bist.« Damit startete er den Wagen und fuhr davon. Ray wusste, er würde irgendwo zwischen Clanton und Memphis Rast machen, entweder in einem Schuppen mit Theke und Pooltisch oder vielleicht auch nur an einem Kiosk, wo er einen Kasten Bier kaufen würde, um ihn während der Fahrt zu leeren. Forrest hatte die Beerdigung ihres Vaters erstaunlich gut überstanden. Doch der Druck wurde immer stärker, und der Zusammenbruch würde ziemlich hässlich werden.
    Harry Rex war wie immer hungrig und fragte Ray, ob er Lust auf frittierten Catfish habe.
    »Eigentlich nicht.«
    »Gut, es gibt ein neues Restaurant am See.«
    »Wie heißt es?«
    »Jeter’s Catfish Shack.«
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Doch, das Essen schmeckt wirklich gut da.«
    Sie saßen auf einer leeren Terrasse direkt über dem stillen, sumpfigen Teil des Sees. Harry Rex aß zweimal die Woche Catfish, Ray alle fünf Jahre einmal. Der Koch hatte es gut gemeint mit Teig und Erdnussöl, und Ray war darauf gefasst, dass es aus vielerlei Gründen eine lange Nacht für ihn werden würde.
    Mit dem geladenen Revolver neben sich schlief er in seinem alten Zimmer im ersten Stock in Maple Run. Fenster und Türen hatte er abgeschlossen, die drei Müllsäcke mit dem Geld lagen zu seinen Füßen. Entsprechend schwer fiel es ihm, angenehme Kindheitserinnerungen heraufzubeschwören, die im Halbdunkel seines alten Reiches eigentlich fast von selbst hätten aufsteigen müssen. Doch das Haus war auch damals schon düster und kalt gewesen, insbesondere nach dem Tod seiner Mutter.
    Statt Erinnerungen wachzurufen, versuchte er sich in den Schlaf zu zählen - mit kleinen, runden schwarzen Jetons zu je hundert Dollar, die er den Richter von den Spieltischen zur Kasse schleppen ließ. Er zählte eifrig mit, kam aber nicht einmal in die Nähe des Vermögens, das in seinem Bett lag.

14
    Am Clanton Square gab es drei Cafés, zwei für die Weißen, eins für die Schwarzen. Das Schlips-und-Kragen-Publikum des Tea Shoppe stammte überwiegend aus Bank-, Justiz- und Geschäftskreisen. Hier drehten sich die Gespräche um schwer wiegende Themen wie Golf, Politik und die Börse. Das Claude’s, das schwarze Restaurant, existierte seit vierzig Jahren. Dort bekam man das beste Essen.
    Das Coffee Shop wurde vor allem von Farmern, Polizisten und Fab-rikarbeitern frequentiert, die über Football und die Vogeljagd redeten.
    Harry Rex ging ebenfalls gern dorthin, wie auch einige andere Anwälte, die es vorzogen, sich unter den Leuten zu bewegen, die sie vertraten.
    Das Coffee Shop öffnete jeden Morgen außer sonntags um fünf Uhr, und bis sechs war es meistens schon ziemlich voll. Ray parkte in der Nähe auf dem Platz und schloss seinen Wagen ab. Im Osten schob sich langsam die Sonne hinter den Bergen hoch. Er hatte rund fünfzehn Stunden Fahrt vor sich und hoffte, gegen Mitternacht zu Hause zu sein.
    Harry Rex hatte einen Tisch am Fenster und eine Zeitung von Jackson, die bereits so umsortiert und gefaltet war, dass

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