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Der Richter

Der Richter

Titel: Der Richter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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Spritztour damit«, schlug Ray vor.
    »Mit der Bonanza?«
    »Klar. Was wird das kosten?«
    »Verhandlungssache. Ich kenne den Typ ganz gut.«
    »Ich miete sie für einen Tag, dann können wir nach Atlantic City und zurück fliegen.«
    Sofort vergaß Fog die heraufziehenden Wolken und seinen Anfänger-schüler. Er sah Ray an. »Meinen Sie das im Ernst?»

    »Warum nicht? Klingt doch nach einer Menge Spaß.«
    Fog interessierte kaum etwas im Leben - außer Fliegen und Pokerspie-len. »Wann?«
    »Am Samstag, übermorgen. In aller Frühe losfliegen, spät zurückkommen.«
    Plötzlich schien Fog wieder tief in Gedanken versunken. Er sah auf die Uhr, dann wieder Richtung Westen, schließlich nach Süden. Aus einem Fenster brüllte Dick Docker: »Yankee Tango ist fünfzehn Kilometer entfernt!«
    »Gott sei Dank«, murmelte Fog und sah plötzlich viel entspannter aus.
    Zusammen mit Ray ging er zur Bonanza, um einen genaueren Blick darauf zu werfen. »Also Samstag?«, meinte er zu Ray.
    »Ja, den ganzen Tag.«
    »Ich spreche mit dem Besitzer. Bestimmt kann ich einen guten Preis aushandeln.«
    Für einen Augenblick ließ der Wind nach, so dass Yankee Tango relativ mühelos landen konnte. Fog entspannte sich noch mehr und brachte sogar ein Lächeln zustande. »Wusste gar nicht, dass Sie aufs Nachtleben stehen«, sagte er auf dem Weg zu der fahrbaren Treppe.
    »Ach, nur ein bisschen Blackjack, ganz harmlos«, entgegnete Ray.

17
    Die friedliche Einsamkeit des späten Freitagvormittags wurde von der Tür-klingel unterbrochen. Ray hatte lange geschlafen, ihm steckten immer noch die Anstrengungen der Reise nach Clanton in den Knochen. Nach drei Zeitungen und vier Tassen Kaffee war er einigermaßen wach.
    Es war ein FedEx-Bote mit einem Päckchen von Harry Rex.
    Es enthielt Briefe von Bewunderern des Richters und Zeitungsaus-schnitte. Ray breitete sie auf dem Esstisch aus und fing mit den Artikeln an.
    Der Clanton Chronicle hatte am Mittwoch auf der Titelseite einen Beitrag über Reuben Atlee gebracht, samt einem würdevollen Foto des Richters mit schwarzer Robe und Richterhammer. Das Bild war mindestens zwanzig Jahre alt. Das Haar des Richters war darauf viel dichter und dunkler, als es zuletzt der Wirklichkeit entsprochen hatte, außerdem füllte er seine Robe noch vollständig aus. Die Überschrift lautete: RICHTER REUBEN ATLEE
    MIT 79 JAHREN VERSTORBEN. Auf der ersten Seite galten ihm allein drei Artikel. Einer davon war ei ii überschwänglicher Nachruf, ein anderer setzte sich aus Zitaten seiner Freunde zusammen, der dritte war ein Tribut an die unglaubliche Spendenbereitschaft des Richters.
    The Ford County Times hatte ein Bild gebracht, das erst vor ein paar Jahren entstanden war: Richter Atlee mit der Pfeife auf seiner Veranda sitzend, viel älter aussehend, aber mit einem seltenen Lächeln auf den Lippen. Er trug eine Strickjacke und sah aus wie ein netter Großvater. Der Journalist hatte sich ein Gespräch erschlichen, indem er ihn in eine Unterhaltung über den Amerikanischen Bürgerkrieg und Nathan Bedford Forrest verwickelt und damit milde gestimmt hatte. In dem Geschreibsel fand sich sogar ein Hinweis auf ein Buch über den General und die Männer aus Ford County, die mit ihm gekämpft hatten.
    Die Atlee-Söhne wurden in den Geschichten über ihren Vater kaum er-wähnt. Man konnte nicht über den einen schreiben, ohne auch den anderen zu erwähnen, und die meisten Leute in Clanton versuchten nach Kräften, das Thema Forrest zu umgehen. Es war auf schmerzliche Weise offensichtlich, dass die Söhne im Leben ihres Vaters kaum eine Rolle gespielt hatten.
    Dabei hätte das auch anders sein können, dachte Ray. Der Richter hatte den Kontakt zu ihnen schon früh auf das Nötigste reduziert, nicht etwa umgekehrt. Dieser wunderbare alte Mann, der so vielen Menschen so viel gegeben hatte, hatte für seine eigene Familie fast keine Zeit gehabt.
    Die Artikel und Fotos machten ihn traurig, und das war frustrierend, denn er hatte keine Lust, an diesem Freitag traurig zu sein. Er hatte sich ganz gut im Griff gehabt, seit er die Leiche seines Vaters vor fünf Tagen gefunden hatte. In Momenten der Trauer und des Kummers hatte er tief in seinem Inneren die Stärke gefunden, die Zähne zusammenzubeißen und durchzuhalten, statt zusammenzubrechen. Die Zeit und die Rückkehr aus Clanton hatten enorm geholfen, doch jetzt stiegen plötzlich scheinbar aus dem Nichts die schmerzlichsten Erinnerungen auf.
    Die Briefe hatte Harry Rex aus dem

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