Der Richter
dünn, den Kopf voller grauer Haare, die zu-rückgegelt waren, dunkle Augen wie ein Grieche oder so, Typ Gebraucht-wagenhändler, spitze Stiefel.«
Ray schüttelte den Kopf. Er hatte keine Ahnung, wer das sein sollte.
»Warum haben Sie ihn nicht einfach erschossen?«, fragte
»Weil ich ihn für einen Kunden gehalten habe.«
»Seit wann sind Sie nett zu Kunden?«
»Kaufen Sie die Bonanza?«
»Nein. Ich träume nur davon.«
Fog kam zurück, sie beglückwünschten sich zu ihrem grandlosen Fluger-lebnis und vereinbarten, den Ausflug bald zu wiederholen. Das Übliche.
Auf dem Heimweg beobachtete Ray jeden Wagen und jedes Abbiegema-növer.
Sie waren ihm auf den Fersen.
19
Eine Woche verging. Eine Woche, in der keine Beamten d«es FBI oder des Finanzministeriums an Rays Tür klopften, ihm Ausweise unter die Nase hielten und Fragen nach markiertem Geld stellten, das in Atlantic City auf-getaucht sei. Eine Woche, in der sich weder Dolph noch ein anderer Verfolger sehen ließ. Eine völlig normale Woche, in der Ray jeden Morgen joggen ging und anschließend Jura lehrte.
Er flog dreimal mit der Bonanza, jedes Mal eine Flugstunde mit Fog neben sich, und bezahlte sofort in bar » Beim Spielen gewonnen «, sagte er mit einem Grinsen auf den Lippen, und das war nicht einmal gelogen. Fog brannte darauf, erneut nach Atlantic City zu fliegen, um seine Verluste wieder hereinzuholen. Eigentlich hatte Ray keine Lust, aber die Idee war nicht schlecht. Auf diese Weise konnte er dann behaupten, er habe wieder eine Glückssträhne gehabt, und seine Flugstunden weiterhin in bar bezahlen.
Das Geld war jetzt in 37 F. 14 B war immer noch an Ray Atlee vermietet und enthielt immer noch die alten Kleidungsstücke und billigen Möbel, 37
F dagegen lief auf den Namen »NDY Ventures« - Ray hatte die »Firma«
nach seinen drei Fluglehrern genannt. Auf keinem der Formulare für 37 F
stand sein Name. Er hatte das Lagerabteil für drei Monate gemietet und bar bezahlt.
»Ich möchte, dass Sie das vertraulich behandeln«, hatte er zu Mrs. Chaney gesagt.
»Bei uns wird alles vertraulich behandelt. Wir haben hier alle möglichen Kunden.« Sie warf ihm einen verschwörerischen Blick zu, als wollte sie sagen: »Mir ist egal, was Sie zu verbergen haben. Hauptsache, Sie zahlen.«
Er hatte die Kartons mit dem Geld zu Fuß und einen nach dem anderen in 37 F geschleppt, nachts, im Schutz der Dunkelheit und unter den Augen eines Sicherheitsbeamten, der ihm aus einiger Entfernung dabei zusah. Das Lagerabteil 37 F war genauso groß wie 14 B, und als die sechs Kartons sicher verstaut waren, hatte Ray sich wieder einmal geschworen, das Geld einfach liegen zu lassen und nicht jeden Tag danach zu sehen. Er hätte nie gedacht, dass es so mühsam sein würde, drei Millionen Dollar durch die Gegend zu schleppen.
Harry Rex hatte nicht angerufen, nur per Kurier ein weiteres Päckchen mit Beileidsbriefen und Ähnlichem geschickt. Ray sah sich gezwungen, sämtliche Briefe zu lesen oder zumindest zu überfliegen, nur für den Fall, dass eine weitere rätselhafte Mitteilung gekommen war. Er fand jedoch keine.
Die Semesterprüfungen kamen und gingen, und nach den Abschlussexamen, als die Sommerferien begannen, wurde es still an der juristischen Fakultät. Ray verabschiedete sich von all seinen Studenten, außer Kaley, die ihm nach ihrer letzten Prüfung mitteilte, sie bleibe den Sommer über in Charlottesville. Sie wollte noch immer, dass sie miteinander ausgingen, bevor sie ihr Abschlusszeugnis bekam. Nur, weil es verboten war.
»Wir warten, bis Sie keine Studentin mehr sind«, sagte Ray, der sich nicht erweichen ließ, aber am liebsten nachgegeben hätte. Sie standen bei geöffneter Tür in seinem Büro.
»Das ist aber erst in sechs Tagen«, wandte sie ein.
» Stimmt. «
»Dann sollten wir wenigstens einen Tag festlegen.«
»Nein. Sie holen Ihr Abschlusszeugnis ab, und dann machen wir was aus.«
Als sie das Büro verließ, hatte sie immer noch den sehnsüchtigen Blick in den Augen, den er schon beim Hereinkommen bemerkt hatte, und Ray ahnte, dass er wegen ihr noch Ärger bekommen würde. Carl Mirk erwischte ihn dabei, wie er ihr nachsah, während sie in ihrer engen Jeans den Korridor hinunterging. »Nicht schlecht«, sagte er.
Ray war es etwas peinlich, aber er wandte den Blick nicht von ihr ab.
»Sie ist hinter mir her«, sagte er dann.
»Da bist du nicht der Einzige. Sei vorsichtig.«
Sie standen im Flur neben der Tür zu Rays Büro. Carl gab ihm
Weitere Kostenlose Bücher