Der Ring
Grund hatten, zur Erde zu kommen – wahrscheinlich Geld. Ich weiß, Sie haben die Schulung und die richtigen Pläne. Und jetzt kommen Sie und lassen mich mitmachen. Richtig?“
„Das haben Sie alles geschlußfolgert, Mister Bladderwart?“ sagte Jeff mit sanfter Ironie. Er fuhr gut, also war er clever. Er war hier, also würde er seine Pläne offenlegen. Ganz einfach.
Flachkopf kam wieder. Seine blassen Lippen klebten an einer Limonadenröhre. „Komm mal her und zeig’s Flont“, sagte Ed zu ihm.
Flachkopf kam, zog sein T-Shirt hoch, legte die primitive Halfterscheide bloß, die er unter der Achselhöhle trug. Er tat dies alles, ohne den Mund von der Erfrischung zu nehmen. Er zog an dem Griff, der aus der Scheide ragte, und brachte fast fünfzehn Zentimeter feinpolierten, spitzen Stahl zum Vorschein.
Jeff besah sich die Klinge. „Sehr hübsch“, sagte er, und Flachkopf blieb vor Freude der Mund offenstehen, weil ihm der Tonfall entging.
„Sie kriegen mit, wie das hier ist, Flont?“ sagte Ed. „Wir sind hier alle wie eine Familie. Hoch oder runter, Weltraum oder Ausguß, so ist das hier ungefähr.“
„Ich sehe, wie das hier ist“, sagte Jeff. Er war sicher, daß er mit dem schwachsinnigen Flachkopf fertig wurde. Sie schienen zu denken, als Ringträger müsse man ganz tief gesunken sein, und so einer sei dann für grobschlächtige Drohungen zugänglich.
Ed machte eine Handbewegung mit der Flasche. „Wir sitzen alle in einem Boot, wir alle vier. Gerade die richtige Zahl, was?“
„Wofür die richtige Zahl?“
„Sie, ich, Annie, Flachkopf – das sind doch vier, oder? Vier bringt Glück.“
„Vier-vier-vier“, wiederholte Flachkopf fröhlich.
„Glück?“
„Kommen Sie, kommen Sie, Flont.“ Ed stellte seine Flasche auf den Kopf und arbeitete mit dem Mund daran. Er setzte sie ab und betrachtete bedauernd ihren zusehends trockeneren Zustand. „Sogar einer, der nicht von der Erde ist, so wie Sie, kennt das Gesetz von uns Gunnardorfern. Einer scheißt Sie an, Sie schnappen sich ihn. Er tut Ihnen ‘nen Gefallen, Sie bezahlen ihn. Und keiner schreit nach den Bullen.“
„Und Sie meinen, ich schulde Ihnen etwas? Sie glauben, ich sei imstande, zu ‚zahlen’?“
Ed stand von dem Stuhl auf, latschte zum Ausguß und ließ die Flasche in einen Karton fallen, der vor Abfall überquoll. Er nahm sich eine neue Viertelflasche, öffnete sie und kam zurück, während er geräuschvoll daran nuckelte. Er leerte sie in einigen langen Zügen. Jeff versuchte, sich seine Verblüffung nicht anmerken zu lassen.
Ed ließ sich wieder auf den Stuhl fallen.
Jeff hatte seine erste Flasche halb geleert, und schon hatte er ein leichtes Gefühl im Kopf. Er schätzte, daß das Zeug gute acht bis zehn Prozent Alkohol enthielt: außergewöhnlich stark für frei käufliches „Bier“. Doch Ed schien von seiner Wirkung unberührt.
„Wir Gunnardorfer erinnern uns gut an Sachen, die nach Geld riechen. Vor Jahren, als ich bloß’n Rumtreiber war, der Schrott ranschleppte, da hab’ ich ‘n vierrädrigen Laster gefahren, das einzige, was ich mir leisten konnte. Dann sind die Klasse-Einräder billig genug geworden, und ich war wirklich scharf drauf. Ich hab’ mir was angelesen, alles, was ich kriegen konnte. So bin ich zum Verwertungsgeschäft gekommen – gibt sonst einfach keinen, der’n lebenden Kreisel auseinandernehmen und am Leben bleiben kann. Nicht, daß ich’s etwa ohne Erlaubnis von der Firma mache.“
„Natürlich“, stimmte Jeff trocken zu. Eine solche Erlaubnis wurde Einzelpersonen grundsätzlich nicht erteilt.
„Man muß nämlich wissen, wie man sich um die ganzen Sprengladungen rumarbeitet. So kommt’s, daß ich mich zurückerinnere, als die Firma nicht die Allgemeine Kreiselmotoren GmbH war, sondern Flont &McKissic. Dann hat Flont seinen Partner über’s Ohr gehauen und ist nach Alpha IV kutschiert worden. Hab’ mir schon gedacht, daß ich den Namen kenne; diesmal bin ich sichergegangen.“
„Er ist hereingelegt worden“, sagte Jeff.
„Natürlich“, sagte Ed in genau dem gleichen Ton wie Jeff einen Moment vorher. „Scheint mir, daß er einen Jungen hatte. Muß ungefähr in Ihrem Alter sein.“
Jeff sagte nichts. Kleiderschrank Ed schien doch zu wissen, was er tat.
„Flachkopf, geh raus und mach’ dich an die Arbeit. Ich komm’ auch gleich raus.“
Flachkopf nahm seine leere Limonadenröhre und ging hinaus. Als er die Tür fast erreicht hatte, blies er die Röhre auf, kniff die
Weitere Kostenlose Bücher