Der Ring Der Jaegerin
Dann näherten wir uns dem Aperitif und der Speisekarte. Da ich nicht mit der Tür ins Haus fallen wollte, bestellten wir erst einmal in Ruhe, nippten an unseren Gläsern und naschten von dem frischen Weißbrot mit Kräuterbutter.
»Abgesehen davon, dass es mir natürlich Freude bereitet, mit Ihnen essen zu gehen, Frau Leyden, würde ich doch ganz gerne wissen, warum Sie um dieses Gespräch gebeten haben.«
»Wie resistent sind Sie auf nüchternen Magen, Herr Mergelstein? Ich halte nämlich einen ziemlichen Schock für Sie bereit.«
»Seit meine Frau mir vor drei Monaten am Telefon lapidar erklärt hat, dass sie die Scheidung eingereicht hat, kann ich, glaube ich, eine ganze Menge vertragen.«
Aber dann war er doch lange Zeit sprachlos, als ich mit meinem Bericht fertig war. Selbst der vielbeschäftigte Kellner kam verunsichert an unseren Tisch und fragte, ob mit dem ausgesprochen köstlichen Carpaccio etwas nicht in Ordnung sei. Ich übernahm es, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.
»Ihre Entdeckungen sind vermutlich belastbar, Frau Leyden.«
Eine Feststellung, keine Frage, ich beantwortete sie trotzdem: »Ja, Herr Mergelstein, sehr.«
»Und ich sollte besser nicht fragen, wie Sie an die Informationen gekommen sind.«
Auch das war keine Frage. Ich schwieg dazu.
»Ich sollte in der Richtung jetzt etwas unternehmen.«
»Sie sollten wenigstens einen Happen essen, sonst fängt der Ober gleich an zu weinen.«
Schweigend aßen wir unsere Teller leer. Wir schwiegen auch bei der ausgezeichneten Pasta. Erst beim Espresso tauchte Mergelstein wieder aus seinen Gedanken auf. Sein Gesicht, das ich in den letzten Monaten immer nur vergrämt und sorgenvoll kannte, strahlte geradezu eine stählerne Härte aus.
»Ich brauche eine testierte Vorbilanz von HeiDi. Schließlich müssen wir den Laden in unserem Jahresabschluss im März konsolidieren. Die Wirtschaftsprüfer, die bei uns gerade die Auslandsbeteiligungen bearbeiten, können das übernehmen. Meine Kollegen brauche ich damit nicht zu belästigen. Es wird vermutlich Daten geben, die die Prüfer ein wenig genauer untersuchen sollen?«
»Sie werden am Montag einen Umschlag in Ihrer Schreibtischschublade finden.«
Er nickte, und ich spürte eine neue Hoffnung in ihm.
»Noch einen Cognac zum Abschluss, Frau Leyden?«
»Nein, danke. Besser nicht. Ich will gleich noch zum Sport, da bekommt mir das nicht. Es wird außerdem Zeit für mich«, stellte ich mit einem erstaunten Blick auf die Uhr fest. Die schweigende Unterhaltung zwischen uns hatte ganz schön lange gedauert. Als ich nach meinem Geldbeutel zu kramen begann – typisch Weib, natürlich ganz zuunterst in der Tasche –, winkte er ab.
»Das ist ja wohl das Mindeste, was ich als Dank dafür tun kann, dass Sie meinen Kopf gerettet haben, Frau Leyden.« Er sah richtig spitzbübisch dabei aus. Dann, als wir an meinem Auto standen, machte er mir noch einen attraktiven Vorschlag. »Wenn die Sache gelaufen ist, werde ich dafür sorgen, dass Ihr Name in der richtigen Form dabei fällt, Frau Leyden. Ich bin mir sicher, Ihrer zukünftigen Karriere bei uns steht dann nichts mehr im Weg.«
Das war zu schön, um wahr zu sein. Einen kleinen Moment war ich versucht, angemessen zögernd vor Freude zu strahlen, doch in diesem Augenblick fing sich das Sonnenlicht im Rückspiegel meines Wagens, und wie eine Stichflamme blendete es mich.
Dem sechsten Siegel opferst Du
die Ehre, den Erfolg, die Macht.
»Nein, Herr Mergelstein. Es gibt gute, sehr persönliche Gründe, weshalb ich es vorziehen würde, anonym zu bleiben. Bitte respektieren Sie das ohne zu fragen.«
»Ich respektiere Sie sehr, Frau Leyden. Wir sehen uns dann am Montag wieder. Ich danke Ihnen für Ihre Begleitung.«
»Ein schönes Wochenende, Herr Mergelstein.«
Ich tobte mich heftig aus im ersten Kurs. Alan war noch nicht da, und Liane hatte eine neue Musikzusammenstellung, die teuflisch anzog. Darum kam ich auch mit tropfendem Zopf aus dem Aerobic-Raum, aber die Anspannung war zum Glück jetzt gewichen.
»Hallo, Kathy, hübsch feucht hinter den Ohren.«
»Alan, ich hab dich nicht gesehen. Stark, hast du einen neuen Body?«
»Man tut, was man kann, um das Publikum bei Laune zu halten. Eine neue Lieferung ist heute gekommen. Für dich sind auch ein paar nette Sachen dabei. Hat ansonsten alles geklappt bei dir?«
»Ja.«
»Du hattest recht. Ich habe auch etwas gefunden. Sprechen wir heute Abend drüber. Jetzt muss ich euch Mädels zum Schwitzen
Weitere Kostenlose Bücher