Der Ring Der Jaegerin
am Pförtner vorbeizukommen und die ganzen automatischen Kontrollen an den Türen zu passieren. Mir hatte sie einen Blanko-Ausweis stibitzt, ich fragte sie nicht, woher.
Die Mitarbeiter waren bereits alle in den frühen Feierabend entfleucht, nur der Operator im Rechenzentrum war noch anwesend, weil Gerti von wichtigen Ausdrucken und Abfragen gejammert hatte, die sie unbedingt noch für Schrader erledigen sollte. Das sei nichts Ungewöhnliches, beruhigte sie mich, das sei schon oft genug vorgekommen. Wir fanden also einen Arbeitsplatz in einem der stillen Büros, und Gerti meldete sich mit ihrer Berechtigung im Netzwerk an. Weiter kam sie dann nicht. Sie rückte zur Seite, und ich versuchte mein Glück. Es war ein Spiel von Versuch und Irrtum, vor allem bei den durch Passwort geschützten Einstiegen. Aber da gab es natürlich Tricks.
»Du hast deinen Beruf verfehlt, Katharina, als Hacker bist du unübertroffen«, murmelte Gerti ehrfurchtsvoll, als ich in der Datenbank der Patientendaten gelandet war. »Könntest du das bitte mal bei meiner Bank machen?«
Ich lächelte nur und machte eine einfache Abfrage auf Operationstermine. Dann schränkte ich das Gewimmel ein auf Transplantationen, was nicht ganz einfach war, weil einige kryptische Kürzel zu entziffern waren, aber anhand der Daten von Seghersdorf fand ich es dann doch heraus. Ich speicherte die Informationen auf dem Stick ab, und als Nächstes stiegen wir in die Buchhaltung ein, wo ich durch einen glücklichen Zufall gleich die richtigen Umsatzkonten erwischte. Die Buchhalterin war wirklich sehr sorgfältig, sie hatte als Buchungstext die Namen angegeben. Etliche Dateien kopierte ich herunter. Und dann arbeitete ich mich zur Sicherheit noch mal durch die Lagerbestände und Lieferscheine und produzierte eine Aufstellung nach Datum und Empfänger.
Niemand hatte uns gestört, die Gänge des Bürohauses lagen still im nächtlichen Dunkel, so dass unsere Schritte empörend laut durch die Räume hallten. Gerti trug eine dienstlich wirkende Aktentasche unter dem Arm und wünschte dem Mann vom Wachdienst einen schönen Abend, ich trug mich ordnungsgemäß als Besucherin Birgit Katz aus. Vor dem Werksgelände wartete Alan in seinem Wagen, er hatte zum Glück nicht in Aktion treten müssen, um eine seiner gekonnten Fluchtfahrten durchzuführen. Er fuhr jetzt langsam hinter uns her zu meiner Wohnung. Gerti und ich schwiegen, die Anspannung der letzten Stunden mussten wir beide still für uns verarbeiten.
Nach zwei weiteren Stunden hatten wir zu dritt die Ausbeute gesichtet. Gertis Kenntnis der firmeninternen Kürzel halfen bei der Interpretation der Daten, ich durchforstete Lieferscheineinträge und Umsatzbuchungen, fand mindestens zehn eindeutige Zahlungen, denen keine Lieferung entsprach, und noch mehr zweifelhafte. Auf den absoluten Knüller aber stieß Alan, der erkannte, dass zwischen den Zahlungen und den Honoraren eines bestimmten Arztes Übereinstimmungen bestanden.
»Klar, das ist der Spezialist für Organverpflanzungen, da hätte ich auch draufkommen können«, stöhnte Gerti auf. »Was für ein Material!«
»Das kannst du wohl sagen. Ihr beiden Ladys seid schon ein wahnsinniges Team. Was wollt ihr jetzt damit machen?«
Alan reckte sich und schubste dabei Pfötchen fast vom Kissen, die sich an seiner Seite zusammengerollt hatte.
»Anzeige erstatten.«
»Und, Gerti, wie möchtest du begründen, wie du an das Belastungsmaterial gekommen bist?«
Gerti rieb sich die Augen, verschmierte die Wimperntusche und zuckte bedauernd die Schultern.
»Das kann doch nicht alles umsonst gewesen sein, Katharina?«
»Nein, bestimmt nicht, dazu bin ich viel zu zornig über diese Machenschaften. Aber wir trinken jetzt erst mal ein Glas Wein, dann überlegen wir weiter.«
»Gute Idee.«
Alan verschwand in meiner Küche, Pfötchen schoss hinterher und jammerte nach einem Teller Knusperpfötchen.
»Hier, Majestät, dein Knabberkram. Hey, hör auf, mich vollzufusseln, Pfötchen. Das ist doch kein Grund, mich umzuwerfen!«, hörte ich ihn protestieren, dann ploppte der Korken, und mit der Frage: »Wie weit ist eigentlich der Verkauf von HeiDi abgeschlossen?«, trat Alan mit der Flasche in der Hand wieder ins Zimmer.
»Zum ersten März soll das Eigentum übergehen.«
»Ich habe wenig Ahnung, was bei solchen großen Transaktionen alles laufen muss. Aber als ich damals das Studio übernommen habe, hat mir mein Berater nahegelegt, eine Buchprüfung machen zu lassen. Das war
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