Der Ring Der Jaegerin
bringen.«
»Nur zu, Mann. Streng dich an!«, kicherte ich und sicherte mir einen Platz in der ersten Reihe. Den machte mir inzwischen keiner mehr streitig.
Ich war ziemlich fertig, als wir gegen sechs aus dem Studio kamen. Nicht nur, dass ich zwei heftige Aerobic-Stunden mitgemacht hatte, nein, wir hatten unsere Show noch einmal geprobt, und dann durfte Luigi mich noch ein paar Mal kunstgerecht würgen, schlagen und mit einem Gummimesser pieken. Die Kalorien des Mittagessens waren damit sauber abgearbeitet. Ich fuhr hinter Alan her, neugierig, was er wohl bei Malte gefunden hatte.
Ein Brief war es, wie ich es vermutete. Oder besser, zwei Briefe. Der erste war ein Abschiedsbrief, der besagte, dass er, Malte, erfahren habe, todkrank zu sein, nur noch wenige Wochen leben würde und es daher vorgezogen habe, freiwillig aus diesem Leben zu scheiden. Den Sprung von einer Brücke in den Strom wollte er wählen. Sein Testament sei bei seinem Anwalt hinterlegt.
»Gut eingefädelt. Wird schwierig sein, seine Leiche zu finden, und selbst wenn, unmöglich, sie zu identifizieren.«
»Mhm, da ist der zweite Brief.«
Lieber Alan,
Deine Kathy wird Dir sagen können, wo ich bin. Ich sah es ihrer Nasenspitze an, dass sie es schon wusste, als sie mir den Ring übergab. Ich habe in dieser Welt nichts mehr verloren, bin alt und müde geworden und vermisse meinen Freund Algorab. Seine großherzige Gabe ermöglicht es mir, in Frieden aus dieser Welt zu gehen und die letzten Jahre meines Lebens unter den Geschöpfen zu verbringen, die ich immer als die weisesten, liebevollsten und ehrlichsten Wesen geschätzt habe.
Ich gehe an einem schwierigen Tag, Katharina wird es wissen. Die Zeit drängt jedoch, und ich möchte Algorab nicht zu lange auf seinen Ring warten lassen. Die Macht dieses Ringes schwindet langsam, aber ich gehe ohne Angst.
Lebe wohl, Alan. Ich wünsche Dir alles Glück der Welt. Du erbst den Laden und alles, was er enthält. Und wenn Dir eines Tages eine graue Katze zuläuft, gib ihr in Erinnerung an mich ein Schälchen warme Sahne.
Dein glücklicher Onkel Malte.
P.S. Verliere Deine Träume nie.
»Ich hoffe, er ist gut hinübergekommen, Alan. Der Weg bei Neumond ist nicht schön. Aber er ging mit Hoffnung.«
»Manchmal, Katharina, ist es ein bisschen schwer für mich, mit all dem fertigzuwerden. Bist du sicher, dass er wirklich nach Trefélin gegangen ist, oder ist alles das nur eine gewaltige Einbildung?«
»Wenn ich nicht selbst dort gewesen wäre, Liebster, würde ich deinen Zweifeln beipflichten. Aber es gibt das Land. Lies sein Buch, ich denke, es ist die Geschichte Trefélins. Und wenn mich nicht alles täuscht, werde ich Malte in weniger als zwei Wochen wiedersehen.«
»Ich habe Angst, dich gehen zu lassen, Katharina.«
»Das letzte Mal hast du mich sogar hingeschickt.«
»Ja, da war die Bedrohung hier groß, und ich war in einem ganz seltsamen Geisteszustand. Aber jetzt bin ich viel realistischer. Ich möchte dich lieber hier haben, ich habe Angst um dich.«
»Ja, Alan. Aber ich glaube, du wirst noch oft Angst um mich haben, denn es scheint, dass ich Dinge tun muss, die getan werden müssen. Manchmal habe ich den Eindruck, es gar nicht selbst bestimmen zu können. Aber ich kann mich auch nicht dagegen wehren. Halte mich nicht, wenn ich mein Schicksal erfüllen muss, Alan. Aber bleib mein Freund.« Ich sah ihn an und suchte Bestätigung in seinen Augen. Und fand nur Trauer. »Alan, ich weiß, ich rede schwülstiges Zeug. Aber anders geht es nicht.«
Ich bemerkte einen feinen Wandel in seinen Gefühlen mir gegenüber. Was ich einerseits auch verstehen konnte. Hatte nicht auch ich – in der Laube bei Amun Hab – mit Panik auf die plötzliche Erkenntnis des Unmöglichen reagiert? Es gab da wenig, was man machen konnte. Er musste sich selbst hindurcharbeiten. Seine nächsten Worte gaben mir etwas Mut.
»Du magst recht haben, Katharina. Gib mir etwas Zeit, damit fertigzuwerden. Ich gehe jetzt zur Polizei und zeige den Selbstmord von Malte an, damit alles seine Richtigkeit hat. Sei mir nicht böse, wenn ich heute Abend mal alleine sein möchte.«
»Nein, doch. Egal, wir sehen uns morgen Mittag im Fit&Fun. Tschüs!«
Ich sinnierte vor mich hin: »Sei ehrlich zu dir, Katharina, es ist schwer, selbst wenn jemand aufgeschlossen für Träume ist. Nicht nur du bist in den Strudel eines chaotischen Treibens geraten, das alles in deinem Leben aus den Fugen gehoben hat!« Meine Anpassung war inzwischen schon
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