Der Ring Der Jaegerin
machen, Alan? Die Duschszene?« Sven tupfte sich die feuchte Stirn mit seinem Handtuch ab.
»Zu wild, etwas Langsameres würde besser passen.«
»Die Erinnerungsszene, du weißt, ›Georgia on my mind‹ vom letzten Jahr. Oldies kommen immer gut.«
»Luigi, ich kann die Schnulze nicht mehr hören. Aber die Idee ist gut. Wir haben unsere Rapunzel – sag mal, wir haben dich noch gar nicht nach deinem Namen gefragt, so wild waren wir darauf, dich einzufangen. Entschuldige bitte.«
»Ach, Rapunzel gefällt mir.« Ich war zum Flirten aufgelegt, wirklich!
»Ich weiß es aber, Jeany hat es mir gesagt!«, warf Mario ein. »Katharina, nicht Kathy!«
»Bäääh!« Ich streckte ihm die Zunge heraus.
»Zum Thema! Nach der Tanzeinlage können wir Ka-tha-ri-na – nicht Kathy – mit vornehmen, und du verabschiedest dich von ihr, so mit sehnsuchtsvollem Winken, und gehst zu Bett.«
»Gut, aber nicht die Georgia.«
»Was ist mit ›When a man loves a woman‹?«
»Abgedroschen. Obwohl, so ein Blues ist schon in Ordnung.«
Ich hörte fasziniert zu, wie sie fachsimpelten. Ein bekanntes Stück sollte es sein, damit das Publikum mitging, der Text musste einigermaßen passen, möglichst viele Bässe, weil das in den Bauch ging, und sexy musste es auf alle Fälle sein. Aber bislang konnten sie sich nicht einigen.
»Du sitzt da so schweigend und unproduktiv, Katharina.«
»Ich lausche euren Gedankengängen, Alan. Ich finde das hochinteressant, wie ihr das aufbaut.«
»Mh! Sonst tue ich mich nicht so schwer mit der Musik. Hast du vielleicht einen Vorschlag, Katharina?«
Und leider ganz spontan entwischte mir ein Uralttitel, den ich lieber nicht mehr hören wollte.
»Samba Pa Ti!«
»Das isses! Hey, Alan, das ist super.« Luigi war schon aufgesprungen und wühlte in den CD s herum.
Samba Pa Ti war das Stück, zu dem mich Charly damals rumgekriegt hatte, nach reichlich Alkohol und Siegesfeier. Oh, Katzendreck! Daran wollte ich doch nicht mehr erinnert werden. Und da erklangen auch schon die ersten Gitarrenklänge zusammen mit diesen hintergründigen Percussions. Mein Magen wurde ganz klein, und meine Kehle zog sich zu.
»Katharina, was ist? Du siehst so unglücklich aus.«
Ich musste zweimal ansetzen, bis ich antworten konnte. »Dieses verdammte Stück ist bei mir negativ belegt.«
»O je. Dann sollten wir daran arbeiten. Sorry, ich will dich nicht verspotten.«
Er hielt meinen Arm fest, als ich aufstehen wollte. Zog mich auf die Fläche vor dem Spiegel und begann zu tanzen. Ich würgte noch immer an den Tränen, die mir diese dämliche E-Gitarre verursachte. Aber ich folgte seinen Schritten. Langsam zuerst, fast willenlos hing ich in seinem Arm. Es war kein komplizierter Tanz, nur ein rhythmisches Bewegen. Er ließ mich los, ließ mich an seinem ausgestreckten Arm eine Solodrehung machen, fing mich wieder ein, und ein bisschen löste sich die Traurigkeit. Mein Rücken wurde weicher, bog sich nachgiebiger nach hinten, meine Beine waren keine hölzernen Stecken mehr, sondern fanden das Gleiten wieder. Das Stück war zu Ende und begann von vorne. Irgendjemand hatte die Hauptbeleuchtung ausgemacht, und nur noch die Lampe über der Anlage verbreitete ein gelbliches Licht. Wir waren alleine. Und dieser warme Klang füllte meine Glieder mit Weichheit und Süße. Ich lehnte mich an diese breite Brust, und die Bewegungen minimierten sich gewaltig. Ich spürte seinen Atem in meinen Haaren, seine Arme zogen mich fester an sich, und warum nicht, meine Finger stahlen sich ganz von alleine unter sein T-Shirt, wollten diese glatte Haut fühlen, dieses feste Fleisch. Sein Kuss kam nicht unerwartet und passte sich exakt den Tönen des neuen Anfangs an, langgezogen, verlangend, drückte mich zu Boden. Sein warmer Körper über mir, meine Nerven ohne schützende Hülle, offen auf der Haut. Und ich sehnte mich nach seinem Gewicht, seinen Berührungen. Ich sah in seine Augen und erkannte, dass es ihm ebenso erging. Darum schloss ich die Lider und sah in die Flammen.
Flammen waren um mich her, lodernde, gelbe, gefräßige Flammen. Sie leckten gierig nach mir, wollten mich verbrennen. Und in den Flammen sah ich Minnis blaue Augen anklagend aufglänzen, sah ihr zum Schrei geöffnetes Mäulchen und riss meine Augen wieder auf. Flammen, überall flackernde Flammen, rote, orange, gelbe Flammen griffen hungrig nach mir, und das Grauen nahm von mir Besitz. Ich machte mich los, schlug die Hände vor die Augen, doch nichts half. Weiter brannten
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