Der Ring Der Jaegerin
weiter zurückhaltend, aber als wir zu Samba Pa Ti kamen, meinte ich, wieder ein kleines Aufflackern des Verlangens bei ihm zu verspüren. Ich sah ihm fragend in die Augen, als er mich in dieser rückenbrechenden Schlussposition hielt. Er lächelte und gab mir einen kleinen, eher brüderlich zu nennenden Kuss auf die Nase.
Das war nicht viel. Sabina hatte es da besser, sie fand ich heftig knutschend in einer dunklen Ecke im Gang und übersah sie geflissentlich.
»Was machst du am Sonntag, Katharina?«, hörte ich Alan hinter mir fragen. Und der kleine Teufel gab mir ein zu sagen: »Ich gehe ins Varieté.«
»Dann viel Spaß dabei. Aber morgen Abend machst du mit, ja?«
»Klar!«
»Na, dann ab in die Falle, damit du hübsch ausgeruht aussiehst. Und vielleicht solltest du deiner atemberaubenden Cousine mal einen Tipp geben. Luigi ist kein Spielzeug für frustrierte Models.«
Das fand ich zwar auch, aber irgendwie erschienen mir seine Worte als unerlaubte Einmischung in fremde Angelegenheiten.
»Er wird sich zu wehren wissen. Bis dann!«
Unser Auftritt war ein Erfolg, und diesmal hatte ich auch nicht mehr dieses völlig lähmende Lampenfieber, sondern nur das notwendige Kribbeln im Bauch. Immerhin etwas, wenn ich auch das andere Kribbeln vermisste. Was mich wunderte, war, dass ich meine Szene mit Alan so gleichmütig absolvieren konnte. Als ob das Scheinwerferlicht mich mit einem Schutzschild gegen unerwünschte Gefühle versorgte.
Sabina, die im Publikum war, stürmte anschließend hinter die Bühne und gab ihrer Begeisterung laut Ausdruck. Wir feierten noch ein wenig, und es wurde fast vier Uhr, bis ich ins Bett kam. Alleine. Oder besser, nur mit Minni.
Ich wurde erst gegen Mittag wach und kredenzte Minni und mir ein spätes, aber umfangreiches Frühstück mit allem, was die Küche bot. Die Rühreier waren nicht ihr Lieblingsgericht, obwohl sie den Einsatz von Muskat lobte, das Scheibchen Räucherlachs war da schon genehmer. Meerrettich lehnte sie jedoch ab, aber das Löffelchen Kaviar war mit saurer Sahne in Ordnung. Nachdem ich noch ein bisschen aufgeräumt hatte, machte ich mich fertig, um mich mit Volkmar Schrader zu treffen.
Die Vorstellung sollte um acht beginnen, er wollte mich eine halbe Stunde vorher abholen. Ich zauberte mir wieder meinen französischen Zopf, der mit jedem Mal besser gelang, und streifte das goldene Kleid über. Fertig zum Verführen, dachte ich, als ich mich im Spiegel ansah.
Ich war in der Tat etwas voller geworden, was mir eigentlich ganz gut stand. Die Wangen hatten sich etwas gerundet, die Schultern sich verbreitert, und an den Beinen waren die Knie nicht mehr das Dickste. Ich hatte Waden und Oberschenkel entwickelt, richtig schön fest und muskulös. Der Bauch war flach, die Hüften weiterhin schmal. Aber auch mein Gesichtsausdruck war anders geworden, wie, konnte ich kaum definieren. Weicher? Nicht mehr so glatt? Nicht so unnahbar? Eher so, als wüsste ich um den Schmerz. Vielleicht auch traurig? Ja, Trauer war auf jeden Fall um die Augen.
»Du siehst in den Spiegel – erkennst du dich?«
Ich strich Minni über den Kopf. »Noch immer nicht, Minerva. Es scheint noch alles in der Schwebe zu sein. Wir sind noch nicht am Ende des Weges angelangt. Aber ich sollte nicht zu lange in den Spiegel schauen, damit ich nicht plötzlich Dinge sehe, die ich gar nicht sehen will. Bis später, Miezekatze.«
»Sag nicht Miezekatze zu mir, du dummes Huhn.«
Damit war der Ausflug in meine persönliche Mystik abrupt beendet, und ich stand mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Tatsachen, als Schrader vorfuhr. Ich ging ihm bis an die Haustür entgegen, und er geleitete mich in seine Limousine.
In tollen Autos wurde ich in der letzten Zeit chauffiert.
Er erzählte ungezwungen über die Silvesterveranstaltung, die er besucht hatte, die ganzen Promis, die sich dort lächerlich gemacht hatten, und das vorzügliche Essen, so dass ich ein durchaus aufrichtiges Bedauern äußern konnte, dass ich seiner Einladung nicht gefolgt war.
»Dafür sind Sie ja heute da, Katharina.«
Wir traten in das Foyer, er nahm mir den Mantel ab und starrte mich bewundernd an. Ich erhielt den ersten Handkuss an diesem Abend. Mitsamt einigen ausgesucht eleganten Komplimenten. Es tat gut, sich mal wieder in kultivierter Umgebung und kultivierter Begleitung zu befinden! Nicht immer nur in verschwitzten Trainingsklamotten.
Die Vorführungen waren glamourös, farbenprächtig, phantasievoll und heiter. Ich sah sie
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