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Der Ring der Kraft - Covenant 06

Der Ring der Kraft - Covenant 06

Titel: Der Ring der Kraft - Covenant 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Verächter hätte sie sich längst unterwerfen können, indem er ihr bloß gestattete, zur Ruhe zu kommen.
    Grimmiger Humor regte sich in Lindens Kehle. Fruchtbarkeit schien durch ihr Blut zu wallen und zu schäumen, gräßlich vor sich hin zu kichern. Lindens Sinne streckten verstohlen Finger nach Covenants latentem Feuer aus, als könne sie jeden Moment genug Mut aufbringen, um es für sich in Anspruch zu nehmen.
    Mit einer bewußten Aufbietung von Willenskraft zerrte Linden an der Schulter der Ersten. Die Riesin wandte den Kopf. »Auserwählte?« meinte sie leise durch das feuchte Murmeln der Fluten.
    »Schlag mich, wenn ich zu lachen anfange!« flüsterte Linden, damit Covenant sie nicht hören konnte. »Drück mich unter Wasser, bis ich aufhöre!« Die Erste widmete ihr einen durchdringenden Blick der Verständnislosigkeit. Dann nickte sie.
    Linden biß gegen den Wahnsinn die Zähne zusammen und hielt ihn irgendwie in Schach.
    Die Sonne erreichte ihre mittägliche Höhe und überschritt sie. Aus der beschränkten Perspektive des Wasserspiegels blieb Lindens Ausblick nach vorn begrenzt. Der Seelentrostfluß schien keine Zukunft zu haben. Man hätte glauben können, es gäbe in der Welt nichts mehr außer gemarterter Vegetation und Verzweiflung. Linden hätte dazu imstande sein sollen, all das zu heilen. Sie war Ärztin. Aber sie konnte es nicht. Sie besaß keine Macht.
    Doch dann veränderte sich übergangslos die Landschaft, durch die die Gefährten schwammen. Hinter einer Linie, die so auffällig war wie ein quer durchs Terrain gezogener Strich, endete das enthemmte Wachstum der Pflanzen; und zu beiden Seiten des Seelentrostflusses zeigten sich natürlich beschaffene Wälder. Die schockartige Plötzlichkeit, mit der Lindens Sinne den Wechsel feststellten, verriet ihr, um was es sich handelte. Sie hatte diese Gegend schon einmal gesehen, als nichts sie darauf vorbereitet gehabt hatte. Selbst aus einigem Abstand strömten die Eindrücke wie ein Destillat von allem Vitrim und Diamondraught auf sie ein, wie ein Heilmittel gegen alle Finsternis.
    Die Erste gab Covenant einen Schubs, wies mit dem Kinn voraus. Covenant trat Wasser, richtete sich in der Strömung hoch auf. »Andelain!« tönte sein Schrei durch die Luft. Als er ins Wasser zurücksackte, begann er die Fluten wie ein übermütiger Junge zu zerteilen, verspritzte Stränge aus Gischt über den Seelentrostfluß, die in der Sonne glitzerten.
    Andelain , wiederholte Linden lautlos, als könne sie sich durch das Aufsagen des Namens hinlänglich rein machen, um die Hügel jenes Landstrichs betreten zu dürfen. Andelain . Trotz all dessen, was sie fürchten mußte, stieg in ihr neue Hoffnung auf. Andelain. Lebhaft und schnell eilte der Seelentrostfluß zwischen seinen Ufern dem Reich des Forsthüters entgegen, der letzten Bastion des Gesetzes.
    Indem sich die Gefährten der Grenzlinie näherten, konnte Linden sie immer deutlicher erkennen. Auf dieser Seite wucherten zermarterte Büsche und Farnkräuter, durchs eigene Übergewicht zerknickte Mimosen und Zederzypressen, grotesk wie ein Tanz von Dämonen, wild durcheinander; ihr wüster Geilwuchs endete wie an einer Mauer; auf der anderen Seite erstreckte sich Gras, üppig wie im Frühling und übersät mit Pfingstrosen, schön wie Musik, über anmutige Hänge hinauf zu stattlichen Pappeln und mit roten Früchten behangenen Holundersträuchern, die die Anhöhen krönten. An der Grenze zum Reich des Forsthüters mußte die stumme Pein weichen und den Aliantha Platz machen, und das Sonnenübel verschwand vom unverfälscht klaren Himmel.
    Während der Seelentrostfluß die Gefährten aus der Entstelltheit des Landes nach Andelain hineintrug, schienen Dankbarkeit, Frohsinn und Erleichterung rings um Linden die Welt zu erneuern. Als sie sich umschaute, konnte sie die grüne Aura des Sonnenübels nicht mehr sehen. Die Sonne stand mit lieblicher, gelber Wärme im Tiefblau des Himmels.
    Covenant deutete auf das südliche Ufer. Die Erste und Pechnase wandten sich in die gewiesene Richtung, kämpften sich schräg durch die Strömung. Covenant schwamm mit aller Kraft; und Linden folgte. Schon hatte sich das Wasser von gewöhnlicher, lediglich ungetrübter Sauberkeit zu kristallklarer Purheit gewandelt, wirkte so besonders erquicklich wie Tau. Und sobald Linden ihre Hände auf die reich mit Gras bewachsene Uferböschung stützte, um sich aus dem Fluß aufs Trockene zu stemmen, empfing sie eine ganz neuartige, erregende

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