Der Ring der Kraft - Covenant 06
Covenant und Linden nur, lächelten und sagten nichts. Dann räusperte sich Sunder. »Ich ersuche euch um Vergebung, da wir euch nicht länger begleiten werden.« Seine Stimme besaß einen besonderen Klang, den Linden noch nie von ihm gehört hatte, eine Andeutung von Feuer. »Du hast gesagt, Thomas Covenant, daß wir des Landes Zukunft seien. Es ist unser Wunsch geworden, hier die Zukunft des Landes zu entdecken. Und unseren Sohn das Licht der Welt in Andelain erblicken zu lassen. Ich weiß, daß du uns die Erfüllung unseres Begehrens nicht verweigern wirst. Doch wir hoffen, daß dieser Abschied dir nicht zum Kummer gereicht. Wir beklagen ihn nicht, wiewohl du uns wert und teuer bist. Das Schicksal der Erde liegt in deinen Händen. Deshalb hegen wir keine Furcht.«
Möglicherweise hätte er weitergesprochen; aber Covenant verhinderte es mit einer schroffen Gebärde und einem Stirnrunzeln rauher Zuneigung. »Soll das 'n Witz sein?« entgegnete er unterdrückt. »Ich bin es, der gewollt hat, daß ihr in Schwelgenstein bleibt. Ich hatte vor, euch zu bitten ...« Er seufzte, und sein Blick schweifte über die Hügel. »Verbringt hier soviel Zeit, wie ihr könnt«, sagte er leise. »Bleibt so lange wie möglich hier. Das ist was, das ich immer gern einmal getan hätte.« Seine Stimme verklang; aber Linden achtete nicht auf seine resignierte Traurigkeit. Sie starrte Sunder an. Die schwache, silberne Eigentümlichkeit seiner Aura war unverkennbar – und ließ sich doch nicht definieren. Sie entzog sich dem Tasten ihrer Sinne wie Wasser. Intuition kribbelte an Lindens Nerven entlang, und sie begann zu sprechen, ehe sie richtig wußte, was sie zu sagen beabsichtigte.
»Als Covenant das letzte Mal hier war, hat Caer-Caveral ihm den Standort des Einholzbaums mitgeteilt.« Jedes Wort verblüffte sie wie eine Andeutung von Enthüllungen. »Aber er hat's versteckt, als er's ihm eingab, so daß Covenant nicht von sich aus an es gelangen konnte. Deshalb mußte er sich der Willkür der Elohim ausliefern, ihnen in die Hände arbeiten.« Die bloße Erinnerung daran durchzog ihre Stimme mit einem Zittern des Zorns. »Es hätte gar nicht nötig sein müssen, daß wir die Elohim überhaupt aufsuchen. Warum hat Caer-Caveral ihm das Wissen geschenkt und gleichzeitig aus ihm ein solches Geheimnis gemacht?«
Sunder sah sie an. Er lächelte nicht mehr. Eine seltsame Eindringlichkeit erfüllte seinen Blick wie ein Gestrudel von Funken. »Werdet ihr nun nicht vom Ernannten der Elohim begleitet?« entgegnete er plötzlich. »Wie anders hätte es dazu kommen sollen?«
Die Fremdartigkeit des Tonfalls, dessen sich der Steinmeister bediente, versetzte Covenant schlagartig in gesteigerte Aufmerksamkeit. Linden spürte, wie er sich Rückschlüsse zu ziehen bemühte; Hoffnung loderte in ihm auf. »Bist du ...?« fragte er. »Ist es das? Bist du der neue Forsthüter?«
Statt zu antworten, schaute der Steinmeister Hollian an, überließ es ihr, zu erklären, was er war; sie erwiderte seinen Blick mit zärtlichem Lächeln. »Nein«, gab sie ruhig und freundlich Auskunft. Sie hatte eine Zeitlang unter den Toten geweilt und wirkte ihrer Sache sicher. »Aufgrund einer solchen Übertragung von Macht wäre das Gesetz, welchselbiges Caer-Caveral zu brechen trachtete, bewahrt worden. Dennoch sind wir nicht zur Gänze das, was wir zuvor waren. Wir werden tun, was wir vermögen, um Andelain Rückhalt zu geben – und für des Landes Zukunft.«
Fragen stauten sich in Linden. Sie suchte eine Bezeichnung für die Änderung, die sie wahrnahm. Aber schon meldete sich wieder Covenant zu Wort. »Das Gesetz des Lebens.« Seine Augen waren heiß und verhärmt auf das Steinhausener-Paar gerichtet. »Elena hat das Gesetz des Todes gebrochen ... die Barriere eingerissen, die verhinderte, daß Lebende und Tote einander erreichen konnten. Caer-Caveral hat nun das Gesetz gebrochen, das es den Toten unmöglich gemacht hat, ins Leben zurückzukehren.«
»So verhält's sich in der Tat«, bestätigte Hollian. »Doch selbige Rückkehr ist von brüchiger, unsicherer Natur. Wir werden durch die überlegene Erdkraft der Hügel Andelains in unserem Dasein bestärkt und ebenso auf gewisse Weise mit besonderen Eigenschaften versehen. Sollten wir jedoch diesen Landstrich verlassen, vermöchten wir inmitten der Lebenden nicht lang zu überdauern.«
Linden erkannte, daß sie die Wahrheit sprach. Der merkwürdige Glanz, durch den sich die Steinhausener auszeichneten, bestand aus der
Weitere Kostenlose Bücher