Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)
sich schlang.
Michael drehte sich zu ihr um. »Nein. Er ist Priester. Er kann niemanden verfluchen. Das können die Menschen nur sich selbst antun.«
»Warum gibst du ihm seinen Stab nicht zurück?«
»Weil es für uns alle besser ist, wenn er ihn nie wieder in die Finger bekommt. Seine Macht ist nur so wirkungsvoll wie sein Stab, und solange Daar nur ein dünnes Stöckchen hat, sind wir vor ihm sicher.«
»Sicher? Michael, was redest du da? Wovor hast du Angst?«
Er sagte nichts darauf und starrte sie nur mit seinen tiefen, unergründlichen grauen Augen an. Libby umfasste sich fester. Ihr war plötzlich übel. Michael trat vor, und Libby trat zurück. Er aber streckte die Arme aus und zog sie an sich, sein Kinn auf ihren Kopf stützend.
»Wir treffen ein Abkommen, Libby. Wenn du bereit bist, mir zu sagen, was dieser Frau und dem Jungen in Kalifornien passierte, werde ich dir verraten, warum Daar seine Macht nie wieder erlangen darf.«
»Das ist Erpressung«, murmelte sie an seiner Brust.
»Nein«, sagte er seufzend und zerdrückte sie beinahe. »So ist es eben. Geheimnisse haben keinen Raum zwischen uns, Libby. Solange es sie gibt, haben sie die Macht, uns zu verletzen.«
»Ich kann nicht … ich muss es mir überlegen.«
Seine Umarmung wurde fester. »Pst, schon gut. Ich habe Geduld.« Er zog sich zurück und sah lächelnd auf sie hinunter. »Aber hast du auch welche?«
»Vielleicht werde ich nicht warten, bis du mir deine Geheimnisse anvertraust«, sagte sie frech, bestrebt die Stimmung aufzulockern. »Ich habe die Absicht herauszufinden, wer mein Bett gemacht hat, und dann werde ich herausbekommen, was du und Greylen MacKeage zu verbergen habt. Vergiss nicht, dass ich Ärztin bin. Mediziner haben Übung im Zusammensetzen von Puzzleteilen.«
»Dann vergiss nicht, dein Puzzle um ein zusätzliches Teil zu ergänzen«, sagte er leise und tippte auf ihre Nasenspitze. »Warum brachte Mary den Stab dir und nicht mir oder Greylen?«
Mit diesen Worten küsste Michael sie fest auf den Mund, nahm seine Jacke vom Haken, ging durch die Tür hinaus – und schloss sie leise hinter sich.
Libby starrte den Vorhang an, der langsam zurückglitt, und fragte sich, ob ihre Verabredung für den Abend noch galt. Seufzend schaute sie auf und seufzte noch einmal, als ihr Blick auf die vielen Sterne fiel.
Sie hielten ihr Date ein und verbrachten in den nächsten zwei Wochen sehr viel Zeit miteinander. Libby, Michael, Robbie und John nahmen wie selbstverständlich die bequeme Gewohnheit an, allabendlich zusammen zu essen. Manchmal aß man in Libbys Haus, dann wiederum ging Libby zu den dreien und kochte.
Und immer blieb Michael nach dem Dinner, half ihr mit dem Geschirr und liebte sie, oder er begleitete sie nach Hause und liebte sie dann.
Libby hatte zwei Dinge an ihm entdeckt: Der Mann war wirklich romantisch, und er konnte ein Geheimnis für sich behalten, besser als das Pentagon.
Es war der Morgen des Thanksgiving-Tages, und sie war der Lösung der zwei Rätsel noch nicht näher gekommen. Sie wusste noch immer nicht, wer ihr Bett gemacht hatte, und, schlimmer noch, sie hatte keine Ahnung, was Michael vor ihr verheimlichte.
Und so ungern sie es sich eingestand, Daar hatte recht. Geheimnisse kosteten Energie, sowohl das Bewahren als auch das Verraten. In den letzten zwei Wochen war Libby fast verrückt geworden. Nur wenn sie beide im Bett lagen und sich der Liebe hingaben, dachte sie nicht an Michaels Geheimnis.
Und so schön dies war, es genügte nicht.
Und das war ihr Dilemma. Michael verfügte über geradezu überirdische Geduld. Er hatte sie nicht wieder gefragt, was in Kalifornien geschehen war, und für Libby war es ein Rätsel, wie er es schaffte, das Problem zu verdrängen und mit dem Leben weiterzumachen.
Sie suchte das verdammte Stück Kirschholz überall und befürchtete, Michael hätte es schon vernichtet. Sie ertappte sich sogar dabei, wie sie in den Wald ging und Marys Namen rief, mit der verrückten Idee, sie könne wirklich mit dem Vogel sprechen. Mary aber hielt sich neuerdings zurück, nur Robbie erwähnte manchmal, dass er sie gesehen hätte.
Wenn sie nicht mit dem Versuch beschäftigt war, hinter Michaels Geheimnis zu kommen, dachte Libby über ihr eigenes nach. Er mochte zwar über Stäbe und Zauberer und magische Kräfte Bescheid wissen – was einem an sich schon den Verstand blockierte –, wie aber würde er reagieren, wenn er erführe, dass die Frau, mit der er das Bett zerwühlte, nicht
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