Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)
Farben, keine einzige Empfindung, die sie hätte fühlen können.
»Er … er ist nicht da, Michael«, flüsterte sie, den Blick hebend. »Er … er ist fort.« Sie erstickte an einem Schluchzen, schloss die Augen und drückte ihren Mund in Robbies Haar.
Michaels Arm umfing sie fester. »Er ist nicht tot!« Er hielt Libbys Hand an Robbies Gesicht. »Versuch es noch mal! Intensiver! »
Libby nahm ihre Suche nach Robbies Lebenskraft wieder auf, nur um sich erneut mit Dunkelheit konfrontiert zu sehen. Sie durchstreifte Robbies leeren Körper mental auf der Suche nach irgendetwas, das ihr einen Ansatz liefern konnte. Die Kälte der Leere ignorierend, konzentrierte sie sich auf jedes einzelne Organ und suchte nach dem allerkleinsten Lebensfunken.
Und tief in Robbies Herzen fand Libby Hoffnung. Michaels Arm umfasste sie noch fester, und Libby wusste, dass er da war, neben ihr, und dass er dasselbe fühlte und sah wie sie – das entfernte Echo von Jugend und Entschlossenheit, aber auch Verzweiflung.
Und ihr wurde klar, dass der Puls nur eine Verbindung zu Robbie war, eine Lebenslinie, die sich zur Rückkehr nutzen ließ. Libby rückte ab, öffnete die Augen und schaute zu Michael auf.
»Dring noch einmal in ihn ein!«, forderte er sie auf und umarmte sie fest. »Er lebt.«
»Er ist nicht da«, korrigierte sie ihn. »Er ist in Rose.«
Beide sahen sie zu der im Schnee liegenden Jacke. Mary benutzte ihren Schnabel, um sachte die Falten der Wolle zurückzuschieben.
»Er beschützt sie«, sagte Libby und entzog sich Michaels Umarmung. »Er setzt den letzten Rest seiner Kraft ein, um sie am Leben zu erhalten.« Sie hob das Kleine hoch und barg es zwischen sich und Robbie. »Wenn wir Robbie retten wollen, müssen wir Rose retten. Er wird sie nicht verlassen, ehe er nicht sicher sein kann, dass sie gerettet ist.«
Michael griff hinter sich und zog den Stab des alten Priesters aus seinem Gürtel. Mit erstaunlich ruhigen Händen schob er den dicken Kirschholzstab zwischen Rose und Robbie, dann umfasste er Libbys Schultern in einer felsenfesten Umarmung, die sie und die Kinder einschloss. Er sah Libby an, atmete tief durch und nickte.
Libby, die ihre Arme fest um die zwei Kinder geschlungen hielt, schloss die Augen und machte sich abermals auf die Suche nach den Farben.
Sofort durchströmte strahlend weißes Licht ihr Bewusstsein, und Libby schrie überrascht auf. Michaels Arme wurden fester, als er sich mit ihr gegen den Ansturm wappnete, und langsam konnte Libby zwei schwach schlagende Herzen spüren.
Sie griff nach dem schwächeren Puls, lenkte das weiße Licht zu Rose und lockte die Wärme in ihren winzigen Körper. Das Kind rang um Atem und stieß einen zornigen Schrei aus. Nun pochte das kleine Herz des Mädchens so schnell wie das eines Tigerjungen.
Libby weinte Tränen der Erleichterung, als sie ihre Lippen an Robbies Wange führte. »Komm zurück«, hauchte sie. »Rose ist gerettet. Sie wird leben.«
Ein wild wirbelnder Regenbogen durchpulste das weiße Licht und zerrte im Vorbeisausen an Libby. Myriaden von Farben tanzten in irren Kreisen durcheinander und zupften spielerisch an ihren eigenen Herzbändern, ehe sie zu Michael schossen.
»Komm zurück«, drängte Michael. »Jetzt, mein Sohn.«
Die Farben hielten still, verharrten in der Schwebe und umfassten plötzlich alle in einer glühenden, freudige Erregung ausstrahlenden Umarmung.
»Herrgott!«, rief Michael so laut, dass es durch die Helligkeit hallte. »Komm zurück!«
Libby tastete sich langsam an Robbies schwach schlagenden Puls heran und kitzelte sanft sein Herz. Das Organ erbebte, pochte zweimal und fing dann an, mit Löwenstärke zu schlagen.
Das gleißende Licht verblasste langsam zu einem weichen blauen Schein. Libby öffnete die Augen und sah flatterndes weißes Gefieder, das durch die Nacht fortwehte. Sie blickte zur Jacke auf dem Boden, aber Mary war fort.
»Ich hab mächtig Hunger, Papa.«
Libby richtete ihren Blick auf Robbie, der Michael fest anschaute.
»Und Rose auch«, sagte der Junge. Er grinste Libby an. »Es ist nach Mitternacht«, sagte er. »Frohe Weihnachten.«
»Frohe Weihnachten!«, rief Libby aus und zog ihn mit erleichtertem Aufschluchzen an sich.
Michaels Arme bebten, als er beide umarmte und seinen Weihnachtswunsch flüsterte. Rose quiekte protestierend und versuchte sich zappelnd zu befreien. Libby rückte ab, wischte sich die Tränen ab und stand mit Rose in den Armen auf.
Die Kleine lächelte sie schief an und
Weitere Kostenlose Bücher