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Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)

Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)

Titel: Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Chapman
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Libby stand auf und ging ans Ende der Veranda, dann drehte sie sich wieder zu ihm um. »Aber so einfach ist es nicht, Vater. Wenn ich sie nicht beherrschen kann oder nicht den Verstand habe, sie richtig anzuwenden, könnte sie sich zum Schlechten wenden. Es könnte damit enden, dass ich Menschen schade, statt ihnen zu helfen.«
    »Ach so«, schnaufte er und nickte verständig. »Es ist also nicht die Gabe, die Sie fürchten, sondern sich selbst. Sie lehnen die Verantwortung ab, die daran geknüpft ist.«
    »Ich wollte sie nicht«, flüsterte Libby und schlang die Arme um sich. »Ich war mit meinem Leben völlig zufrieden.«
    Er legte den Kopf schräg. »Waren Sie das? Wirklich? Warum wählte diese Gabe dann ausgerechnet diesen Zeitpunkt, um sich zu zeigen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Vater Daar richtete sich auf und ging ins Haus. Damit zwang er Libby, ihm zu folgen, damit sie hören konnte, was er sagte.
    »Da Sie mir offenkundig nicht sagen wollen, was in Kalifornien passierte«, sagte er, als er langsam das Wohnzimmer durchschritt, »kann ich Ihnen nicht raten. Ich kann Ihnen nur sagen, dass Sie mit der Sache experimentieren müssen.« Er blieb am Kleiderständer in der Küche stehen und nahm Jacke und Mütze vom Haken, dann drehte er sich zu ihr um. »Üben Sie, Libby. Spielen Sie damit. Bringen Sie in Erfahrung, was es Sie lehren möchte.«
    »Und wenn ich TarStone Mountain damit in die Luft jage?«, fragte sie mit mattem Lächeln.
    Er sah sie sekundenlang an und versuchte zu entscheiden, ob sie scherzte oder nicht. Plötzlich blitzte es in seinen Augen belustigt auf, und er lachte. »Diese Berge sind schon ein- oder zweimal explodiert«, sagte er. »Die werden mit jeder Energie fertig, mit der Sie herumspielen.«
    Er klopfte sich selbst ab, als suche er etwas, und sah sich mit gerunzelter Stirn in der Küche um. »Ach, ich habe meinen Stab vergessen. Sind Sie so gut und holen ihn? Er muss vorne auf der Veranda sein.«
    In Gedanken bei dem, was er gesagt hatte, ging Libby wieder durch das Wohnzimmer. Damit spielen? Diese verdammte Fähigkeit war kein Spielzeug, sie war beängstigend. Von ihr lernen? Was denn?
    Und experimentieren? Aber warum nicht? Sie konnte gleich mit Vater Daar anfangen und sehen, was er davon hielt.
    Libby fand seinen Stab an den Stuhl gelehnt, auf dem er gesessen hatte. Sie griff danach und ging zurück ins Haus. Aber plötzlich blieb sie stehen, als ihre Hände warm wurden und der Stab wie eine Stimmgabel zu summen begann. Ihr ganzer Körper prickelte, und das Sonnenlicht ballte sich zu einem grellen farbigen Schein um sie herum zusammen.
    »Keine Angst, Libby«, durchdrang Vater Daars Stimme den Nebel. »Fühlen Sie die Energie, und sagen Sie mir, was Sie sehen.«
    Sehen konnte sie nur farbiges Licht, dafür spürte sie umso mehr. Emotionen überfluteten sie geradezu. Zufriedenheit, Angst, Verlangen und Leidenschaft; alle waren sie da, hüllten sie ein, zerrten an ihr, zogen sie in verschiedene Richtungen.
    »Suchen Sie einen Fokus, Libby«, hörte sie Vater Daars Stimme wie aus weiter Ferne. »Wählen Sie eine Farbe und konzentrieren Sie sich auf sie.«
    Seine Stimme klang sanft, alterslos und fern. Libby folgte seinem Rat und konzentrierte sich auf die klarste Farbe und das stärkste Gefühl.
    Aus ihrer Tiefe kamen Wellen der Furcht, die versuchten, sie tiefer in ihren Sog zu ziehen. Libby kämpfte gegen das Chaos und schrie auf, als sie spürte, dass sie in dessen grausigen Tiefen zu versinken drohte.
    »Sehen Sie um sich, Mädchen. Suchen Sie etwas zum Festhalten. Gehen Sie vor Anker, dann können Sie wieder zurückkehren, ohne verzehrt zu werden.«
    Libby suchte nach einem Anker, sah aber nur zinngraue Augen, die sie vor Leidenschaft lodernd anstarrten. Arme aus Stahl umschlossen sie. Zögernd gab sie sich der Sicherheit hin, die sie boten, und spürte sogleich, dass sie sich mit erneuter Kraft ihrer Angst stellen konnte.
    Die Energie hatte nun Stimmen und drang aus unzähligen Richtungen auf sie ein, bittend, flehend, Hilfe suchend. Die Arme, die sie hielten, festigten ihren Griff, und Libby holte bebend Luft und griff mitten in den Sog.
    Sie wurde nicht verzehrt. Stattdessen war sie imstande, die wirbelnde Masse pulsierender Farben zu berühren. Und nacheinander verstummten die Stimmen, die aufblitzenden Farben verblassten, der Sturm legte sich.
    Libby drehte sich um und begrub ihr Gesicht an ihrem Anker. Ein leises Lachen holte sie zurück in die Realität. Sie blickte auf,

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