Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)
zwinkerte und sah, dass Vater Daar, dessen Augen vor Humor funkelten, gut fünf Schritte von ihr entfernt dastand. Er streckte die Hand aus.
»Bekomme ich meinen Stab wieder?«, fragte er. »Bevor Sie seine ganze Kraft verpulvern.«
»Stab?«, wiederholte Libby leise und blickte auf den leise summenden Stab in ihrer Hand. Sie blickte zum Priester und trat einen Schritt zurück. »Was … wer sind Sie?«
Der Alte wölbte seine Brust und strich seine Soutane glatt. »Ich bin ein Magier. Haben Sie das nicht erraten?«
Libby trat noch einen Schritt zurück. »Magier?«, wiederholte sie. »Aber das ist unmöglich.«
»Dann erklären Sie mir, was eben passiert ist.«
»Nein, das erklären Sie mir«, forderte sie ihn auf und trat näher. Sie hielt den noch immer warmen und vibrierenden Stab zwischen ihnen hoch. »Was war eben los?«
»Sie haben eben einen Blick auf Ihre wahre Gabe erhascht«, belehrte er sie, fasste nach dem Stock und drückte ihn schützend an seine Brust. »Und Sie haben entdeckt, dass Sie sie beherrschen können – solange Sie einen festen Anker haben.«
Sie sah ihn misstrauisch an. »Und jetzt wissen Sie, was meine Gabe ist.«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, dass es eine große Kraft ist und dass es Ihre Aufgabe ist, sie klug anzuwenden. Ich weiß auch, dass Ihre Klugheit Sie vorsichtig macht. Diese Kraft kann nämlich so zerstörend wie positiv wirken.«
»Und Sie wollen ein Magier sein?«, wiederholte Libby, die sich fragte, ob sein Verstand durch das Alter gelitten habe. Doch auch sie konnte das Geschehene nicht erklären.
»Libby Hart, Sie hat nicht der Zufall hergeführt«, sagte Vater Daar. »Sie wurden mit Absicht in dieses magische Land gelockt. Das Geheimnis, Ihre Gabe zu beherrschen, liegt hier.« Er lachte verhalten auf. »Und ich glaube, Sie haben auch schon einen Anker gefunden.« Er schüttelte den Kopf. »Aber MacBain wird es nicht gefallen, wenn er dahinterkommt.«
Libby trat zu Vater Daar und packte ihn an den offenen Rändern seiner rotkarierten Jacke. »Wagen Sie ja nicht, ein Wort davon zu Michael zu sagen«, flüsterte sie, teils fordernd, teils verzweifelt. »Er würde es nicht verstehen.«
Der Priester, der sich selbst als Magier bezeichnete, steckte seinen Stab unter einen Arm und zog ihre Hände an seine Brust. Noch zeigte seine Miene Anzeichen von Belustigung. Er lachte wieder laut auf.
»Ach, Libby. Von allen Ankern, die Sie hätten finden können, ist MacBain derjenige, der das größte Verständnis aufbringen wird.« Er legte den Kopf schräg und blickte in die Weite, zum Pine Lake. »Allmählich glaube ich, dass das Missgeschick vor zwölf Jahren gar keines war.« Nun sah er wieder sie an. »Auch MacBain war es bestimmt, hier zu sein. Offensichtlich aus mehreren Gründen.«
»Was für ein Missgeschick? Und welche Gründe? Wovon reden Sie?«
»Von Ihnen. Er ist für Sie da. Und für Robbie. Der Junge musste geboren werden, und MacBain musste an diesen Ort gelangen, um dies geschehen zu lassen.«
Libby, deren Verwirrung mit jedem Wort, das er sprach, wuchs, versuchte sich abzuwenden, Vater Daar aber hielt noch immer ihre Hände fest und ließ sie nicht los. Und er grinste noch immer.
»Ich beging vor zwölf Jahren keinen Fehler, und Sie begingen auch keinen, als Sie sich entschlossen, hierher zu ziehen.«
Anstatt zu widersprechen, drehte Libby ihre Hände in seinen um und ergriff seine vom Alter gekrümmten Finger. Sie erwiderte sein Lächeln und zwang ihre Kraft, durch seinen Körper zu fließen und alle seine arthritischen Gelenke zu berühren.
Sie war imstande, mit der Präzision eines Laserstrahls durch sein Skelett zu schießen. Und wie in Kalifornien erwärmte sich ihr Körper, ihr Herzschlag verlangsamte sich, und sie konnte seinen Schmerz sehen und diesen im Licht auflösen.
Der Alte taumelte verblüfft zurück, bleich wie frischer Schnee. »Was war das?«, rief er heiser und trat ein paar Schritte zurück, mit dem Finger auf sie weisend. »Kommen Sie mir nicht zu nahe!«
Libby rieb ihre prickelnden Hände an den Schenkeln und bedachte ihn mit einem zufriedenen Lächeln. »Ich tat nur, was Sie mir geraten haben.«
»Was denn?«
Sie zuckte mit den Schulten. »Ich habe trainiert. Ich mache mich mit meiner Kraft vertraut.«
»Aber doch nicht an mir!«
»Hat es wehgetan?«
Er musste überlegen. Dann tastete er sich ab und sah prüfend an sich hinunter, als befürchte er, sie hätte ihn in einen Frosch verwandelt. Er hüpfte
Weitere Kostenlose Bücher