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Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)

Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition)

Titel: Der Ring des Highlanders: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Chapman
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gehen«, sage Libby mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Ich dachte an Dinge wie Wiedergeburt, Intuition und … nun vielleicht an Menschen mit besonderen Gaben. Sind Sie schon mal jemandem begegnet, der behauptet, über eine besondere Gabe zu verfügen? Als Geistlicher müssen Sie es schon erlebt haben, dass Menschen sich mit solchen Anliegen an Sie wenden.«
    Sie faselte daher wie eine Idiotin. Ihre Wangen glühten, und fast bedauerte sie, das Thema angeschnitten zu haben.
    Aber nur fast. Verdammt, sie war hier unversehens auf geheiligtes Terrain geraten. Aber wenn sie auf die Nase fallen sollte, warum dann nicht in Gegenwart eines Priesters? War er nicht an jene von ihm vergessenen Gelübde gebunden, die ihm verboten, jemandem etwas von ihrem Gespräch zu verraten?
    »Besondere Gabe?«, wiederholte er leise und drehte sich auf seinem Stuhl so um, dass er sie ansehen konnte. »Was zum Beispiel? Was wäre eine solche besondere Gabe?«
    Libby stellte ihre Tasse auf die Verandabrüstung und rieb die feuchten Handflächen an ihren Hosenbeinen trocken. Sie atmete tief durch und sprang – wie es ihr zur Gewohnheit geworden war – ins kalte Wasser.
    »Ich spreche von einer toten Mutter, die als Eule zurückkehrt«, sagte sie, ihr persönliches Problem aussparend, bestrebt, sich einen Eindruck von Vater Daars Gedanken zu verschaffen. »Kennen Sie Robbies Lieblingstier?«
    »Ja«, nickte er und beäugte sie misstrauisch. »Er nennt sie Mary.«
    »Und glauben Sie, dass sie Mary ist, Vater?«, fragte Libby. »Dass die Seele der Frau zurückgekehrt ist, um bei ihrem Sohn sein zu können?«
    »Wenn Robbie seine Mutter jetzt braucht und er das Gefühl hat, dass sie die Eule ist, dann glaube ich, dass Mary da ist.«
    »Wie eine fantastische Freundin?«
    »Nein. Die Eule ist real. Und dass sie sich Robbie anschließt, ist ebenfalls Wirklichkeit. Jeder erlebt Dinge in seinem Leben, die unerklärlich bleiben. Sie nicht auch?«
    Für einen frischen Novembermorgen wurde es Libby unter dem bohrenden Blick des Geistlichen ziemlich heiß. Das war keine gute Idee gewesen.
    »Ich habe etwas erlebt, das ich mir nicht erklären kann«, gestand sie. »Aber ich weiß nicht, ob ich so weit gehen würde zu sagen, dass es sich um Magie handelt.«
    Libby sah, wie sein Blick zu ihrer weißen Locke wanderte, dann wieder zurück zu ihren Augen. Ihr Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
    »Doch, Libby ich glaube, dass Sie es glauben«, widersprach er leise. »Und dass es Sie beunruhigt, wenn ein Geschehnis sich nicht erklären lässt. Aber das ist es ja, was Magie ausmacht. Man muss sie nicht verstehen, sondern sie nur als das Geschenk ansehen, das sie ist. Warum sind Sie nach Pine Creek gekommen?«
    Weil seine Frage subtil gestellt war und weil sie noch immer versuchte, das, was er sagte, zu verarbeiten, antwortete Libby, ohne zu überlegen: »Weil ich Angst hatte.«
    »Angst vor etwas, das Ihnen in Kalifornien widerfuhr? Etwas, das Sie nicht erklären können?«
    Sie hatte schon so viel verraten, dass sie ebenso gut mit der ganzen Wahrheit herausrücken konnte. »Ja. Es geschah etwas Unerklärliches.«
    Vater Daar stand auf und trat ihr gegenüber. An die Brüstung gelehnt, sah er sie mit seinen klaren blauen Augen direkt an. »Etwas so Gewaltiges, dass es Ihr ganzes Leben auf den Kopf gestellt hat?«, spekulierte er. »Und Sie glauben, Sie könnten ihm entkommen, indem Sie hier Zuflucht suchen?« Er schüttelte den Kopf. »Libby, die Fragen, die Sie mir stellen, und die ausweichenden Antworten, die Sie mir geben, lassen mich glauben, dass Sie über eine unwillkommene Gabe verfügen. Habe ich recht?«
    Libby starrte auf ihre gefalteten Hände im Schoß. »Ich glaube nicht, dass ich eine Wahl habe«, flüsterte sie und hob den Blick zu ihm. »Und das ist es, was mir Angst macht. Ich weiß nicht, ob ich diese Gabe beherrschen kann oder ob sie am Ende mich beherrschen wird.«
    »Haben Sie es versucht?«
    »Einmal. Nachdem ich sie entdeckte.«
    »Und?«
    »Und es hat funktioniert. Aber dann bekam ich es mit der Angst zu tun«, sagte sie aufrichtig. »Ich spürte, wie mir alles entglitt, als würde ich verzehrt von diesem … diesem Ding. Stimmen riefen mich, zerrten an mir, und ich bin davongelaufen.«
    »Und seither versuchen Sie es nicht mehr?«
    »Nein.«
    »Wenn Sie es ignorieren, werden Sie es nicht los, Libby.«
    »Das weiß ich.«
    »Diese Gabe … halten Sie sie für gut oder schlecht?«
    »Für gut«, sagte sie und sah ihn blinzelnd an.

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