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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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meisten anderen, aber sie erkannte seine Stimme - brachten Sklavinnen silberne Becher mit Wasser und Platten mit Weintrauben, Datteln und frischem Fladenbrot, mit denen sie unter dem Segeltuch verschwanden.
    Schließlich klatschte jemand laut und befehlend in die Hände und die gemurmelten Gespräche unter dem Sonnendach verstummten. Robins Herz begann ein wenig schneller zu schlagen. Während sie die rechte Hand auf den Vogelkäfig stützte, als wäre die Nähe der beiden winzigen Lebewesen darin das Einzige, was ihr überhaupt noch den Mut gab, hier zu stehen, beugte sie sich vorsichtig weiter vor, um einen Blick auf das Podest neben der Tür zu werfen.
    Genau in diesem Moment brachten zwei von Omars Kriegern eine junge, nur in ein langes weißes Leinentuch gehüllte Frau aus dem Haus und zerrten sie auf die Bühne. Sie wehrte sich nicht, aber sie wirkte unsicher und so verängstigt, dass sie auf den drei Stufen nach oben fast gestürzt wäre. Die beiden Wachen stießen sie grob vor sich her und von der anderen Seite her sprang ein weiterer Mann auf das Podest - ein hagerer Kerl mit einem dunkelblauen, mit weißen Stickereien geschmückten Kaftan. Er war Robin auf den ersten Blick unsympathisch. Dem spitzen Gesicht mit dem stoppeligen Bart und den funkelnden Augen haftete etwas an, das sie an eine Ratte erinnerte.
    Sie hörte das Geräusch der Tür hinter sich und erkannte allein am Klang der Schritte, dass es Harun und Aisha waren, die zur täglichen Unterrichtsstunde kamen. Sie drehte sich jedoch nicht zu den beiden um, sondern beobachtete zugleich gebannt und angewidert weiter das Geschehen auf dem Hof. Ihr war längst klar, was dort vor sich ging, aber irgendetwas in ihr weigerte sich immer noch, die Tatsachen anzuerkennen. Es war eine Sache, etwas zu wissen, selbst jenseits allen Zweifels, und eine völlig andere, es mit eigenen Augen zu sehen.
    »Christenmädchen! Was gibt es aus dem Fenster zu gaffen? So etwas gehört sich nicht für eine Dame!«, erscholl Haruns Stimme hinter ihr. Ihr Klang war ungewohnt scharf, aber Robin machte sich nicht einmal die Mühe, ihm etwas zu entgegnen.
    Der rattengesichtige Mann hatte sich bisher geduldet und darauf gewartet, dass die beiden Krieger das Sklavenmädchen zu ihm brachten. Nun aber machte er eine herrische Geste, woraufhin einer der Krieger der jungen Frau einen so derben Stoß versetzte, dass sie die letzten beiden Schritte auf ihn zustolperte und auf die Knie fiel. Das Gesicht des Arabers umwölkte sich. Er trug eine kleine Peitsche in der Hand, die viel zu zierlich schien, um mehr als symbolischen Charakter zu haben. Grob, fast schon brutal, zerrte er die Sklavin in die Höhe und zwang sie, sich aufzurichten, dann packte der Krieger, der das Mädchen gerade zu Boden gestoßen hatte, so fest bei den Oberarmen, dass es einen Schmerzlaut ausstieß.
    Robin fuhr heftig zusammen, so als spürte sie den harten Griff des Mannes selbst. Sie war nur noch einen Deut davon entfernt, herumzufahren und aus dem Zimmer zu stürmen, um hinunter auf den Hof zu laufen und diesen brutalen Mistkerl in seine Schranken zu verweisen. Doch selbst ohne Harun und Aisha in ihrem Rücken und selbst wenn die Tür offen und der Hof nicht voller Krieger gewesen wäre, hätte ein solches Unternehmen an Selbstmord gegrenzt. Auf jeden Fall würden durch eine solche Dummheit ihre ohnehin verzweifelten Fluchtpläne endgültig vereitelt. Robins Finger schlossen sich so fest um die Gitterstäbe des Vogelkäfigs, dass das feine Holzgeflecht hörbar knirschte, und vielleicht zum ersten Mal war sie dankbar für den Schleier vor ihrem Gesicht, der ihre wahren Gefühle verbarg. Harun war nahezu lautlos neben sie getreten; eher spürte sie seine gewaltige Körpermasse, als dass sie seine Schritte hörte.
    Unten auf dem Hof ließ der hagere Araber noch einige Augenblicke verstreichen, dann scheuchte er den Krieger mit einer nachlässigen Bewegung seiner Spielzeugpeitsche fort. Er trat zu dem zitternden Mädchen und legte ihm die Hand unter das Kinn, um ihren Kopf auf diese Weise in die Höhe zu zwingen, damit alle Anwesenden ihr Gesicht betrachten konnten. Robin fuhr erneut zusammen, als sie die junge Frau erkannte. Es war eine der Sklavinnen, die sie unten im Verlies gesehen hatte, eine der Frauen aus dem Fischerdorf.
    »Es ist nicht deine Schuld, Robin«, sagte Harun neben ihr, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Jede Spur von Spott, alle Überheblichkeit und jede gespielte Verzweiflung waren aus seiner

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