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Der Ring des Sarazenen

Der Ring des Sarazenen

Titel: Der Ring des Sarazenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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kurz, und wir brechen noch vor Sonnenaufgang wieder auf.«
    Der Lärm auf der anderen Seite des Lagers schwoll an, während sie zum Wagen zurückkehrten. Robin drehte ein paar Mal den Kopf und sah neugierig in die entsprechende Richtung, aber die Nacht war zu dunkel, um irgendetwas zu erkennen, das weiter als fünf oder sechs Schritte entfernt war. Sie hörte jetzt eindeutig aufgeregte Rufe. Es waren die Stimmen von drei oder vier Männern, die wütend durcheinander schrien, und eine weibliche Stimme. Oder war es die eines Kindes?
    Plötzlich blieb Robin wie vom Schlag gerührt stehen. Obwohl sie ganz genau wusste, wie unmöglich es war: Sie hatte ihren Namen rufen gehört. Gleichermaßen überrascht wie berührt drehte sie sich um und wollte zurück, aber der Sklavenhändler versetzte ihr einen so derben Stoß, dass sie rückwärts taumelte und beinahe gestürzt wäre.
    »Weiter!«, herrschte er sie an.
    Wieder musste sich Robin mit aller Macht beherrschen, um sich nicht zu widersetzen oder seine Hand einfach zur Seite zu schlagen.
    Sie drängte den Impuls zurück, blieb jedoch noch einen Moment lang stehen und versuchte, die Dunkelheit mit Blicken zu durchdringen. Die Schreie und der Lärm hielten an. Aber jetzt hörte sie nur noch wütende Männerstimmen und niemanden mehr, der nach ihr rief. Hatte sie sich das vielleicht nur eingebildet? Außer ihr und dem Sklavenhändler konnte hier niemand ihren Namen kennen. Vielleicht lag es an ihrer Schwäche und Müdigkeit…
    »Los jetzt!«, befahl der Sklavenhändler. »Stell meine Geduld nicht zu sehr auf die Probe.«
    Robin blickte erschrocken auf. Viel mehr als seine Worte warnte sie das zornige Beben seiner Stimme. Es fehlte nicht mehr viel und er würde sie schlagen oder ihr Schlimmeres antun.
    Rasch wandte sie sich um und ging weiter; diesmal so schnell, dass er Mühe hatte, mit ihr Schritt zu halten.
    Hama war eine große, lärmende Stadt voller Menschen und brodelndem Leben - jedenfalls nahm Robin das an. Doch das Erste, was sie von der Stadt sah, war ein weiter, an allen Seiten von doppelt mannshohen, braunen Sandsteinmauern umgebener Innenhof, in dem der Wagen zum Stillstand gekommen war.
    Selbst den Hof nahm Robin nur schemenhaft wahr, wie durch einen Schleier aus klarem Wasser, der sich vor ihren Augen bewegte. Es war vier Tage her, dass sie das letzte Mal wirklich Sonnenlicht gesehen hatte, denn sie hatte die gesamte Reise im Inneren des fensterlosen Wagens zugebracht. Nur abends hatte man sie für kurze Zeit aus ihrem Gefängnis befreit, damit sie essen und ihren körperlichen Bedürfnissen nachkommen konnte. Sie war nicht einmal sicher, ob es tatsächlich vier oder vielleicht auch mehr Tage gewesen waren. Irgendwann war ihr Zeitgefühl vollkommen erloschen und ihr Leben hatte nur darin bestanden, auf dem harten Boden in eine halbwegs erträgliche Lage zu rutschen und dem immer wiederkehrenden Fieber und dem ständigen Durst zu trotzen. Die Hitze, die sich tagsüber in dem kleinen Wagen staute, war schier unerträglich gewesen. Und obwohl sie gut verpflegt worden war, hatte sie weiter deutlich an Gewicht verloren.
    Robin hob schützend die Hand über das Gesicht, denn das ungewohnte Sonnenlicht stach wie mit winzigen glühenden Nadeln in ihre Augen. Vorsichtig trat sie einen Schritt von dem Wagen zurück und drehte sich herum, als hinter ihr eine ärgerliche Stimme laut wurde. Es war nicht der Sklavenhändler selbst - von dem war weit und breit nichts zu sehen -, sondern einer der Männer, die sie abends am Lagerfeuer gesehen hatte. Robin verstand nicht, was er von ihr wollte, während er heftig mit beiden Händen gestikulierte und sehr verärgert wirkte. Hilflos hob sie die Schultern, und diese Geste war offenbar über alle Sprachbarrieren hinweg verständlich.
    Der Araber trat wütend auf sie zu und packte sie so derb am Oberarm, dass Robin erschrocken die Luft einsog. Ihre Sammlung blauer Flecken, Schrammen und Hautabschürfungen hatte sich vermutlich gerade um ein weiteres Exemplar vergrößert. Mit der freien Hand streifte er ihr das Kopftuch über, das Robin in der Abgeschiedenheit des Wagens natürlich nicht getragen und auch jetzt nur lose über die Schultern gelegt hatte. Dann versuchte er, den Schleier vor ihrem Gesicht zu befestigen. Dabei stellte er sich ziemlich ungeschickt an. Seine groben Finger streiften ihre Wange und sie spürte seine raue und sonnenverbrannte Haut. Ein säuerlicher und zugleich scharfer Geruch entströmte ihr, und Robin

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