Der Ring von Ikribu
sobald ihr Segelflug zu Ende war und sie mit nutzlos flatternden Schwingen auf dem Boden aufsetzten, waren sie leicht zu überwältigen. Sie schienen nicht einmal Kraft zum Stehen zu haben. Ihre ganze Gefährlichkeit lag offenbar in ihrem Gleitflug, in der Wucht und Schnelligkeit, mit der sie herabtauchten und knapp über den Köpfen der Verteidiger dahinsegelten und mit den Waffen zuschlugen. Sonja staunte, wie ungeschickt diese Alptraumkreaturen am Boden waren oder eigentlich schon, wenn ihre Fluggeschwindigkeit nachließ, denn dann konnten sie nur noch angestrengt flattern, um sich zu halten, und waren mühelos niederzustrecken.
Doch obgleich die Zahl der Geflügelten weniger wurde, mussten Olins Männer noch verzweifelt um sich schlagen und springen, während Scharen von schwarzen Schatten sie bedrängten. Und da und dort wurden Soldaten in die Luft gezogen, so sehr sie auch auf die Rüstung ihrer segelnden Feinde einschlugen.
Glücklicherweise waren die Schützen nun endlich dazu gekommen, nach ihren Bogen zu greifen und auf die aus dem grauen Himmel herabtauchenden Schwärme von Geflügelten zu schießen. Kaum ein Pfeil verfehlte sein Ziel. Ein unmenschliches Heulen erschrillte in der Luft, wenn die Fledermausmenschen hoch oben zusammenstießen oder senkrecht herabplumpsten und im Schlamm, in Tümpeln landeten oder sich in Bäumen verfingen, und immer zogen sie dann schwarzen Dunst wie Rauch hinter sich her.
Aber immer noch rissen Geflügelte bedauernswerte Soldaten in die Luft. Selbst wenn diese Männer ihren Feinden den Todesstoß versetzten, half es ihnen nichts mehr, denn sie wurden in die Tiefe geschmettert, auf das leichenübersäte Schlachtfeld oder mitten ins Handgemenge, wo sie ihre eigenen Kameraden mit zu Boden nahmen.
Doch der Höhepunkt der Schlacht war überstanden. Immer noch kämpfte Sonja, weiter um sich schlagend, sich den Hang hoch zur Hügelkuppe. Ein letzter Fledermausmensch segelte mit gefletschten Fängen und blitzendem Stahl auf sie zu. Sie sprang, wirbelte herum und spürte, wie ihre Klinge bis tief zu den Knochen drang. Der Wind trug das schreiende Ungeheuer weiter den Hang hinunter, mitten zwischen sechs Söldner, die ihm schnell ein Ende machten.
Sonja hörte einen Kampfschrei hinter sich. Er kam von Som, der auf einen Geflügelten über sich einhieb. Das Fledermauswesen zischte erschrocken, als seine Klinge selbständig durch die Luft flog, und dann stürzte es selbst getroffen in die Tiefe. Gleichzeitig sah Sonja Herzog Pelides, dessen Eisenhelm und prunkvoller Umhang blutbesudelt waren, hochspringen und seine Klinge durch einen angreifenden Geflügelten stoßen.
Und dann war die Schlacht zu Ende.
Mit triefendem Schwert an der Seite schaute Lord Olin sich um. Plötzlich tauchte ein übrig gebliebener Geflügelter herab und schoss mit ausgestreckter Klinge geradewegs auf Som zu. Som duckte sich. Er nahm den Schädel, den er gerade einem Angreifer abgehackt hatte, und schleuderte ihn dem auf ihn Herabstürmenden entgegen. Die Schädel krachten zusammen. Das Ungeheuer plumpste mit unmöglich verdrehtem Kopf in die Tiefe. Som lachte kehlig.
»Das war der letzte, bei Mitra!« brüllte er.
Olin hob salutierend das Schwert, dann blickte er zum aufhellenden Himmel hoch. Stumm stapfte er durch das Gras und stieg übe die Leichen in Bronzerüstung. Pelides ging ihm entgegen, und Som machte sich ebenfalls in ihre Richtung auf den Weg, seine beiden Schwerter schwenkte er triumphierend. Auch Sonja ging auf sie zu.
Überall auf dem Schlachtfeld hoben die Überlebenden aus Olins Lager jubelnd die Klingen und freuten sich des Sieges. Die dunklen Wolken trieben vorüber, und die Sonne spitzte wieder hervor. Dunkler Dunst stieg überall auf dem Feld auf und kräuselte sich in der frischen reinen Brise – ein Dunst von Tausenden und Abertausenden sich auflösenden schwarzen Schwingen. Und als der dunkle Dunst höher trieb, sah man die Leichen in Bronzerüstung – ein ganzes Meer verschwommenen Goldes im strahlenden Sonnenschein –, als hätte ein Gott aus seiner Schmiede hoch am Himmel versehentlich eine ganze Wanne dieses Metalls ausgeschüttet.
Schwer atmend starrte Sonja nachdenklich auf einen Haufen Toter.
Sie hörte Pelides sagen: »Es besteht kein Zweifel, Olin.«
Olin nickte, und Sonjas Blick wanderte von einem zum anderen, als Som sich neben sie stellte.
»Kein Zweifel?« fragte sie und schwang ihre Klinge, um das Blut abzuschütteln. »Kein Zweifel an Asroths
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