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Der Ring von Ikribu

Titel: Der Ring von Ikribu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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nehmen zum Überlegen: er ist ja nicht endlos! Man braucht sich nur die Karte vorzustellen, der Rest der Welt ist kein Sumpf. Man braucht einen Tag, vielleicht eineinhalb Tage, um durch dieses scheußliche Gebiet zu kommen. Das ist nicht so lange. Also, behalt den Kopf, halt die Augen offen, und es passiert dir nichts. Es ist nicht anders, als wenn man sich drei Schwertern gegenübersieht.«
    Allas dachte über all das nach. Soms Worte machten sein Herz leichter. Som hatte recht.
    Doch als er Tias ansah, änderte sich seine Stimmung erneut. Tias hatte sich verändert, sie war nicht mehr das Mädchen, das er immer gekannt hatte. Seit sie Suthad verlassen hatte, hatte sie kaum zu ihm gesprochen. Sie trug den Dolch, den Pelides ihr gegeben hatte, und irgendwie beunruhigte ihn das. Was bedeutete es, dass sie ein Geschenk von dem Herzog angenommen hatte? War etwas zwischen ihnen gewesen?
    Tias blickte immer geradeaus, auf den Weg vor sich, aber Allas beobachtete sie und spürte, dass sie mit ihren Gedanken ganz woanders war. Jedes Mal, wenn Leichen zu sehen waren oder Kunde von hinten kam, dass ein weiterer Soldat gestorben war, erschauderte Tias. Sie blickte jedoch Allas nicht an, wandte sich nicht an ihn und suchte seine Augen nicht, um vielleicht ein bisschen Trost zu finden. Statt dessen starrte sie weiter geradeaus, saß hochaufgerichtet im Sattel und zitterte nur heimlich, als wäre ihre Furcht schmachvoll und nichts, was sie mit anderen teilte. Manchmal sackte sie in sich zusammen und schien in ihr Inneres zu starren. Dann ritt Allas gewöhnlich näher an sie heran, fragte, wie es ihr ging, und lächelte sie an, um ihr Mut zu machen. Doch Tias beantwortete seine Besorgnis lediglich mit einem Schulterzucken oder unverständlichen Brummeln, ohne ihn anzusehen.
    Einmal sagte sie jedoch bei einem solchen Anlass: »Wie sollte es mir schon gehen, Allas? Ich habe ja schließlich keine echte Wahl, oder?«
    »Es wird alles gut werden«, versicherte ihr Allas. »Dieser Sumpf hat auch einmal ein Ende.«
    »Wir würden es auch nicht ewig durchhalten, oder?«
    »Kopf hoch, Tias! Wir werden ihn bald hinter uns haben.«
    »Ich wollte nie hierherkommen«, erinnerte sie ihn. »Aber nun, da ich hier bin, Allas, werde ich es auch durchstehen.« Ihre Stimme klang bitter und zornig, als wäre er schuld, dass sie hier war, als hätte sie sich nicht selbst entschieden mitzukommen, aus Liebe zu ihm. Grollend sagte sie: »Vielleicht werden alle anderen sterben, Allas, vielleicht auch du, mitten in diesem Sumpf – aber nicht ich. Ich wollte ja nicht hierherkommen«, wiederholte sie, »also werde ich auch nicht sterben.«
    Ihre Worte kränkten Allas, und seine Miene verriet seinen Seelenschmerz. Das sah Tias gar nicht ähnlich. Da spürte er, dass sie ihr herzloses Benehmen bereits bedauerte, aber sie entschuldigte sich nicht und versuchte auch nicht, ihre Worte zu mildern. Sie schienen sie sogar gestärkt zu haben. Sie saß wieder hochaufgerichtet im Sattel, hielt den Zügel ruhig, blickte geradeaus und bemühte sich, nicht auf die bedrohlichen Geräusche im Sumpfwald ringsum zu hören.
    Allas seufzte und ritt dichter neben ihr her. Vor ihnen trotteten Olin und Sonja und knapp hinter ihnen Pelides. Verächtlich verzog er die Lippen beim Anblick des Herzogs, vielleicht aus uneingestandener Furcht, denn jedes Mal, wenn er ihn sah, erinnerte er ihn an den Hexer Asroth und die unheimlichen Gefahren, die sie alle durch ihn bedrohten. Er dachte an den Ring, wusste, dass Pelides hinter ihm her war. Seit Sonja ihm gesagt hatte, dass der Ring sich in ihrem Besitz befand, hatte er oft darüber nachgedacht, ob und wann Pelides ihn ihr stehlen wollte. Und nun fragte er sich, da der Ring doch angeblich über gewaltige Kräfte verfügte, weshalb er sie dann nicht alle, zumindest aber Sonja, vor den Gefahren dieses Rittes beschützte. Konnte nur ein Zauberer ihn benutzen? Und gab es noch andere im Sumpfland, die den Ring ebenfalls haben wollten?
    Er behielt Pelides im Auge – und Sonja.
    Jemand hinter ihnen schrie gellend – wieder einer, der dem Sumpf zum Opfer gefallen war. Gespenstisch hörte sich der Schrei im Wald an, wie er so im Nebel zu zittern schien. Doch Allas ritt ruhig neben Tias her. Auch Som, Pelides, Sonja und Olin trotteten weiter, ohne sich umzudrehen. Ein weiterer Schrei zerriss die Luft, ein Hilfeschrei – vielleicht hatte ein Kamerad helfen wollen und war dadurch selbst in Gefahr geraten? Trotzdem ritt die Kolonne unbeirrt weiter.

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