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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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Wisst ihr etwa alle Bescheid?«
    Manuel nickte. »Corrine will unbedingt dazugehören. Zu dem Quintett.«
    »Verstehe.« Dr. Yoder fasste sich lange an den Händen, und ein komischer Geruch verbreitete sich im Zimmer. »Magst du die anderen vier?«
    »Ja, schon …«
    »Und willst du nicht zu ihrem Pod dazugehören?«
    »Doch, schon, aber Corrine ist es viel wichtiger. Sie wird viel besser sein als ich.«
    »Gut, Manuel. Du kannst jetzt zurück in die Bibliothek gehen.«
    Den restlichen Tag hielt er sich von Corrine und den anderen fern. Innerlich hatte er sich schon mit seinem Schicksal abgefunden, und anstatt alles nur noch schlimmer zu machen, kletterte er lieber auf die Eichen im Hintergarten. Jedes Mal stieg er ein bisschen höher, bis sich der Stamm unter seinem Gewicht bog.
    Von ganz oben konnte er die Universität sehen. Dort arbeiteten Dr. Yoder und Dr. Khalid, und ein paarmal hatten sie Corrine und ihn zum Spielen mitgenommen. Weiter hinten entdeckte er einen Airbus im Landeanflug auf den Flughafen. Die weißen Streifen dahinter seien bloß Wasserdampf, hatte Matron Redd ihnen einmal erklärt, kein Rauch oder Giftgas. Trotzdem zerschnitten sie den Himmel in viele kleine Teile.
    Er würde schon klarkommen in Gorton. Er würde sich neue Freunde suchen, und vielleicht würde er Corrine ab und zu sehen. Falls sie mal zu Besuch kam.
    Nach dem Essen spielten die vier und Corrine – die fünf, das Quintett – noch ein bisschen, bevor es Schlafenszeit war. Manuel saß in der Bibliothek und las ein Buch über Haie, über dem er bald eindöste.
    Mit einem Mal fuhr er hoch. Angstgeruch lag in der Luft. Er blinzelte den Schlaf weg und ließ das Buch fallen. Nur die kleine Leselampe erhellte den Raum, ansonsten war es stockdunkel.
    Corrine!
    Sofort wusste er, woher die Angst kam. Corrine hatte Angst. Und nicht bloß Angst – Todesangst.
    Er rannte hinaus in den dunklen Flur und weiter zum Schlafzimmer.
    Aber da war alles ruhig, die vier schliefen tief und fest. Strom schnarchte leise vor sich hin, vage Traumgedanken schwebten durch den Raum.
    Da, ein Geräusch!
    Von der Treppe!
    Manuel hetzte zur Diele. Unten bewegten sich Schatten. Mit den Zehen klammerte er sich an die Kante der obersten Stufe, stieß sich ab, fing sich einen Meter tiefer mit den Fingern in den Geländerstangen, und immer so weiter, bis er unten war.
    Corrine!
    Manuel!
    »Sie erbricht Pheromone!«, sagte eine Stimme.
    »Wir hätten sie betäuben sollen«, eine andere.
    Ohne zu zögern, stürzte sich Manuel auf die dunklen Gestalten, die Corrine umklammert hielten.
    »Pass doch auf!«
    Jetzt lagen sie alle am Boden: Corrine, Manuel und zwei andere Pods.
    »Da ist irgendwas die Treppe runtergekommen.«
    Im selben Moment ging ein Licht an. Manuel blinzelte ein paarmal – und erkannte Dr. Khalid und Dr. Yoder. Sie wollten ihm Corrine wegnehmen!
    »Das ist der Bruder«, bemerkte Dr. Khalid.
    »Ich hab ja gesagt, dass die beiden sehr eng miteinander verbunden sind!«
    Manuel krabbelte zu Corrine hinüber und schloss sie fest in die Arme.
    Ratlos blickte Dr. Yoder auf die verängstigten Kinder hinunter; schließlich kniete sich eine Version von ihm neben sie. »Jetzt hört mir mal zu, ihr beiden. Ich weiß, ich habe euch immer gesagt, dass ihr zusammengehört. Aber ich habe euch auch gesagt, dass ihr vielleicht eines Tages zu verschiedenen Pods gehen müsst. Das habt ihr doch nicht vergessen, oder?«
    Manuel schüttelte den Kopf, während sich Corrines Gesicht zu einer Grimasse verzog. Sie schob seinen Arm weg.
    »Und jetzt ist es so weit. Ihr müsst euch trennen, es geht nicht anders. Versteht ihr das?«
    »Ja!«, schrie Corrine. »Aber warum muss ich gehen? Warum nicht er?«
    Manuel zuckte zurück.
    »Genau deshalb.« Dr. Khalid bückte sich und hob Corrine auf. »Weil ich nicht zulassen kann, dass du mir mit deiner kleinlichen Eifersucht und Selbstsucht meinen schönen Pod verdirbst.«
    »Khalid!«, rief Dr. Yoder.
    »Gehen wir.«
    »Aber der Junge!«
    Widerwillig drehte sich einer von Khalid um, während der Rest mit Corrine durch die Tür verschwand. Manuel spürte, wie er hochgehoben und die Treppe hinaufgetragen wurde, in das Schlafzimmer, in dem die vier immer noch tief und fest schliefen.
    Der eine von Khalid machte Handzeichen: Hier gehörst du jetzt hin. Damit ließ er ihn allein.
    Manuel blieb in der Dunkelheit stehen und heulte, bis er sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Dann kroch er zu den anderen unter die Decke, und bald war er

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