Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
Vom Netzwerk:
aus.
    Das Aircar folgte dem Pod. Ich konnte nur zusehen, wie Quant einen Stein aufhob und lässig in den linken Kühler schleuderte. Mit einem ungesunden Klappern brach das Aircar nach rechts aus. Natürlich konnte es auch mit einem Getriebe fliegen, aber es war längst nicht mehr so schnell und wendig. Sofort zog der Pilot hoch, um dem nächsten Bombardement auszuweichen.
    Ich zerrte Jol zwischen die Bäume. Wie ein grüner Vorhang senkte sich der Dschungel über den Lärm, der vom Fluss und vom Aircar herüberdrang. Auf einmal waren nur noch zirpende Grillen und Vogelgezwitscher zu hören.
    Bald hatten wir den Pod eingeholt. Ich nickte Quant zu. »Guter Wurf.«
    Sie hob die Augenbrauen und grinste wie ein Wolf. »Danke.«
    Wir drangen tiefer in den Dschungel vor. Glücklicherweise konnten wir einer Tierspur folgen, die einen Bogen zum Fluss beschrieb, bevor sie zurück in den Urwald führte. Wir wussten nicht, welche Tiere diesen Trampelpfad geschaffen hatten, aber sie mussten ziemlich klein gewesen sein, denn ich blieb mit Kopf und Schulter immer wieder an Ranken und Ästen hängen. Scharfkantige Blätter zerschnitten mir das Gesicht.
    »Auf Fluss wären wir in zwei Tagen bei Highway gewesen«, meinte Gueran. »Aber in Dschungel …« Er zuckte die Schultern. »Das dauert.«
    Wir hörten, wie das Aircar irgendwo hinter uns landete.
    »Sie folgen uns«, sagte Jol.
    Ich winkte ab. »Da passen höchstens zwei rein.«
    »Nein«, widersprach Quant. »Zur Not sechs.«
    »Also drei Duos? Drei Militärduos?«
    Die anderen berührten sich an den Händen, um die Lage gemeinsam einzuschätzen. Ich ignorierte sie.
    … einer gegen drei …
    Widerwillig schob ich den Gedanken beiseite, der meine Pads kitzelte.
    Unterdessen starrte Gueran auf das grüne Blätterdach. »Von Bolivopolis führt Straße zu Highway. Auf Straße könnt ihr es vielleicht schaffen. Aber zu Fuß durch Dschungel – keine Chance.«
    »Wie weit ist es bis zu dieser Straße?«, fragte ich.
    »Paar Klicks.«
    Meda schüttelte den Kopf. »Das ist zu riskant. Die Straße wird bestimmt überwacht.«
    »Und wenn wir uns immer am Rand der kleinen Straße, am Waldrand halten? Ein Tag auf dem Fluss macht allenfalls hundert Kilometer. Bis zum Highway hätten wir also höchstens zweihundert Kilometer vor uns. Das können wir schaffen.«
    »Und wer hat sich da vor einer Woche über seine Füße beklagt?«, fragte Meda und grinste.
    »Na ja, notfalls lasse ich mich von Strom tragen.«
    »Kein Problem«, antwortete Strom mit vollem Ernst.
    Jol trat zwischen mich und die anderen. »Wir sollten uns aufteilen. Dann werden sie der größeren Gruppe folgen. Also ihnen.« Sie nickte in Richtung Pod. »Außerdem haben sie bestimmt Spürnasen dabei, die auf Pheromone trainiert sind. Bei uns bringt das nichts, wir könnten fliehen. Vielleicht ein neues Leben anfangen, hier im Dschungel.«
    »So einfach ist das nicht«, erwiderte ich. Dabei hatte sie natürlich Recht – die Pheromonschnüffler würden uns auch im tiefsten Urwald aufspüren. Wir mussten immer in Bewegung bleiben.
    »Warum nicht? Warum soll es nicht so einfach sein? Klar, wenn man immer einen Pod hatte, wenn man nicht weiß, was Einsamkeit bedeutet …« Jols Stimme versagte, in ihren Augenwinkeln glänzten Tränen. Ich wollte sie nicht verletzen, aber sie war mir fremd, beängstigend fremd. Ihre wahren Gefühle würde ich nie kennenlernen. »Ich weiß gar nicht mehr, wie sich das anfühlt, diese … Geborgenheit. Aber du bist jetzt wie ich. Du bist nicht mehr wie sie.«
    Kurz trafen sich Medas und meine Augen, bevor sie zur Seite blickte. Wie auch immer wir entstanden waren, welche Entscheidungen oder Zufälle auch immer zusammengewirkt hatten, um uns zu erschaffen – jetzt waren wir eins und würden immer eins bleiben. Zögerlich schüttelte ich den Kopf. »Nein. Ich bin sie.«
    »Wir müssen weiter«, flüsterte Strom.
    »Manuel.« Jol flehte mich an. »Bitte komm mit mir.«
    »Es tut mir leid, Jol. Ich kann nicht. Ich kann mich nicht für dich entscheiden. Die Entscheidung wurde vor fünfzehn Jahren getroffen. Und ich habe sie nicht mal selbst getroffen.« Jols Blick erinnerte mich an Corrine, als Dr. Yoder und Dr. Khalid gekommen waren, um sie zu holen. »Es tut mir leid. Wirklich.«
    Ihr Gesicht verzerrte sich. »Arschloch!« Damit drehte sie sich um und rannte in den Dschungel, und ein paar Sekunden später war sie verschwunden. Der übermächtige Wald verschluckte sogar das Krachen ihrer Schritte im

Weitere Kostenlose Bücher