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Der Ring

Der Ring

Titel: Der Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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Unterholz.
    Ich wandte mich Gueran zu. »Könnten Sie sich um sie kümmern? Vielleicht kann sie in einer Singleton-Siedlung unterkommen, irgendwo, wo sie die Möglichkeit hat, jemanden kennenzulernen …«
    Gueran nickte. »Ja, ja. Ich tu, was ich kann.« Auch er huschte in den Dschungel. »Viel Glück, Og-Lakaien!«, hörten wir ihn noch rufen. »Und immer Richtung Süden! Ist nicht mehr weit!«
    »Soldaten«, flüsterte Quant. »Sie kommen.«
    Synchron fiel der Pod in Trab, weiter den Pfad hinauf. Ich rannte hinterher und holte sie ein, als sich der Weg gabelte.
    Quant deutete auf eine Richtung, und schon war der Pod zwischen den Blättern verschwunden. In der Ferne heulte etwas: Schnüffler – ein Rudel genkonstruierter Pheromonspürhunde.
    Dunkelheit senkte sich über den Dschungel, ein sekundenschneller Wechsel von Dunkelgrün zu Tiefschwarz. Strom blieb kurz stehen, um die Taschenlampe aus dem Rucksack zu kramen, den wir im letzten Moment aus dem Boot gerettet hatten. Als er den Lichtstrahl auf den Pfad richtete, leuchteten mehrere runde Augenpaare auf. Der Dschungel lebte.
    Gemeinsam rannten wir durch die Nacht, vorneweg Quant, die uns durch das Dickicht von Bäumen und Büschen dirigierte. Allerdings schlug sie nicht immer den günstigsten Weg ein, sondern hielt sich stur an die Route, die uns am schnellsten nach Süden und damit zur Straße führte. Einmal zwang uns eine felsige, überwucherte Schlucht zur Umkehr, ein andermal stießen wir auf einen Fluss, an dessen Ufer wir ein Stück nach Osten laufen mussten; erst nach einigen Minuten fanden wir eine Stelle, wo die Strömung so stark war, dass wir ohne Angst vor Kaimanen oder Piranhas auf die andere Seite schwimmen konnten.
    Als es hell wurde, fielen wir fast um vor Erschöpfung, aber ich fühlte mich wie neugeboren. Der Sprint durch die Dunkelheit hatte mich von allen Gefühlen, vor allem von meiner Wut gereinigt. Nur Jols Abschied schmerzte noch, doch daran konnte und wollte ich jetzt nicht denken. Wir rasteten bei einem kleinen Teich, dessen Wasser verhältnismäßig sauber wirkte. Zwischen den vermoderten Blättern, Ästen und Beeren auf dem Boden entdeckte Quant einen Skorpion. Gespannt sah sie zu, wie er einen umgestürzten Baumstamm nach einem Insektenfrühstück absuchte.
    Das Geheul der Spürhunde war verstummt. »Haben wir es geschafft?«, fragte ich.
    Stroms Antwort fiel sehr knapp aus. »Wohl kaum.«
    Also weiter.
    Keine hundert Meter später traf mich irgendetwas an der Brust. Halbbetäubt krachte ich auf den schlammigen Boden, schnappte nach Luft und versuchte, wieder aufzustehen. Keine Chance. Ich konnte nur zusehen, wie eine Ameisenpatrouille ein paar Zentimeter vor meiner Nase über den Waldboden marschierte – riesige Ameisen, so groß wie mein Daumen, und dahinter eine mächtige Stiefelspitze.
    »So, so«, hörte ich eine Stimme über mir, die ich sofort erkannte: Anderson McCorkle. »Wen haben wir denn da?«
    Als irgendetwas an mir vorbeihuschte, stützte ich mich auf die Ellbogen. Augenblicklich raste die Stiefelspitze auf mich zu und erwischte mich mitten im Gesicht. Mein Nasenbein knackte.
    »Diesmal wirst du deinen Kollegen nicht helfen, Singleton.«
    Mir wurde speiübel.
    Mit zerteilten Blättern auf dem Rücken krabbelten die Ameisen über meine Hand, ein kribbliges Gefühl. Ich war zu schwach, um sie abzuschütteln. Mein dröhnender Schädel löschte alles andere aus.
    Ein Schrei, hinter mir – Moira! –, gefolgt von hastigen Bewegungen, knackenden Ästen. Der Pod war zum Gegenangriff übergegangen, doch auf diesem Terrain war McCorkle klar im Vorteil. Er hatte alle Zeit der Welt gehabt, um sich einen Überblick zu verschaffen und den perfekten Hinterhalt auszuspähen.
    Ich rappelte mich auf. Die Bisse der wütenden Ameisen spürte ich gar nicht.
    Plötzlich war es still, beunruhigend still. Ich presste die Hände vor die Augen, um gegen das Schwindelgefühl anzukämpfen. Es half nichts; ich musste mich wieder hinknien und mich ganz auf mein Gehör verlassen.
    Da, ganz in der Nähe: Atemgeräusche! Etwas weiter weg streifte irgendetwas oder irgendwer durchs Unterholz.
    Wieder versuchte ich, auf die Beine zu kommen. Blut tropfte aus meiner Nase und sprenkelte mein Hemd. Ich ließ den Blick über die Umgebung schweifen.
    Zwei Meter weiter entdeckte ich Quant. Sie lag auf dem Boden, bewusstlos, mit flacher Atmung. Ich zog sie hoch, lehnte sie gegen einen Baumstamm und nahm ihre Hand.
    Keine Reaktion – bis sie auf einmal die

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