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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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ohrenbetäubend. Ein Regenguss ging
auf uns nieder. Wir sprangen auf, hielten uns die Decke über die Köpfe und eilten auf die schützenden Felsen zu. Unterwegs schnappte ich mir meine Satteltaschen und die Winchester.
    Bei unserer Ankunft am Nachmittag hatte ich eine Stelle entdeckt, an der ein großer, flacher Stein in Kopfhöhe waagerecht aus der Felsformation hervorragte. Um dorthin zu gelangen, mussten wir einen sanft ansteigenden Hügel hinauflaufen; wir suchten Schutz unter dem Vorsprung und kauerten uns mit dem Rücken direkt ans Felsgestein. Ich stellte das Gewehr neben mir ab und zog die Satteltaschen an die Brust. Den Revolvergürtel trug ich noch immer umgeschnallt, meinen Hut hatte Jesse auf dem Kopf. Zurück blieben Sattel, Zaumzeug, Bettrolle, Wasserbeutel und andere Kleinigkeiten, für die wir während des Wolkenbruchs sowieso keine Verwendung hatten.
    Wenn wir die Füße anzogen, blieben wir vom Regen verschont. Es goss wie aus Kübeln. Unser Lagerfeuer flackerte noch ein paarmal, dann verlosch es. Jetzt lag alles in tiefster Dunkelheit.
    Zwar konnte man nichts mehr sehen, doch dafür gab es eine Menge zu hören. Das Wasser spritzte so laut von dem Felsvorsprung herunter, dass man den Eindruck hatte, hinter einem Wasserfall zu sitzen. Der Sturm heulte schrill. Irgendwo draußen in der Dunkelheit stampfte General unablässig und stieß ein ängstliches Wiehern aus.
    Ich hätte alles dafür gegeben, ihm helfen zu können. Doch für ihn war kein Platz in unserem Unterschlupf. Er würde den Sturm eben erdulden müssen, so gut es ging.
    Trotzdem schmerzte es mich, mit anhören zu müssen, wie er litt. Er war mächtig verängstigt.

    Ein Blitz, der so grell war, dass es meine Augen zum Tränen brachte, tauchte die Landschaft in gleißende Helligkeit, und ich sah, wie General auf die Hinterbeine stieg. Da ich ihm die Vorderbeine zusammengebunden hatte, fürchtete ich sofort, er könnte stürzen. Aber in dem Augenblick, in dem ihn die Dunkelheit wieder einhüllte, kam er sicher zum Stehen.
    Dann donnerte es so laut, dass die Luft erbebte.
    Ich überlegte mir, nach draußen zu eilen und Generals Fesseln zu lösen. Ich könnte mir Jesses Messer leihen, oder mein eigenes aus der Satteltasche hervorkramen. Aber möglicherweise würde er dann weglaufen, und wir würden ihn nie wiedersehen.
    Plötzlich war mein Hosenboden nass. Ein Frösteln kroch mir das Rückgrat hinauf.
    Jesse und ich sahen uns in der Dunkelheit an.
    »Oh-oh«, sagte sie.
    Ich schlug mit der Hand auf den Boden. Wasser platschte auf.
    Das ergab keinen Sinn. Wir befanden uns auf einem Hügel. Sicherlich kein übermäßig hoher Hügel, aber immer noch hoch genug, dass es das Wasser bis hierher nicht hätte schaffen dürfen.
    »Ich suche mir ein höheres Plätzchen«, verkündete Jesse und drückte sich meinen Hut fester auf den Kopf.
    Als sie aus unserem Unterschlupf kroch, die Decke im Schlepptau, nahm ich die Winchester und die Satteltaschen. Dann schob ich mich durch den von dem Felsvorsprung herabplätschernden Wasservorhang und war sofort bis auf die Knochen durchnässt.
    Ich drehte mich um und entdeckte Jesse. Sie hockte rechts von mir auf einem Felsblock. Ich watete durch knöcheltiefes
Wasser auf sie zu und kletterte ein Stück, bis ich sie erreicht hatte.
    »Das ist eine richtige Überschwemmung!«, brüllte sie. »Wir sollten …« Ein schreckliches Krachen begrub meine Stimme unter sich. Das war kein Donner. Ich wusste zwar nicht, was es gewesen war, doch es gefiel mir überhaupt nicht. »Was war das?«, schrie ich.
    »Ist der Fluss über die Ufer getreten?«
    »Am besten …«
    »Was ist mit General?«, rief sie.
    Bevor ich antworten konnte, warf Jesse die Decke von sich, zog das Bowie-Messer und sprang vom Felsen. Ich wusste genau, was sie vorhatte - sie wollte die Fußfesseln durchschneiden, damit General sich in Sicherheit bringen konnte. Also genau das, was ich schon längst hätte tun sollen, nur dass sie mir nun zuvorkam.
    Dann war sie weg, ich konnte sie weder sehen noch hören. Es gab nur die Dunkelheit und den strömenden Regen und das schreckliche Getöse, das immer näher kam. Ich kletterte noch ein Stück höher, ließ Gewehr und Satteltaschen fallen, schnallte den Revolvergürtel ab und eilte zurück zu der Stelle, von der Jesse gesprungen war. Ich hatte sie gerade erreicht, als ein Blitz den Himmel spaltete.
    In seinem flackernden Licht entdeckte ich General, der nur ein paar Yards entfernt war. Er stand bis zum Bauch in

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