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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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»Hör auf damit. Da unten lauern keine Ungeheuer. Du machst mir eine Gänsehaut.«
    »Tut mir leid«, sagte ich und holte die Wasserflasche aus der Satteltasche. Wir tranken einen Schluck.
    Dann zog Jesse den Revolver, den sie dem Deutschen abgenommen hatte. Sie schob mit dem Daumen die Ladeklappe auf und drehte die Trommel, bis sie bei der leeren Kammer anlangte.
    Wir hatten beide nur fünf Patronen geladen und die Kammer unter dem Hahn leer gelassen, um Unfälle zu vermeiden. Während ich zusah, fummelte Jesse eine Patrone aus der Tasche. Mit leicht zitternder Hand schob sie sie in die Kammer.

    Ich lud meine Colts ebenfalls mit je einer sechsten Patrone und schob sie dann zurück ins Holster.
    Jesse behielt ihre Waffe in der Hand. Sie begann, den steilen Abhang hinunterzusteigen, der in das schreckliche Tal führte.
    »Vielleicht sollte ich als Erster gehen«, schlug ich vor.
    »Das spielt doch keine Rolle«, erwiderte sie. »Wir können genauso gut von hinten wie von vorn überfallen werden.«
    Oder von oben, dachte ich.
    Ich ließ Jesse vorangehen. Das war sicher vernünftiger so. Hätte ich die Führung übernommen, hätte sich General zwischen Jesse und mir befunden. Und ich wollte kein Hindernis in der Mitte, das mein Schussfeld verstellt hätte. Falls es dazu kommen sollte.
    Wir ließen den Wind hinter uns zurück. Genau wie das Sonnenlicht. Noch bevor wir den Talboden erreicht hatten, sträubten sich mir die Nackenhaare.
    »Ich muss sagen, das hier gefällt mir gar nicht.«
    »Wie hat Whittle diesen Ort bloß gefunden?«, fragte Jesse.
    Ehe wir uns versahen, hatten wir die Talsohle erreicht. Ich blieb so nahe wie möglich hinter Jesse, während wir uns langsam einen Weg zwischen den Felsen entlang suchten. Sie schlossen uns ein. Sie überragten uns. Sie stellten sich uns in den Weg, so dass wir sie umgehen mussten.
    Außer unseren Schritten und Generals Hufen war nur der Wind zu hören. Manchmal klang er wie ein reißender Strom. Dann wiederum schien er zu stöhnen. Die Laute umgaben uns, doch der Wind selbst blieb immer weit über uns. Hier unten regte sich kein Lüftchen.

    Es kam einem richtig unnatürlich vor.
    Während ich Jesse durch das steinerne Labyrinth folgte, musste ich unwillkürlich daran denken, wie Whittle seine Opfer an diesen seltsamen, abstoßenden Ort brachte.
    Und singt kein Vogel mehr.
    Vermutlich hielt er sie bis zur Höhle am Leben. Mir wurde ganz schlecht, als ich an das Entsetzen dachte, das sie empfunden haben mussten.
    Jesse erstarrte plötzlich.
    »Was ist?«, flüsterte ich.
    »Pst.« Sie zeigte mit dem Revolver auf eine Stelle am Boden, kaum mehr als einen Schritt entfernt.
    Ich hörte die Schlange, bevor ich sie sah. Ein leises Rasseln. Dann kehrte wieder Stille ein. Das nächste Rasseln. Ich entdeckte sie. Ihre Tönung unterschied sich so wenig von der schmutziggrauen Farbe der Felsen, dass sie fast unsichtbar war. Aber da war sie, so lang wie mein Arm, und schlängelte sich quer über unseren Weg.
    In diesem Augenblick musste auch General sie bemerkt haben. Er stieß ein erschrockenes Schnauben aus und wich zurück. Ich riss an den Zügeln. Er blieb stehen, gab aber ein Stöhnen von sich, das beinahe menschlich klang.
    Jesse spannte den Revolverhahn. Es knackte so laut, dass ich beinahe ein Echo erwartete.
    »Nicht schießen«, flüsterte ich.
    Sie hielt inne. Im nächsten Augenblick verschwand die Schlange hinter einem Stein.
    Wir hielten den Blick auf die Stelle gerichtet, an der sie verschwunden war, und eilten daran vorbei.
    »Erst schießen, wenn wir angegriffen werden«, sagte ich zu Jesses Rücken.

    »Ich habe keine Lust, mir einen Schlangenbiss zu holen, nur weil du deine Ohren schonen willst.«
    »Es geht nicht um meine Ohren. Ich möchte nur nicht gleich lautstark verkünden, dass wir da sind.«
    Wir gingen weiter, und ich horchte nach anderen Schlangen. Und tatsächlich ertönte hier und da ein Rasseln, ohne dass sich eins der Biester sehen ließ.
    »Sie sind überall «, flüsterte ich.
    »Ganz in der Nähe.«
    Überall, doch außer Sicht. Ich hörte sie, konnte sie aber nicht sehen. Das machte es noch viel schlimmer.
    Plötzlich versperrte ein riesiger Steinklotz den Weg. Links ging es nicht weiter. Wir konnten nur nach rechts, durch einen Spalt zwischen zwei Felsen. Der Spalt erinnerte an eine aus groben Wänden bestehende Gasse, etwa zweimal so hoch wie wir, dafür kaum breiter als unsere Schultern. Er schien eine Länge von etwa dreißig Fuß zu

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