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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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vermissen werde. Jedoch kommen alle guten Dinge einmal zu ihrem Ende.«
    Trudys Gesicht nahm eine graue Tönung an, sie biss sich auf die Unterlippe.
    Whittle schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. »Du hast nichts zu befürchten, Trudy. Hältst du mich tatsächlich für so undankbar, dass ich dir jetzt, wo wir einen sicheren Hafen erreicht haben, etwas antue? Ich mag ja durchaus gelegentlich etwas boshaft sein, aber ich bin doch kein herzloser Schurke. Ich zähle dich zu meinen Freunden. Ich zähle euch alle zu meinen Freunden«, fügte er hinzu und lächelte Michael und mich an. »Wir haben die Weiten des Meeres zusammen bezwungen - eine Gemeinschaft von Brüdern. Und einer Schwester«, verbesserte er sich und zwinkerte Trudy zu. »Wir Auserwählten.«

    Er gab noch eine Zeit lang weiteren Unsinn dieser Art von sich. Er legte sich mächtig ins Zeug und ließ uns wissen, wie sehr er uns doch achtete, und wie dankbar er sei, und ihm würde nicht einmal im Traum einfallen, uns etwas anzutun. Kurz, er ritt so lange auf dem Thema herum, bis ich nicht mehr den geringsten Zweifel hegte, dass er uns alle töten würde.
    Schließlich gähnte er und sagte: »Ich bin völlig erschöpft. Wir sollten uns für die Nacht zurückziehen. Ich glaube, kurz vor Einbruch der Morgendämmerung dürfte die beste Zeit zum Aufbruch sein. Ich werde das Skiff zur Küste rudern, und ihr drei könnt tun, was euch beliebt. Ihr könnt in die Stadt oder die warme Karibik oder von mir aus auch nach Timbuktu segeln.«
    Trudy machte sich daran, das Geschirr zu spülen, aber Whittle sagte ihr, darum brauche sie sich nicht zu kümmern. Dann führte er sie in die Vordeckskabine.
    Michael sah ihr nach. Seiner Miene nach zu urteilen ging er nicht davon aus, sie je lebendig wiederzusehen.
    Als Whittle die Tür geschlossen hatte, sagte ich: »Wir müssen sie retten. Es gilt keine Zeit zu verlieren.«
    Augenblicklich änderte sich sein Gesichtsausdruck. Selbstmitleid und Hoffnungslosigkeit verschwanden, und er sah überlegen und verachtungsvoll aus. »Mach dich nicht lächerlich«, sagte er.
    »Wenn wir ihn nicht aufhalten, wird er sie abschlachten. Das wissen Sie genauso gut wie ich.«
    »Das wird er nicht tun.«
    Ich war wirklich sprachlos, obwohl das eigentlich lächerlich war. Ich kannte Michael mittlerweile lange genug, um zu wissen, dass er keinerlei Rückgrat besaß, wenn es
um Whittle ging. »Wir können hier nicht rumsitzen und zulassen, dass sie umgebracht wird!«
    »Du vergreifst dich mir gegenüber im Ton, Junge.«
    »Wollen Sie etwa, dass er Trudy umbringt? Sie haben doch gesehen, wie er den armen Patrick Doolan zerlegt hat.«
    Die Erinnerung daran ließ seine Züge ein wenig erschlaffen.
    »Ich habe gesehen, was er mit einer Londoner Hure gemacht hat. Er hat sie auf schrecklichste Weise verstümmelt. Er hat sogar Stücke von ihr gegessen . Ich habe ihm dabei zuhören müssen. Er wird Trudy dasselbe antun, wenn wir ihn nicht aufhalten.«
    »Unfug«, murmelte er.
    Aber ich konnte sehen, dass er mir glaubte.
    »Trudy wird nichts geschehen«, sagte er, »solange wir das Boot nicht zum Schaukeln bringen.«
    »Wenn wir ein Feuer legen, hätten wir vielleicht eine Chance«, sagte ich.
    »Hast du den Verstand verloren?«
    »Ich habe darüber genau nachgedacht«, sagte ich ihm. Das war die Wahrheit. Sechsunddreißig Tage auf dem Atlantik hatten mir genügend Zeit zum Pläneschmieden verschafft, da ich gewusst hatte, wie sich die Dinge entwickeln würden, falls wir die Reise überlebten. »Sobald das Feuer brennt, schlagen wir Alarm. Whittle wird rausstürmen, nur darauf bedacht, sich in Sicherheit zu bringen. Er wird sich nicht mehr damit aufhalten, Trudy zu töten. Einer von uns wird an Deck warten und Trudy durch die Luke nach oben holen.«
    »Das Skiff ist über der Luke vertäut«, sagte Michael. Er klang müde und ärgerlich.

    »Glauben Sie, daran habe ich nicht gedacht? Wir räumen es weg, bevor wir das Feuer entzünden.«
    »Und was ist mit Whittle? Wenn er an dem Feuer vorbei ist, wird er an Deck kommen, und dann haben wir ein Problem.«
    Auch daran hatte ich gedacht. »Wir verrammeln die Tür zum Niedergang. Da kommt er nicht durch. Und selbst wenn ihn die Flammen nicht töten, verschafft uns das genug Zeit zur Flucht.«
    Es war ein wirklich prächtiger Plan. Huck Finn wäre bestimmt stolz auf mich gewesen. Und Tom war nicht da, um ihn mit seinen schrägen Spinnereien zu verderben. Keiner der beiden war da, außer in meinem Kopf. Mein einziger

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