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Der Ripper - Roman

Der Ripper - Roman

Titel: Der Ripper - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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die Schlinge legen?
    Ich musste zugeben, dass ich, von der Jagd auf Whittle abgesehen, noch ganz andere Sorgen hatte.
    Es galt, allen Menschen aus dem Weg zu gehen, zumindest, bis ich einige Meilen von der True D. Light entfernt war.
    Das schien im ersten Augenblick ein prächtiger Plan zu sein, aber er wurde in dem Moment zunichtegemacht, in dem ich auf das Haus stieß.

    Das heißt, das Haus kam erst später; zuerst versperrte mir plötzlich eine niedrige Steinmauer den Weg. Sie erstreckte sich so weit, wie das Auge in diesem heftigen Schneetreiben sehen konnte. Im ersten Moment wollte ich sie einfach in der einen oder der anderen Richtung umgehen.
    Schließlich war die Mauer nicht von selbst aus dem Boden gewachsen. Jemand hatte sie gebaut, was bedeutete, dass Menschen in der Nähe waren. Und ich wollte niemandem begegnen.
    Dann fiel mir ein, dass Whittle, sollte er hier vorbeikommen, die Dinge vermutlich anders sähe. Was, wenn er die Mauer als ein Zeichen nahm, dass in unmittelbarer Nähe ein Haus stand, und er danach suchte? Vielleicht war es genau das, was er wollte - ein Ort zum Aufwärmen, an dem man eine gute Mahlzeit und Schlaf bekommen konnte.
    Und als Dreingabe noch etwas Zerstreuung, indem man die Bewohner abschlachtete.
    Ich kletterte über die Mauer und begann mit der Suche. Ich hielt Ausschau nach Fußabdrücken, fand jedoch keine. Dunkelheit und Schnee schränkten die Sicht erheblich ein. Davon abgesehen, hatte Whittle wahrscheinlich einen großen Vorsprung. Möglicherweise war er vor dem Einsetzen des Schneefalls hier durchgekommen.
    Und alle Bewohner des Hauses - falls es überhaupt ein Haus mit den dazugehörigen Bewohnern gab - waren schon lange tot.
    Überall standen Büsche und Bäume, von denen mir einige einen gehörigen Schrecken einjagten, wenn sie plötzlich vor mir aufragten und ich sie für Whittle hielt. Es gab ein paar Schuppen. Und einen Pfad, der nur deshalb
zu sehen war, weil einige überhängende Äste den Schnee von den Steinplatten abhielten.
    Schließlich tauchte das Haus auf, ein Steinhaus mit mehreren Stockwerken. Als ich am Fuß der Treppe zur Veranda stand, konnte ich lediglich bis zu einem Fenster im ersten Stock sehen, und das war dunkel.
    Ich musterte die Stufen. Der Schnee darauf war unberührt.
    Ich stieg drei Stufen hinauf, dann verließ mich plötzlich der Mut, und ich wich zurück.
    Sinnlos, die Dinge zu übereilen. Als ich mich das letzte Mal in die Behausung eines Fremden eingeschlichen hatte, war ich überhaupt erst dem Ripper begegnet. Also schien es wesentlich vernünftiger zu sein, zunächst die Umgebung zu erkunden, bevor ich mich dazu entschied, dem Haus einen Besuch abzustatten.
    Von dieser Erkenntnis geleitet, wandte ich mich nach rechts. Die Fenster des Erdgeschosses waren hoch genug, dass ich mich nicht ducken musste, und alle dunkel. An der Ecke bog ich ab und schritt die Seite ab.
    Kurz darauf hatte ich wieder die Vorderseite erreicht und folgte der langen Veranda bis zur Treppe. Ich hatte weder Licht noch Spuren gefunden, die auf Whittle hindeuteten.
    Es half alles nichts. Ich musste ins Haus.
    Also holte ich tief Luft und stieg die Treppe hinauf.
    Die Tür war unverschlossen.
    Ich drückte sie vorsichtig ein Stück weit auf und steckte den Kopf durch den Spalt. So verharrte ich einen Augenblick. Außer Dunkelheit war kaum etwas zu sehen. Irgendwo in der Nähe tickte eine Uhr. Ansonsten herrschte tiefe Stille. Also schlich ich mich hinein und schloss leise hinter mir die Tür.

    Es war eine Erleichterung, endlich aus dem Schnee heraus zu sein. Die Luft fühlte sich warm und heimelig an. Sie roch etwas abgestanden, wie im Haus meiner Großmutter in der Nähe von Oxford, nach Holzrauch, vermutlich von einem offenen Kamin. Und da war ein bittersüßer Duft, der mich an Daws, den Droschkenkutscher, erinnerte.
    Unvermittelt traf mich das Heimweh wie eine Woge.
    In diesem Augenblick hätte ich alles, wirklich alles dafür gegeben, bei meiner Mutter zu Hause zu sein.
    Aber das war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt, um sich dem Selbstmitleid hinzugeben. Ich befand mich schließlich auf gefährlichem Terrain, egal, ob Whittle nun in der Nähe lauerte oder nicht.
    Mit angespannten Sinnen ging ich auf Entdeckungstour. Manchmal trat ich auf Teppiche. Dann wieder auf einen Holzfußboden. Ich bewegte mich ganz langsam und oft geduckt, die Finger ausgestreckt und tastend, wollte ich doch möglichen Hindernissen ausweichen. Ich ertastete einen Schirmständer,

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