Der Ripper - Roman
einen kleinen Tisch, eine Lampe, ein paar Stühle. Dabei stellte ich allein anhand meines Tastsinns fest, worum es sich bei den einzelnen Gegenständen handelte. Irgendwie gelang es mir, nichts umzuwerfen. Schließlich gelangte ich zu dem Endpfosten eines Geländers und der dazugehörigen Treppe. Die Stufen schienen so breit zu sein wie ich lang war.
Vermutlich war es klüger, erst einmal die unmittelbare Umgebung zu erforschen, bevor ich mich in die oberen Stockwerke wagte. Genau das tat ich dann auch. Und bevor ich mich versah, stand ich in einem Wohnzimmer. Hier befand sich der Kamin. Das Feuer war zu rotglühender Asche niedergebrannt, aber es verlieh dem Zimmer
zusätzliche Wärme und immerhin so viel Licht, dass ich mir nicht länger blind vorkam.
Der Lichtschein war bescheiden und schuf überall tiefe Schatten, aber ich sah sofort, dass die Wände voller Bücher waren. Wo es keine Regale und mit Vorhängen versperrte Fenster gab, fanden sich Kommoden und Gemälde. Das Zimmer war vollgestellt. Außer einem Sofa gab es so viele Tische und Lampen und Stühle, dass es eher wie ein Lagerraum als ein Ort zur gemütlichen Zusammenkunft wirkte.
Obwohl ich mich sorgte, was die Schatten möglicherweise verbargen, hatte ich es nicht eilig, meine Erkundung fortzusetzen. Stattdessen trat ich in die Nähe des Feuers und hockte mich davor, um noch mehr von seiner Wärme mitzubekommen.
Irgendwo hinter mir sagte eine Stimme: »Wirf noch ein Scheit hinein, Junge.«
17
Der General
Ich richtete mich so schnell auf, dass ich mir beinahe einen Muskel gezerrt hätte, und fuhr herum.
In einer Ecke des Zimmers blitzte ein Streichholz auf. Es beleuchtete ein breites, faltiges Gesicht mit einem buschigen, weißen Schnauzbart, das von weißen Locken eingerahmt wurde. Der alte Mann saß in einem Lehnsessel, der etwas abseits stand. Auf meinem Weg zum Kamin musste ich an ihm vorbeigegangen sein.
Er sog die Streichholzflamme ein paarmal in seine Pfeife hinein und blies Rauch aus. »Bring das Feuer zum Lodern«, sagte er. »Ich habe es nur herunterbrennen lassen, weil ich keine Lust hatte, aufzustehen.«
Er hörte sich nicht so an, als wollte er mir etwas antun. Er klang sogar richtiggehend freundlich. Also gab es wohl keinen Grund, wie der Blitz abzuhauen. Ich wandte mich wieder dem Kamin zu, stellte das Gitter beiseite, warf ein Holzscheit auf den Feuerbock und bediente den Blasebalg, bis das Feuer wieder aufloderte. Dann befestigte ich das Gitter wieder an Ort und Stelle und wandte mich dem alten Mann zu.
»Sehr schön«, sagte er.
In dem roten Lichtschein konnte ich ihn nun besser sehen. Er war ein stämmiger Kerl, dessen ausgeprägte Muskeln unter dem Flanellnachthemd deutlich sichtbar waren. Auf seinen Beinen lag eine Decke. Er saß einfach
da, sah mich an und sog an seiner Pfeife, ganz ruhig, als wäre ich in sein Wohnzimmer eingeladen worden und hätte mich nicht wie ein Dieb hineingeschlichen.
»General Matthew Forrest«, sagte er.
Ein General? Das erklärte vielleicht, warum er so ruhig geblieben war.
»Steh nicht einfach mit offenem Schlund da«, sagte er. »Stell dich vor.«
Ich stieß ein paar Laute aus, die sich wie »Ähs« anhörten, während ich rasend schnell versuchte, alles zu durchdenken. Er sprach wie ein Yankee, genau wie Michael und Trudy, kurz und bündig und aus dem Bauch heraus. Ein paar Worte von mir, und er würde wissen, dass ich kein Einheimischer war. Dann würde ich eine Menge erklären müssen. Also brauchte ich ein paar überzeugende Lügen, wer ich war und wo ich herkam - Lügen, die Whittle und die Jacht mit keinem Wort erwähnten.
»Was ist los, hat es dir die Sprache verschlagen?«
Ich nickte, und plötzlich kam mir eine Idee. Hat es dir die Sprache verschlagen? Ja, ganz genau!
Ich schüttelte den Kopf und berührte meine Lippen. Dann erinnerte ich mich, wie es eines der Schlitzohren aus Huckleberry Finn gemacht hatte, mit Fingerwedeln als Zeichensprache. Also versuchte ich es auch damit.
Der General runzelte die Stirn. Er klopfte sich mit dem Pfeifenstiel gegen einen Zahn. »Ich verstehe«, sagte er. »Du bist stumm. Aber nicht taub. Ich kannte da einen Burschen namens Clay, der befand sich in der gleichen üblen Lage. Das war Vierundsiebzig. Er war ein paar Comanchen in die Hände gefallen, die haben ihm die Zunge an der Wurzel abgeschnitten. Nicht mehr als eine Meile von Adobe Walls entfernt. Ein Büffeljäger kam vorbei und
hat die Wilden mit seiner Sharps erschossen. Hat Clay
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