Der Ripper - Roman
nur meinetwegen?«
»Ich will dir mal ein oder zwei Dinge klarmachen, Willy. Chase ist der Einzige von diesem Haufen, der einen Funken Verstand hat. Von den anderen drei könnte uns jeder
in Schwierigkeiten bringen. Breakenridge hat ein so heißblütiges Temperament, der würde einen Mann schon dafür umbringen, dass der ihn schief ansieht. Emmet juckt es in den Fingern, sich mit jedem zu messen, der ihm einen Anlass dafür gibt. Snooker ist im Grunde seines Herzens ein Feigling, und das macht ihn unberechenbar. Er schießt den Leuten in den Rücken, und es ist ihm ziemlich egal, wen er dabei außerdem trifft. Wenn man mit solchen Jungs reitet, muss man sie immer im Auge behalten und versuchen, sie im Zaum zu halten, aber früher oder später werden sie einen in echte Schwierigkeiten bringen. Ich reite jetzt schon ein paar Jahre mit ihnen, und wir haben Glück gehabt. Aber das Glück hat so seine Art, einen nach und nach zu verlassen. Es ist besser, sie loszuwerden.«
Wenn ich daran denke, was später geschah, dann ist es schon seltsam - auf eine schreckliche Art und Weise -, dass McSween diese Dinge in der Nacht vor unserer Ankunft in Bailey’s Corner sagte. Er lag genau richtig, was die Sache mit dem Glück betraf. Aber er hätte nicht mehr danebenliegen können, was Breakenridge, Emmet oder Snooker als den Ursprung allen Übels anging. Es war McSween selbst, der den Ärger heraufbeschwor. Und zwar wegen mir.
Prue und sein Freund müssen uns, nachdem wir sein Pferd »gekauft« hatten, die ganze Zeit gefolgt sein. Sie waren klug genug, außer Sichtweite zu bleiben, denn weder hatten wir einen Verdacht, dass sie uns folgten, noch sahen wir sie. Sie tauchten erst an unserem zweiten Abend in der Stadt auf, mit Verstärkung.
Wir hatten uns im Silver Dollar Saloon zum Abschiedsessen versammelt, saßen an einem Ecktisch und aßen
Steaks und tranken Bier. Ich fühlte mich großartig. Ich hatte in der vorherigen Nacht in einem weichen Hotelbett geschlafen, zweimal gebadet und mir die Haare schneiden lassen. Ich hatte große, reichhaltige Mahlzeiten zu mir genommen, mein Reichtum war dank des Verkaufs der gestohlenen Uhren um fünfzehn Dollar gestiegen, und ich hatte mich von Kopf bis Fuß neu ausgestattet.
Ich war mächtig stolz auf meine neuen Sachen. Mit Ausnahme Breakenridges hatten mir alle beim Einkaufen geholfen.
Ich trug ein Paar schöner Stiefel, die wie angegossen passten, Sporen, die bei jedem Schritt klirrten, bequeme Hosen, ein blaues Hemd, das große Ähnlichkeit mit McSweens hatte, eine Lederweste, ein rotes Halstuch und einen prächtigen Biberhut. Das Prachtstück unter meiner neuen Ausrüstung war ein Revolvergürtel mit einer großen Silberschnalle, Schlaufen für Patronen und Holster an jeder Hüfte. In ihnen steckten die Colts, die ich aus dem Zug mitgenommen hatte.
Ich wusste, ich sah einfach toll aus. Wie ein richtiger Desperado. Aber ich verschluckte mich fast an meinem letzten Bissen Steak, als Emmet sagte: »Wir müssen noch dafür sorgen, dass Willy morgen nicht als Jungfrau losreitet.«
Snooker stieß einen begeisterten Jubelruf aus. »Nehmen wir ihn mit zu Sally.«
Sie alle waren schon am vergangenen Abend zu Sally gegangen, aber ich hatte Magenschmerzen vorgeschützt und mich gedrückt. Es war nicht einmal eine große Lüge gewesen, denn die Vorstellung, den »Ladys« einen Besuch abzustatten, hatte mir tatsächlich Magendrücken beschert.
»Eigentlich habe ich aber keine Lust dazu«, sagte ich.
»Ach was«, sagte Snooker. »Kein Grund, Angst zu haben.«
»Ich habe keine Angst«, protestierte ich, obwohl mir der Gedanke einen Schauder über den Rücken trieb. In meinem Kopf fand ich mich im East End mit Sue, der Hure, wieder. So aufregend diese Begegnung auch gewesen war - bis zu dem Überfall -, bescherte mir der Gedanke, mich mit einer anderen Person ihres Schlages einzulassen, doch ziemliches Unbehagen. »Ich will bloß nicht, das ist alles.«
»Nun sei kein Feigling«, sagte Snooker.
Diese Bemerkung verwandelte meine Verlegenheit in Wut.
»Selber Feigling«, fuhr ich ihn an.
Snooker riss die Augen auf. »Was war das?«
»Beruhigt euch, Jungs«, sagte Chase.
»Wie hat er mich genannt?«
»Einen verdammten Feigling«, wiederholte ich, vom Teufel geritten.
»Was?«
»Bist du taub?«
»Willy«, sagte McSween ganz leise.
Snooker sprang so schnell auf, dass sein Stuhl umkippte. Die anderen Gäste des Saloons stellten ihre Aktivitäten ein und drehten sich zu uns um. »Warum
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