Der Ripper - Roman
daherpreschte. Soweit ich sehen konnte, war er unverletzt. Bis jetzt hatte auch ich Glück gehabt. Sicher war schon eine Kugel auf dem Weg in meinen Rücken. Ich wartete auf den Einschlag, doch alles, was ich spürte, war General, der wie besessen dahinjagte. Als McSween und ich uns die Stelle für den Hinterhalt
ausgesucht hatten, war ich der festen Überzeugung gewesen, dass die Mündung des schmalen Felspasses nicht mehr als einen Steinwurf entfernt war.
Aber jetzt, wo uns der schießwütige Mob auf den Fersen war, schien es eher eine Meile zu sein.
Ich wünschte, ich hätte es weniger eilig gehabt, den Köder zu spielen.
Jedoch hatte sich keiner der anderen dafür freiwillig gemeldet, und ich war der Meinung gewesen, dass McSween es nicht allein erledigen sollte.
Selbst wenn die verrückte Idee von ihm gekommen war.
Endlich galoppierten wir an der Passmündung vorbei. Der Beschuss ließ etwas nach, also hob ich den Kopf und warf einen Blick in die Runde. Von den Jungs dort oben auf der Canyonhöhe war keine Spur zu entdecken. Was, wenn sie sich aus dem Staub gemacht hatten? Der Gedanke versetzte mir einen Schock. Aber dann verwarf ich ihn sogleich wieder; zu der Sorte gehörten sie nicht.
Ich riskierte einen Blick nach hinten. Dort kam die Posse heran, immer zwei Reiter nebeneinander jagten sie durch den schmalen Pass, und nur die ersten beiden Männer schossen aus allen Rohren. Der Rest hatte das Feuer eingestellt, damit sie nicht die eigenen Leute trafen.
McSween und ich ritten so schnell, wie uns unsere Pferde trugen.
Die Jungs warteten.
Falls sie da waren.
Plötzlich blühten Rauchwölkchen auf den Canyonwänden auf, als vier Gewehre krachten und vier Männer aus den Sätteln stürzten.
McSween riss sein Pferd nach links. Mit dem Gewehr in der Hand sprang er ab und warf sich hinter ein paar halbhohe Felsen. Ich zügelte General, riss meine Winchester aus dem Schaft und glitt aus dem Sattel, um mich ihm anzuschließen.
Er eilte bereits den steilen Abhang hinauf. Ich folgte ihm über das lose Geröll und hoffte die ganze Zeit, dass alles vorbei sein würde, bevor wir unsere Stellung erreichten.
Es war ein schreckliches Schauspiel. Schüsse dröhnten durch den Canyon. Pferde wieherten. Männer schrien auf.
Sie wollen uns töten, hielt ich mir immer wieder vor Augen.
Viel zu schnell fand McSween einen geeigneten, nicht ganz mannshohen Felsen. Er war breit genug für uns beide. Wir drückten uns eng an den Stein und legten an.
Unten herrschte das nackte Chaos. Tote Verfolger, tote Pferde. Ein paar Männer ritten in panischer Flucht auf die Passöffnung zu. Andere knieten sich einfach nur hin und schossen zurück; ein oder zwei Mann versuchten, die Canyonwände hinaufzuklettern, während wiederum andere in den Sätteln blieben und um sich schossen, während ihre Pferde wild bockend im Kreis rannten.
McSweens Schuss ließ mich fast taub werden. Einer der Männer auf einem im Kreis laufenden Pferd kippte zur Seite.
Ich hebelte eine Patrone in den Lauf und zielte auf einen Burschen, der neben einem Toten kauerte. Er hatte seinen Hut verloren und war ganz kahl. Mit gesenktem Kopf lud er seinen Revolver nach.
Ich ließ mir Zeit mit dem Zielen. So musste ich mir das Massaker nicht ansehen. McSween dagegen gab einen Schuss nach dem anderen ab.
So wie ich die Sache sah, war mein Mann nur ein gesetzestreuer Bürger, der seine Pflicht tat. Vielleicht war er ein Ladenbesitzer oder dergleichen. Vielleicht hatte er Frau und Kinder. Erschoss ich ihn, war ich nicht besser als ein Mörder. Andererseits wollte ich auch nicht, dass McSween glaubte, ich würde mich drücken.
Also rückte ich den Gewehrlauf zurecht, zielte auf die Waffe des Kahlkopfes und zog den Abzug durch. Und verfehlte. Die Kugel riss eine Schramme in das Hemd des neben ihm liegenden Toten.
Der Mann war fertig mit Nachladen. Er sah zu McSween und mir hoch, hob den Revolver, und McSweens Kugel traf ihn mitten in die Stirn.
Ich verspürte nur wenig Mitleid mit ihm, war aber froh, dass nicht ich ihn umgebracht hatte.
Da er nun tot war, musste ich mir ein anderes Ziel suchen.
Der einzige Verfolger, der sich dort unten noch bewegte, hatte eine Beinwunde und hinkte auf ein scheuendes Pferd zu. In dem Augenblick, in dem er es erreichte, stürzte er schwer zu Boden. Aber es gelang ihm, einen der Steigbügel zu packen. Das Pferd, ein großer weißer Hengst, raste auf die Passmündung zu und zog ihn mit. Ich hebelte eine Patrone in den Lauf und
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