Der Riss im Raum
Auswirkungen einer Mitochondritis, aber…« Sie blickte Meg fragend an, und ihre dürre Vogelstimme versagte.
Auch Vater schien verwirrt. »Was ist geschehen? Wo bist du gewesen? Charles Wallace phantasierte von Mitochondrien und Farandolae und von… – es klang wie: Echthroi…«
»Und er sprach von dir«, sagte Mutter.
Ohne zu zögern erklärte Meg: »Wir waren in Charles Wallace. In einer seiner Mitochondrien.«
»Ja, das hat er behauptet.« So wie sonst immer Meg rückte Herr Murry seine Brille zurecht. »Und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln.«
Frau Murry sagte: »Als wir schon glaubten, alles sei – vorbei, rief Charles Wallace plötzlich: ›Die Echthroi sind fort!‹ Und schlagartig begann er wieder frei zu atmen.«
»Ich möchte bloß eines klarstellen«, sagte Dennys. »Wenn Charles Wallace wieder zur Schule geht, darf er um Gottes willen kein Wort von dem verlauten lassen, was er in seinem Delirium von sich gegeben hat.«
»Ich verstehe das einfach nicht.« Sandy schüttelte den Kopf. »Und was ich nicht verstehe, gefällt mir nicht.«
Dennys funkelte Meg böse an. »Du kannst von Glück reden, daß Mutter und Vater sich pausenlos um Charles Wallace kümmern mußten. Sonst wäre es dir schlecht ergangen, weil du so spät aus der Schule gekommen bist.«
»Wo warst du überhaupt?« wollte Sandy wissen.
»Du glaubst doch nicht ernsthaft, daß wir dir deine Märchen abnehmen? Du – und in Charles Wallace … «
»Kannst du denn nicht zur Abwechslung einmal vernünftig sein?«
»Schließlich haben wir uns auch um dich Sorgen gemacht.«
»Und dann noch … «
Dennys warf Meg einen bezeichnenden Blick zu und schielte über die Schulter zu Herrn Jenkins.
»Margaret spricht durchaus die Wahrheit«, sagte der. »Ich kann es bezeugen, denn ich war dabei.«
Das verschlug den Zwillingen die Rede.
Schließlich zuckte Dennys mit den Schultern und meinte: »Nun ja. Vielleicht erfahren wir eines Tages sogar, was tatsächlich geschehen ist.«
»Ich gehe davon aus, daß nunmehr, da Charles Wallace wieder bei körperlichen Kräften ist … «
»Zum Glück, Herr Jenkins. Sie meinen wohl: »Ende gut, alles gut!« – was?« knurrte Sandy.
»Und wie immer stehen nur wir zwei als die Dummen da«, assistierte Dennys.
Sie wandten sich an Dr. Louise: »Charles ist wirklich wieder gesund?«
Dr. Louise nickte. »Ein Tag noch, vielleicht zwei, und er ist ganz der alte.«
Meg wiegte den Kopf. »Und wie soll es mit ihm in der Schule weitergehen?« fragte sie Herrn Jenkins. »Fängt jetzt sein Martyrium von vorne an?«
»Das wollte ich nun doch nicht annehmen.« Herr Jenkins gab sich noch säuerlicher als sonst.
»Was werden Sie denn dagegen unternehmen? Können Sie zaubern?«
»Hm. Das natürlich nicht. Ich kann niemandem befehlen, Charles Wallace unbehelligt zu lassen. Damit wäre es nicht getan. Er muß selbst lernen, sich anzupassen und einzugliedern. Aber ich sehe der Entwicklung mit wesentlich geringerer Sorge entgegen als bisher. Nach unserer – hm, nach unseren jüngsten Erfahrungen wird es mir hinkünftig leichter fallen, Morgen für Morgen dieses alte Schulhaus zu betreten. Ich würde meinen, daß es durchaus eine interessante Aufgabe sein kann, die Reputation einer vernachlässigten Dorfschule wiederherzustellen. Mehr noch: Ich betrachte dies sogar als Herausforderung.«
Die Zwillinge feixten. »Hat denn keiner Hunger?« fragte Sandy, um seine Ratlosigkeit zu verbergen.
»Wir waren so in Sorge um Charles, daß wir seit einer Ewigkeit nichts gegessen haben … «
»Ich hätte Appetit auf ein Hähnchen«, sagte Charles Wallace.
Frau Murry nickte ihm liebevoll zu. Ihr Gesicht hatte den gespannten Ausdruck verloren. »Ich fürchte, das ist etwas zuviel verlangt. Aber ich könnte ein paar Steaks auftauen … «
»Darf ich zu euch in die Küche kommen, wenn das Essen fertig ist?« bat Charles Wallace.
Dr. Louise musterte ihn prüfend. »Ich wüßte nicht, was dagegen sprechen sollte«, sagte sie schließlich. »Meg und Calvin, ihr beide bleibt einstweilen bei ihm. Wir Erwachsenen verziehen uns in die Küche. Herr Jenkins, Sie dürfen aufdecken.«
Als sie zu dritt allein waren, wandte sich Charles Wallace an Calvin: »Du hast noch kein Wort gesagt.«
»Es gab ja auch nichts zu sagen.« Calvin setzte sich ans Fußende des Bettes. Er wirkte so todmüde – und glücklich – wie Dr. Louise. »Dafür haben wir jetzt allen Grund zu feiern.«
»Ohne Progo?« rief Meg.
»Ich habe Progo nicht
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