Der Riss
einer Starkstromleitung leben würde, die einem den Fernsehempfang versaute.
Diese Kontorsion war es, die Madeleine in den letzten fünf Jahrzehnten beschützt hatte. Hier war sie für die Darklinge unsichtbar, verborgen mit ihren Antiquitäten und Büchern und all den Überbleibseln aus den Zeiten, in denen die Midnighter in Bixby regierten, statt sich in dunklen Ecken herumzudrücken.
Dess betrachtete den Schrott, der sich in den Ecken des Zimmers stapelte. Ihr Verstand analysierte automatisch die Winkel der Tridekagramme aus rostigem Metall, all die Muster aus Dreizehnern und Neununddreißigern, die einst die wichtigsten Bürger der Stadt beschützt hatten. Unter dem Plunder waren ein paar ziemlich interessante Teile, auf denen altmodische Tridecalogisms eingraviert waren wie Accele-rograph und Paterfamilias. Sie musste es zugeben: Rex und Melissa waren nicht die Einzigen, die hier Zeug zum Spielen fanden.
Dennoch wurmte es Dess, dass diese beiden überhaupt an ihrer Entdeckung teilhatten. Vor allem, weil Dess, Jessica und Jonathan die schweißtreibende Aufgabe zukam, Madeleine zu beschützen. Die drei hatten Stunden damit zugebracht, die am wenigsten verrotteten Darklingverteidigungen auf einem Haufen zu sammeln. Dann hatte Dess dafür gesorgt, dass jedes einzelne Teil einen brandneuen Namen mit dreizehn Buchstaben bekam, und sie alle ums Haus herum verteilt, um eine letzte Verteidigungslinie zu bauen, falls die Darklinge Madeleines Versteck jemals entdecken sollten.
Und was hatten sie zum Dank dafür bekommen? Meistens wurden sie angeschnauzt, weil sie so viel Krach machten.
„So, jetzt haben wir alle einen Tee“, verkündete Madeleine.
„Vielleicht sollten wir diesen kleinen Vorfall von heute Morgen erörtern.“
„Wird auch Zeit“, murmelte Dess. Ihre Finger fuhren an den tiefen Kratzern auf der Tischplatte entlang. Er war vollständig mit großen, schweren Tridekagrammen aus Eisen überladen gewesen, bis sie das Zimmer aufgeräumt hatten, um es bewohnbar zu machen.
Madeleine hob eine Augenbraue. „Nun denn, Desdemona.
Du fühlst dich etwas gereizt an, vielleicht möchtest du anfangen?“
„Ich? Was weiß ich denn schon davon? Irgendwie hatten wir gehofft, Sie könnten uns was darüber sagen.“
„Du kannst aber doch sicher ein paar Zahlen beitragen?“
Dess seufzte. „Also, wir haben Rex’ schicke Uhr überprüft, nachdem die Finsternis vorbei war. Er stellt sie jeden Morgen nach der Zeit auf dem GPS-Empfänger, die immer hundertprozentig stimmt.“ Sie tastete nach dem vertrauten Gegenstand in ihrer Tasche. „Wie sich herausstellt, ist sie einundzwanzig Minuten und sechsunddreißig Sekunden weitergelaufen – genau so lange war der dunkle Mond am Himmel. Das sind neun mal einhundertvierundvierzig Sekunden, was eine ziemlich darklingfreundliche Zahl ist. Muss etwas zu bedeuten haben.“
„Du weißt aber nicht, was?“, fragte Madeleine.
„Noch nicht.“ Dess nippte an ihrem Tee. Vielleicht würde ihr der bittere Geschmack helfen, ihren Verstand auf das Problem einzustellen.
„In der Lehre wird nichts Vergleichbares erwähnt“, warf Rex ein. „Soweit ich sie gelesen habe. Haben Sie vielleicht alte Erinnerungen, die von Nutzen sein könnten?“
Madeleine nahm sich viel Zeit für ihre Antwort, als ob sie Jahrhunderte von Gedankenechos in ihrem Kopf filtern müsste. Stimmen im Kopf … Das hörte sich nicht unbedingt gesund an. Vielleicht war Madeleine unter dem Gewicht all dieser aufgehäuften Erinnerungen immer verrückter geworden, während sie sich allein in diesem Haus versteckt gehalten hatte.
Vielleicht gaben Gedankenleser vorrangig weiter, mit welchem Trick man so tat, als ob man normal wäre, während sie alle miteinander, Madeleine und Melissa eingeschlossen, eigentlich so durchgeknallt waren wie Fledermauskacke.
Dess lächelte vor sich hin. Vielleicht könnte Madeleine einen neuen geistigen Spitznamen gebrauchen.
„Nein, Rex“, sagte Maddy schließlich. „Wie in der Lehre offenbaren unsere Erinnerungen auch keinen Hinweis auf diese Ereignisse. Ich bin sicher, dass all dies ziemlich beispiellos ist.“
Dess musste insgeheim grinsen. Natürlich würde die Geschichte nichts bringen. Das hier war eine Aufgabe für Zahlen, Karten und GPS-Präzision.
„Genau das hatte ich befürchtet“, erklärte Rex niedergeschlagen.
„Befürchtet, Rex?“, spottete Madeleine. „Was bist du nur für ein Hasenfuß! Zu meiner Zeit redete man nicht von Furcht! Man redete von
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