Der Ritter von Rosecliff
er schuldete dem englischen Schurken nichts außer seiner scharfen Klinge und dem bitteren Geschmack der Rache.
Rand hatte es eilig, nach Hause zu kommen und als schönsten Willkommensgruß Josselyns leuchtende Augen zu sehen. Es war ein sehr langer und seltsamer Tag gewesen. Osborn und er hatten große Mühe gehabt, während der Finsternis zur Mittagszeit ihre Begleiter zu beruhigen. Zum Glück war die Sonne wieder aufgetaucht bevor eine richtige Panik ausbrechen konnte. Hinterher wurde über das merkwürdige Ereignis kaum gesprochen - aber Rand vermutete, dass viele im Stillen gebetet hatten.
Sie hatten ihre müden Pferde mehr als sonst angetrieben und waren jetzt bei Einbruch der Dunkelheit nur noch wenige Meilen von Rosecliffe entfernt. Von der nächsten Anhöhe aus würden sie schon die Zinnen und Türme der Festung sehen können, deren Wehranlagen er immer weiter ausbaute. Nachdem ein Krieg zwischen Matilda und Stephan auszubrechen drohte, konnten diese Arbeiten ihm gar nicht schnell genug gehen.
Rand dachte gerade darüber nach, wie die Stadtmauern verstärkt werden könnten, als der Vorreiter anhielt und sich in den Steigbügeln aufstellte. Sofort kam die ganze Kolonne zum Stehen, und Schwerter wurden gezückt. Der vertraute Wald wirkte plötzlich bedrohlich.
»Ein gesatteltes Pferd«, berichtete Osborn.
»Englisch oder walisisch?«, fragte Rand.
»Der Sattel ist walisisch, das Zaumzeug englisch. Und das Pferd stammt aus einer guten Zucht. Vermutlich ist es englischer Herkunft, aber das besagt nicht viel, denn es könnte ja gestohlen worden sein.«
»Und der Reiter?«
Osborn zuckte mit den Schultern. »Der ist nirgends zu sehen.«
Drei Soldaten durchsuchten das Unterholz. Ein Mann brachte das Pferd zu Rand, dessen Miene sich verdüstert hatte. Ein reiterloses Pferd in unmittelbarer Nähe von Rosecliffe ... Er hatte von Jasper zwei Botschaften erhalten: in der ersten stand, dass Isolde von Rhys ap Owain entführt worden war, in der zweiten, dass man sie aus den Händen der Rebellen befreit hatte. War es seitdem zu neuen Zwischenfällen gekommen?
»Vermutlich hängt das mit der seltsamen Finsternis von heute Mittag zusammen«, murmelte Osborn. »Vielleicht ist der Reiter in Panik geraten, und das Pferd hat ihn abgeworfen und ist durchgegangen.«
»Vielleicht.«
Eine Eule schrie, Rand schaute in die Höhe - und erspähte im Geäst einer, alten Eiche ein gestiefeltes Bein.
Er machte Osborn mit einer Geste auf seine Entdeckung aufmerksam, und gleich darauf wurde der Baum lautlos von Männern umzingelt. Drei Bogenschützen zielten auf den kaum sichtbaren Körper des Unbekannten. Dann kletterte ein besonders geschickter junger Soldat den Baum hinauf.
Rand vermutete, dass der Mann dort oben entweder schlief oder aber tot war. Um keinerlei Risiko einzugehen, gab er dem Soldaten durch Zeichen zu verstehen, dass er kräftig an dem Bein ziehen solle. Der Befehl wurde ausgeführt und der Kerl fiel von der Astgabel herunter. Ein kurzer Schrei bewies, dass er am Leben war. Es gelang ihm dann sogar, sich an einen dünnen Ast zu klammern, doch dort hing er dann hilflos, für alle gut sichtbar. Einer von Rands Männern zündete eine Fackel an und hielt sie in die Höhe. Rand stellte fest dass der Bursche groß, jung und offenbar betrunken war. Ein Waliser, seiner Kleidung nach zu schließen. Jeder vernünftige Mensch hätte in dieser heiklen Lage Angst gehabt aber die Augen dieses Burschen sprühten nur vor Zorn und Hass.
Rand ritt dicht an ihn heran. »Sieh mal einer an ... Wir waren nicht einmal auf der Jagd und haben doch eine prächtige Beute gemacht. Wer bist du?«
Der Kerl warf ihm einen verächtlichen Blick zu. »Ich hin ein legitimer Sohn dieser Hügel, was mehr ist als man von Euch sagen kann«, fauchte er auf Walisisch.
Einer von Rands Männern übersetzte die Worte für jene, die kein Walisisch verstanden, und ein grimmiges Murren wurde laut verstummte jedoch sofort wieder, als Rand eine gebieterische Geste machte. Ein bartloser Jüngling, der furchtlos war und Englisch verstand ... Rand wusste sofort wen er vor sich hatte.
»Rhys ap Owain«, schmunzelte er. »Du bist gewachsen, Junge, aber wie ich sehe, kletterst du immer noch gern auf Bäume!«
Rhys landete mit einem gewandten Sprung auf dem Boden. »Und ich hasse immer noch alle Engländer!«, rief er, zückte sein Schwert und seinen Dolch und blickte trotzig in die Runde. »Ihr werdet mich umbringen müssen, denn freiwillig ergebe ich mich
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