Der Ritter von Rosecliff
langweilig«, klagte Rhonwen.
Sie wurden durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Die Zote Enid schob ihren Kopf ins Zimmer. »Verzeihung, Mylady, aber soeben ist ein Kurier von Lord Rand eingetroffen.«
Josselyn legte sofort ihre Stickerei weg. »Lass Jasper holen, und dann geh in die Küche und bring Wein und etwas zu essen für den Mann in die Halle. Ich werde mit ihm reden.«
Die Zofe verschwand, aber Josselyn blieb noch einen Augenblick sitzen. Rhonwen wunderte sich über ihm Ruhe, bis sie sah, dass ihre Freundin lautlos die Lippen bewegte. Betete sie?
Natürlich betete Josselyn um die sichere Rückkehr ihres Mannes, begriff Rhonwen - so wie sie selbst betete, dass Rhys nichts zustoßen möge. Doch dieser Vergleich hinkte, denn Josselyn liebte ihren Mann von ganzem Herzen und von ganzer Seele, während Rhys für Rhonwen nur ein sehr guter Freund war. Sie wünschte, dass sie ihn so lieben könnte, wie eine Frau einen Mann lieben sollte - doch diese Liebe war für einen anderen reserviert.
Nicht für Jasper, redete sie sich schnell ein. Den Mann, den sie wirklich lieben würde, musste sie erst noch finden. Oder würde sie ihn nie finden?
Aber jetzt war nicht der geeignete Zeitpunkt, um sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Ein Kurier von Randulf Fitz Hugh war gekommen, und Josselyn betete ... Warum hatte sie Angst um ihren Gemahl, obwohl er sich in der Gesellschaft seiner eigenen Landsleute befand? Diese Frage war viel interessanter als die blödsinnige Stickerei!
Sie stand daher auf und legte eine Hand auf die Schulter ihrer Freundin - ihrer ehemaligen Freundin, rief sie sich ins Gedächtnis. »Alles in Ordnung?«, fragte sie.
Josselyn zuckte zusammen, fasste sich aber sofort. »Ja, natürlich ... Warum fragst du?«
Rhonwen zuckte mit den Schultern. »Du sahst besorgt aus.«
Unerwartet griff Josselyn nach ihrer Hand und schaute zu ihr auf. »Ich vermisse Rand schrecklich, wenn er nicht hier ist, und ich mache mir immer Sorgen um ihn. Richtig entspannt bin ich nur, wenn ich ihn in der Nähe weiß.« Sie lächelte mit leuchtenden Augen. »Ich liebe ihn eben ... Er ist der Mittelpunkt meines Lebens.« Sie stand auf und legte eine Hand auf ihren Bauch. »Und ich kann es kaum erwarten, ihm eine wichtige Neuigkeit zu erzählen.«
Sie verließ den Raum, und Rhonwen blickte ihr nachdenklich nach. Wie mochte es sein, einen Menschen so intensiv zu lieben und von ihm genauso geliebt zu werden? Alle wussten, dass der Engländer Fitz Hugh seine walisische Frau vergötterte. Nicht zuletzt deshalb waren die Menschen in der Umgebung von Rosecliffe Castle viel weniger als andere Waliser gewillt gegen den Burgherrn aus der Fremde zu kämpfen. Rhys ärgerte sich oft darüber und nannte es Feigheit aber Rhonwen fragte sich, ob die Liebe zwischen Rand und Josselyn vielleicht ein weicheres Licht auf diesen kleinen Teil ihres Landes warf.
Leise Schritte auf dem Steinboden rissen sie aus ihren Gedanken. Natürlich Isolde! Wann immer ihre Mutter nicht in der Nähe war, versuchte sie Rhonwen zu beleidigen. Trotzdem streckte sie dem Mädchen jetzt lächelnd ihre Stickerei entgegen.
»Kannst du mir vielleicht einen Rat geben, was ich anders machen muss? Wie du siehst komme ich nicht damit zurecht und dir fällt diese Arbeit so leicht.«
Doch Isolde ließ sich von diesem Kompliment nicht beeindrucken. »Du wirst es niemals lernen! Aus dir wird nie eine vornehme Dame werden. Nie!«
»Warum nicht? Weil ich eine Waliserin bin? Auch deine Mutter ist Waliserin, und du bist eine halbe Waliserin, oder hast du das vergessen?« Rhonwen betrachtete das trotzige Mädchen. »Weißt du, Isolde, ich kannte deine Mutter, lange bevor sie deinen Vater kennen lernte und eine vornehme Dame wurde. Du selbst warst ein walisisches Baby, das in einem einfachen walisischen Haus geboren wurde.«
»Du lügst!«
»Nein, ich lüge nicht. Als du klein warst ... « Rhonwen verstummte. Wahrscheinlich wusste Isolde nicht, dass Josselyn vor ihrer Geburt einen viel älteren Mann geheiratet hatte, der bereit gewesen war, Rands Kind als sein eigenes auszugeben. Rhonwen war versucht dem arroganten Mädchen die ganze Wahrheit zu erzählen. Dass, Rand zunächst nicht glauben wollte, dass Isolde seine Tochter war. Dass sie und ihre Mutter in höchster Lebensgefahr geschwebt hatten, weil Owain Josselyn um jeden Preis haben wollte.
Ja, dachte Rhonwen, Owain war ein gefährlicher Irrer gewesen und vielleicht hatte Rhys etwas von diesem Wahnsinn von seinem Vater
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