schaute ihre beiden älteren Kinder an. »Lamonthe hat angeboten, Gavin bei sich aufzunehmen, aber das hat Rand natürlich abgelehnt. Er hofft, eine Abmachung mit Lord Edgar treffen zu können, und er will mit ihm auch über Isoldes Verlobung sprechen.«
»Ich will aber keine Verlobung!«, rief Isolde und schmiegte sich noch enger an ihren Onkel.
»Rand wird sie keinem der Söhne von Lord Edgar zur Frau geben wollen, wenn Gavin dort in Pflege kommt«, argumentierte Jasper. »Er will mit Hilfe seiner Kinder möglichst viele Verbündete finden.«
»Aber ich will überhaupt mit niemandem verlobt werden!«, schrie Isolde wieder.
»Mach dir keine Sorgen, Liebling«, beruhigte Josselyn ihre Tochter. »Ich werde versuchen, diese Angelegenheit noch eine Weile hinauszuschieben.«
»Es ist ja nur eine Verlobung«, sagte Jasper. »Ein Vertrag, weiter nichts. Es dauert noch Jahre, bis sie in heiratsfähigem Alter sein wird.«
»Ich bin kein Kind mehr! «, kreischte Isolde.
»Hier ist Wales«, mischte Rhonwen sich unaufgefordert ein. »Keine Frau kann gezwungen werden, gegen ihren Willen zu heiraten - nicht einmal vom eigenen Vater! «
Isolde warf ihr einen verblüfften und etwas misstrauischen Blick zu. »Mama, stimmt das?«
»Ich bin mit unseren walisischen Gebräuchen bestens vertraut.« Josselyn sah Rhonwen strafend an. »Aber ich muss auch auf die Sitten im Heimatland meines Mannes Rücksicht nehmen.«
»Du würdest mich also mit jemandem verheiraten, den ich hasse?« Isoldes Kinn zitterte verdächtig. »Dann laufe ich weg! «
Josselyn packte ihre aufsässige Tochter bei den Armen. »Hör mir gut zu, Kind. Dein Vater kann gegen deinen und meinen Willen einen Verlobungsvertrag unterschreiben, aber du wirst niemals einen Mann heiraten müssen, den du nicht haben willst. Niemals!«
Jasper fuhr Rhonwen wütend an. »Du solltest dich nicht in Dinge einmischen, die dich nichts angehen.«
Sie stemmte ihre Fäuste in die Hüften. »Wir Frauen müssen zusammenhalten. «
»Gilt das sogar für Engländerinnen?«, fragte er höhnisch.
»Isolde ist eine halbe Waliserin. Außerdem haben wir Frauen unter den Launen der hiesigen Männer wesentlich länger gelitten als unter der Herrschaft der Engländer.«
»Du bist hier in der Minderheit, Jasper«, lächelte Josselyn. »Vielleicht solltest du lieber warten, bis Rand zurück ist und deine Position unterstützen kann.«
Er legte einen Arm um Gavins Schultern. »Bald wird es in dieser Familie einen weiteren Mann geben.«
»Der auch ein halber Waliser ist«, warf Rhonwen mit Unschuldsmiene ein.
Josselyn hob gebieterisch die Hand. »Es ist sinnlos, hier und jetzt weiter zu debattieren. Nach Rands Rückkehr werde ich alles mit ihm besprechen.« Sie wandte sich an ihre Tochter. »Hast du verstanden - du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Isolde nickte, schaute dabei aber Rhonwen an, und zum ersten Mal stand in ihren großen Augen keine Feindseligkeit geschrieben. Rhonwen lächelte ihr beruhigend zu - und das Mädchen lächelte zurück, zwar noch etwas zögernd, aber es war ein Anfang ...
»So, Kinder, ihr lasst mich jetzt mit eurem Onkel allein. Wir haben wichtige Dinge zu besprechen.« An Rhonwen gewandt fügte sie hinzu: »Und du solltest dich wieder deiner Stickerei widmen.«
»Es ist sinnlos. Ich werde das nie lernen.«
»Dann solltest du vielleicht üben, wie man sich auf einer Treppe bewegt«, murmelte Jasper gehässig.
Rhonwen entfernte sich, wütend und verletzt. Dieser arrogante Kerl! Er war noch viel schlimmer als alle anderen Männer. Grob, egoistisch und gemein.
Im leeren Söller betrachtete sie niedergeschlagen ihre verpfuschte Nadelarbeit. Es stimmte ja - sie konnte nicht sticken, sie stolperte über lange Röcke, hatte keine guten Manieren, fluchte bei jeder Gelegenheit und war ungebildet. Kein Wunder, dass Jasper sie verachtete und verspottete. Er mochte sie noch begehren, aber das genügte ihr nicht. Sie wollte viel mehr ...
Mit dem Handrücken wischte sie sich einige Tränen aus den Augen. Konnte es ihr nicht ganz egal sein, was er von ihr hielt? Sie machte sich nichts aus ihm. Gar nichts! Doch ihr war klar, dass sie sich selbst etwas vormachte. Sie wollte, dass Jasper sie bewunderte - und er hatte sie in ihrem schönen malvenfarbenen Kleid bewundert bevor sie gestolpert war. Wie konnte man aber auch nur so ungeschickt wie sie sein?
Mit ihrer Handarbeit
Weitere Kostenlose Bücher