Der Ritter von Rosecliff
stieß einen schweren Seufzer aus. »Trotzdem hoffe ich, dass er irgendwann doch noch zur Einsicht kommt dass er begreift, welche Vorteile es hat wenn Waliser und Engländer friedlich miteinander leben. Gemeinsam sind wir stärker als allein - das gilt für Rand und mich ebenso wie für Carreg Du, wo es den Menschen jetzt viel besser als früher geht.«
»Das ist für den Hitzkopf unwichtig. «
»Aber Rhonwen ist für ihn sehr wichtig.«
Jasper versteifte sich unwillkürlich. »Dessen bin ich mir bewusst und ich werde dieses Wissen einsetzen, um den Burschen zu besiegen.«
»Willst du Rhonwen unbedingt beweisen, dass du der tüchtigere Mann bist?«
»Sie hat damit überhaupt nichts zu tun«, murmelte er verlegen.
»Wirklich nicht? Ich glaube, sie hat sehr viel damit zu tun, und das schon seit jenem Tag vor zehn Jahren, als sie dir das Leben rettete.«
»Das hat sie nur getan, um dich zu retten. Hast du vergessen, dass sie mich neulich umbringen wollte und an Isoldes Entführung beteiligt war?«
»Ich vergesse nichts - weder die Tapferkeit eines kleinen Mädchens noch den Mut eines kleinen Jungen namens Rhys.«
»Sie sind aber keine Kinder mehr und spielen ein sehr gefährliches Spiel. Du übrigens auch, liebe Schwägerin.«
»Ich? Was meinst du damit?«, fragte sie mit Unschuldsmiene.
»Warum willst du Rhonwen in eine englische Dame verwandeln?«
Josselyn hielt seinem misstrauischen Blick gelassen stand. »Damit sie einen positiven Einfluss auf Rhys ausüben kann, wenn sie zu ihm zurückkehrt.«
»Sie wird nie zu ihm zurückkehren!«, rief Jasper wütend.
»Willst du sie für dich selbst reservieren?«
»Ich werde sie laufen lassen, sobald ich Rhys habe. Es ist pure Einbildung von dir, dass ich irgendwelche Hintergedanken hege. «
»Also gut.« Josselyn winkte lässig ab. »Tu, was du willst. Aber pass auf, lieber Schwager, dass du dich nicht in deiner eigenen Falle verfängst.«
Jasper blickte ihr nach, als sie die Halle verließ. Er hatte das ungute Gefühl, dass ihre Warnung berechtigt war. Seine wilde und schöne Geisel zog ihn mächtig in ihren Bann. Als sie vorhin in dem eleganten Kleid die Treppe hinabgeschritten war wie eine Königin, hatte es ihm den Atem verschlagen. Wenn sie nicht gestolpert wäre ...
Schon bald würde ihr ein solches Missgeschick nicht mehr passieren, denn sie lernt erstaunlich schnell. Eine englische Dame musste immer kühl und distanziert wirken, und auch diese Kunst würde die wilde Waldnymphe zweifellos bald beherrschen. Doch ihn konnte sie damit nicht mehr täuschen denn er wusste ja schon, welche Leidenschaften in ihr schlummerten. Und je reservierter sie sich gab, desto mehr würde es ihn reizen, diese Fassade zu durchbrechen und ihre Glut neu zu entfachen.
Gnade ihm Gott, wenn sie jemals herausfand, wie es um ihn stand!
Kapitel 13
Rhys ap Owain zügelte sein Pferd in der Mitte einer abschüssigen Wiese, auf halbem Weg zwischen Afon Bryn und dem Fluss Geffen. Seine Gefährten hatten sich am nördlichen Rand des Feldes postiert, wo das harte Gras an Wälder grenzte. Ihnen gegenüber, auf der Südseite der Wiese, traten englische Soldaten zwischen den dunklen Bäumen hervor und standen stramm.
Jetzt war es so weit dachte Rhys. Wenn Lamonthe mit Hilfe eines Tricks die dünnen Reihen walisischer Rebellen aus ihrem Versteck locken und abschlachten wollte, würde er bald das Signal zum Angriff geben. Rhys packte die Lederzügel fester, und sein Pferd warf nervös den Kopf zurück und schnaubte. Er neigte sonst nicht zur Panik, doch jetzt stieg heiße Angst vom Magen zur Kehle empor, und er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht in die Sicherheit der wilden Wälder zurück zu galoppieren.
Er war noch viel zu jung, um zu sterben. Es gab für ihn noch so viel zu tun. Unter anderem musste er Rhonwen befreien.
Ein Reiter brach jetzt durch das Gebüsch, und Rhys kniff die Augen zusammen, um ihn besser erkennen zu können, wurde jedoch von der Sonne geblendet. Das hatte Lamonthe bestimmt sorgfältig geplant. Gewiss, es war nur ein winziger Nachteil für die Waliser, aber es sagte einiges über die List dieses Mannes aus. Andererseits ritt er in leichtem Handgalopp und hielt etwa fünf Schritt von Rhys entfernt an, dessen Panik inzwischen von gesundem Misstrauen abgelöst worden war. Vielleicht war es doch kein Trick ... Aber was konnte der englische Lord von ihm wollen? Rhys hatte seine Ländereien nie unsicher gemacht - sie waren viel zu weit entfernt.
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